Grossbritannien

Strategien gegen den Hass

Sitzung des Sonderausschusses im House of Commons Foto: Daniel Zylbersztajn

Eine Gruppe hochkarätiger nationaler und internationaler Experten, Politiker, Akademiker, Sicherheitspersonal und Polizeibeamte hat vergangene Woche in einem Sonderausschuss des Londoner Parlaments über Antisemitismus diskutiert. Grundlage der Gespräche war eine im November veröffentlichte Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) über »Erfahrungen europäischer Juden von Diskriminierung und Hasskriminalität«.

Studie Ioannis Dimitrakopoulos von der FRA-Gleichberechtigungs- und Bürgerrechtsstelle erklärte zunächst die Hintergründe und Hauptergebnisse dieser Studie. Die meisten der fast 6000 befragten europäischen Juden hatten darin unter anderem angegeben, dass der Antisemitismus in den vergangenen fünf Jahren gestiegen sei.

Dimitrakopoulos schilderte, dass die FRA durch ähnliche Studien bei anderen Gruppen, wie zum Beispiel unter Muslimen, Roma, Frauen und in der schwul-lesbischen Community, feststellen konnte, dass die Diskriminierung am Arbeitsplatz bei allen Gruppen etwa gleich hoch ist. Ebenso sei bei allen befragten Gruppen die Melderate diskriminierender Vorkommnisse erstaunlich niedrig. Eine Anzeige bewirke ohnehin nichts, so die verbreitete Meinung.

Massnahmen Dimitrakopoulos erklärte, dass aus den Ergebnissen all dieser Studien bereits politische Konsequenzen gezogen wurden: Beispielsweise nahm der Europäische Rat für Justiz und Inneres im Dezember die Folgerungen der vorhergehenden Konferenz zur Bekämpfung von Hasskriminalität an. Darin heißt es, dass in der EU das Bewusstsein für Hasskriminalität erhöht werden solle und besondere Maßnahmen dagegen einzuführen seien. Die Mitgliedstaaten sollten sich vor allem bemühen, »den Opfern von Hasskriminalität mit Respekt zu begegnen und angemessene Hilfe anzubieten«.

Im Gegensatz zu denen, die die Debatte eher akademisch verstanden, gab Mark Gardner von der jüdischen Sicherheitsgruppe CST an, dass die Studie helfe, die Bedürfnisse, Gefahren und Ängste jüdischer Menschen in Europa zu erkennen. Gardner wies außerdem darauf hin, »dass Kritik an Israels Politik von der Mehrheit der europäischen Juden nicht als antisemitisch betrachtet wird«. Wie die meisten Befragten der Studie angaben, sei die Kritik nur dann antisemitisch, wenn die israelische Politik mit der des Dritten Reichs verglichen werde, so Gardner.

Wirtschaftskrise Nonna Mayer vom Centre d’Études Européennes in Paris konnte durch eigene Studien bestätigen, dass Israel auch in Frankreich nicht das Hauptargument des dortigen Antisemitismus sei. Seit Beginn der Wirtschaftskrise habe in Frankreich die Intoleranz stark zugenommen – dies richte sich gegen »alle anderen«, also auch gegen Afrikaner, Muslime und vor allem gegen Roma, sagte sie.

Besondere markant nehme diese Intoleranz im rechten Milieu zu. Religion sei gerade bei Muslimen nicht der Anlass für Antisemitismus, sondern eher ein sich auf die alten europäischen Stereotype beziehender Neid auf die in Frankreich oft besser gestellte jüdische Minderheit.

Dimitrakopoulos kündigte an, dass sich der Europäische Rat Ende April weiter mit den Empfehlungen der Studie befassen wird.

Toronto

20 Mesuot aus Seniorenheim gestohlen

Die Polizei geht von einem Hassverbrechen aus

 09.12.2025

Frankreich

Aus Judenhass Gift ins Essen gemischt?

In Nanterre läuft der Prozess gegen eine 42-jährige Algerierin. Sie wird beschuldigt, während ihrer Tätigkeit als Kindermädchen bei einer jüdischen Familie Lebensmittel und Kosmetika absichtlich mit Seife und Haushaltsreiniger vermischt zu haben

 09.12.2025

Social Media

Jüdischer Politiker im Iran warnt seine Gemeinde         

Der einzige jüdische Abgeordnete im Iran rät seiner Gemeinde, Social-Media-Kanälen mit Israel-Bezug zu entfolgen. Was hinter seiner Warnung steckt

 09.12.2025

Noëmi van Gelder wurde mit deutlicher Mehrheit zur neuen Präsidentin der ICZ gewählt.

Zürich

Israelitische Cultusgemeinde hat neue Präsidentin

Die größte jüdische Gemeinde der Schweiz hat gewählt: Mit Noëmi van Gelder will die Gemeinde ein klares Signal setzen

von Nicole Dreyfus  08.12.2025

Alan Shatter

»Dieses Vorgehen ist nun wirklich idiotisch«

Irlands ehemaliger Justizminister nimmt kein Blatt vor den Mund: Im Interview kritisiert Alan Shatter nicht nur den Boykott des Eurovision Song Contest durch sein Land. Er macht die irische Regierung auch für wachsenden Judenhass verantwortlich

von Michael Thaidigsmann  08.12.2025

Dänemark

Männer sollen 760.000 Euro für die Hamas gesammelt haben

Am Dienstagmorgen nahm die Polizei einen 28-Jährigen fest. Sein mutmaßlicher Komplize sitzt bereits in U-Haft

 05.12.2025

Antisemitismus

Litauen: Chef von Regierungspartei wegen Antisemitismus verurteilt

In Litauen ist der Chef einer Regierungspartei mehrfach durch antisemitische Aussagen aufgefallen. Dafür musste er sich vor Gericht verantworten. Nun haben die Richter ihr Urteil gefällt

 04.12.2025

Ukraine

Alles eine Frage der Herkunft

Wie ein Korruptionsskandal den antisemitischen Narrativen in Russland Vorschub leistet

von Alexander Friedman  04.12.2025

Europa

»Yid Army« im Stadion

Ein neues Buch erklärt, warum Fußballvereine wie Tottenham Hotspur, Austria Wien und Ajax Amsterdam zu »Judenklubs« wurden

von Monty Ott  04.12.2025