Belgien

Streit im Holocaust-Museum eskaliert

Blick in die Ausstellung des Museums Foto: dpa

Mehrere Universitätsprofessoren sind aus Protest als Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats der Holocaust-Gedenkstätte »Kazerne Dossin« in Mecheln zurückgetreten. In einer gemeinsamen Pressemitteilung erklärten acht der 18 Mitglieder des Gremiums, es sei ihnen nicht möglich, »in den bestehenden Strukturen« wissenschaftlich fundierte Arbeit zu betreiben. Ein weiteres Mitglied trat am Dienstag zurück.

Unter den Zurückgetretenen sind auch der Historiker Bruno De Wever von der Universität Gent, ein Bruder des Antwerpener Bürgermeisters Bart De Wever, und der Rektor der Universität Antwerpen, Herman Van Goethem, der die Gedenkstätte mitbegründet hatte.

DEPORTATION Das Museum in der ehemaligen Militärkaserne, auf halbem Weg zwischen Brüssel und Antwerpen gelegen, besteht seit 2012. Es wird von der flämischen Regionalregierung und der Stadt Mecheln finanziert. Seit Anfang des Jahres gibt es dort auch ein Mahnmal für die mehr als 25.000 Juden und 354 Sinti und Roma, die von dort aus während der deutschen Besatzung Belgiens in die Nazi-Todeslager deportiert wurden. Nur rund 1400 von ihnen überlebten.

Anlass des Rücktritts der Wissenschaftler sind Meinungsverschiedenheiten über die Ausrichtung der Arbeit der Institution.

Anlass des Rücktritts der Wissenschaftler sind Meinungsverschiedenheiten über die Ausrichtung der Arbeit der Institution. Insbesondere geht es um die Frage, inwiefern auch aktuelle politische Themen im Museum behandelt werden sollen. Bereits im November war der hauptamtliche Generaldirektor der Institution, Christophe Busch, vom dreiköpfigen Vorstand der Institution entlassen worden.

Im Dezember hatte der Vorstand dann kurzfristig und ohne Begründung eine Veranstaltung der katholischen Organisation »Pax Christi« in der Kaserne abgesagt, bei der die Israelkritikerin Brigitte Herremans als »Botschafterin für den Frieden« geehrt werden sollte. Die geplante Preisverleihung hatte zuvor zu Protesten jüdischer Organisationen geführt.

PREISVERLEIHUNG Herremans hatte sich 2016 für Sanktionen gegen Israel ausgesprochen und gesagt, die Freunde Israels bliesen das Problem des Antisemitismus gezielt auf, um von dem Vorgehen Israels in den besetzten Gebieten abzulenken. Ihr war daraufhin von der Regierung in Jerusalem die Einreise untersagt worden.

Sowohl Heeremans als auch Pax Christi seien »voreingenommen gegenüber einem Teil der jüdischen Gemeinschaft«, sagte im Dezember das Antwerpener Forum der jüdischen Organisation (FJO).

Diese Auffassung teilten die jetzt zurückgetretenen Beiratsmitglieder zwar. »Für uns ist klar, dass Kazerne Dossin als Ort der Erinnerung nicht ein Ort sein kann, an dem die aktuelle Politik des Staates Israel thematisiert wird«, erklärten sie in der Pressemitteilung. »Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, dass wir an dieser Stelle die 25.000 jüdischen Opfer instrumentalisieren für einen politischen Konflikt, mit dem sie nichts zu tun haben.« Dennoch sei die plötzliche Absage der Pax-Christi-Veranstaltung »unhöflich« und »unehrenhaft« gewesen, so die Wissenschaftler.

»RESPEKT« Michael Freilich, jüdischer Abgeordneter aus Antwerpen im belgischen Abgeordnetenhaus, sieht das anders. Für ihn ist der Rücktritt der Wissenschaftlicher eine gute Gelegenheit, dass nun wieder Frieden einkehrt im Holocaust-Museum.

»Jeder möge seine Aktivitäten in der Kaserne organisieren, auch wenn die nicht unbedingt mit dem Holocaust in Zusammenhang stehen. Ich unterstütze das voll und ganz – aber bitte schön mit Respekt und Verständnis«, sagte er der Zeitung »Het Nieuwsblad«. Er warf den Zurückgetretenen vor, ihre Mitgliedschaft im Beirat nur als Plattform zur öffentlichen Profilierung benutzt und kaum wissenschaftliche Arbeit geleistet zu haben.

»Der Ort, von dem aus unter anderem mein Großvater und viele andere Juden deportiert wurden, sollte mehr respektiert werden. Die jüdische Gemeinde bittet deshalb darum, diese Empfindlichkeiten zu berücksichtigen. Immerhin handelt es sich ein Holocaust-Museum«, sagte Freilich.

Australien

»Ich wollte verhindern, dass unschuldige Menschen getötet werden«

Ahmed Al-Ahmed, der »Held von Sydney«, hat sich erstmals persönlich zu seinem mutigen Eingreifen während des Massakers an einer Chanukka-Feier am Strand geäußert

von Nicole Dreyfus  29.12.2025

Sydney

Großes Sicherheitsaufgebot nach dem Terror am Bondi Beach

Schwer bewaffnete Polizisten sollen das berühmte Feuerwerk zum Jahreswechsel schützen. Zuvor will die Stadt in einer Schweigeminute der Opfer des Anschlags gedenken

 28.12.2025

Australien

Brandanschlag auf Auto eines Rabbiners in Melbourne

Kurz nach dem Terroranschlag am Bondi Beach geht im Süden Australiens ein Fahrzeug mit »Happy Chanukah!«-Schriftzug in Flammen auf

 25.12.2025

Australien

Mann solidarisiert sich mit Sydney-Attentätern – Festnahme

Bei dem Verdächtigen wurden Einkaufslisten für den Bau einer Bombe und Munition gefunden. Es erging bereits Anklage

 24.12.2025

Meinung

Die Columbia und der Antisemitismus

Ein neuer Bericht offenbart: An der US-Eliteuniversität sind die Nahoststudien ideologisch einseitig und jüdische Studenten nicht sicher. Es ist ein Befund, der ratlos macht

von Sarah Thalia Pines  22.12.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebender Leon Weintraub wird 100 Jahre alt

Dem NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau entkam Leon Weintraub durch eine Augenblicks-Entscheidung. Heute warnt er als Zeitzeuge in Schulklassen vor Rechtsextremismus. Am 1. Januar feiert er seinen 100. Geburtstag

von Norbert Demuth  22.12.2025

Frankreich

Jüdische Kinder vergiftet, aber Antisemitismus spielt keine Rolle

Ein Kindermädchen, das ihre jüdischen Arbeitgeber vergiftet hatte, wurde nun in Nanterre verurteilt - allerdings spielte ihr Antisemitismus im Urteil keine Rolle. Das sorgt für Protest

 22.12.2025

Australien

Gedenken am Bondi Beach – Forderung nach Aufklärung

Kerzen, Schweigen, Applaus und Buh-Rufe: Am Strand in Sydney trauern Tausende um die Opfer des Anschlags. Was die jüdische Gemeinde und Australiens Politik jetzt fordern

 22.12.2025

Belgien

IS droht mit Anschlägen auf Synagogen und Kirchen

Die Hintergründe

 18.12.2025