Fast die Hälfte der Menschen in Großbritannien hegt laut einer Umfrage antisemitische Ansichten. Das ergab laut britischer Wochenzeitung »Jewish Chronicle« eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov und des King’s College in London, die von Campaign Against Antisemitism in Auftrag gegeben wurde.
KLISCHEES Demnach stimmten 45 Prozent der Befragten einer von zwölf vorgegebenen Aussagen zu, die antisemitische Klischees enthielten – unter anderem die Vorstellung, dass Juden die Medien kontrollieren, »hinter Geld her« seien oder »über den Holocaust sprechen, nur um ihre politische Agenda voranzutreiben«.
Zwölf Prozent der Befragten stimmten sogar vier oder mehr dieser Aussagen zu. 11 Prozent der Befragten gaben an, dass sie glaubten, Juden besäßen »zuviel Macht« in den Medien. Auf die Frage, ob sie glaubten, dass »Israel mit allem durchkommt, weil seine Unterstützer die Medien kontrollieren«, stimmten 16 Prozent der Befragten zu.
Mehr als die Hälfte der Befragten stimmten allerdings keiner einzigen der zwölf Sätze zu. Das »Antisemitismus-Barometer« wird jährlich durchgeführt. Demnach ist der Anteil britischer Erwachsener, die antisemitische Ansichten vertreten, im Laufe der Jahre gesunken - ein Trend, der sich auch in der jüngsten Umfrage fortsetzte.
MISSTRAUEN Laut einer parallel durchgeführten Umfrage sind nur 20 Prozent der britischen Juden der Meinung, dass die Behörden genug tun, um Antisemitismus zu bekämpfen und zu bestrafen - 78 Prozent sind der Meinung, dass die Politiker nicht genug tun, um die jüdische Gemeinde Großbritanniens zu schützen.
Auf einem Rekordhoch ist der Anteil jener Juden in Großbritannien, die sich weigern, sichtbare Zeichen ihrer jüdischen Identität in der Öffentlichkeit zu zeigen aus Angst vor möglichen Angriffen. Auch das Vertrauen der britischen Juden in das Justizsystem ist gering: Eine Mehrheit glaubt, dass Gerichte und Staatsanwaltschaften nicht genug tun, um Juden zu schützen. Nur die Polizei erhielt in der Befragung mehr Lob als Kritik. mth