US-Wahlen

Sozialist versus Milliardär

US-Demokrat und Kanditat fürs Präsidentenamt: Bernie Sanders Foto: dpa

Der eine gibt Millionen Dollar für Werbespots aus, hebt seine Verdienste als Bürgermeister der größten US-Stadt hervor und spiegelt moderate demokratische Sichtweisen wider. Der andere hat 80 Mitarbeiter angeheuert, um von Tür zu Tür zu gehen, den Einsatz von Freiwilligen zu organisieren und für seine Botschaft einer politischen Revolution zu werben - in mindestens sieben Sprachen.

Kein anderer im Feld der Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten hat bislang so viele Ressourcen im Kampf um einen Vorwahlsieg in Kalifornien eingesetzt wie Michael Bloomberg, Milliardär und Ex-Bürgermeister von New York, und Bernie Sanders, Senator aus Vermont. Sanders setzt vorrangig auf seine leidenschaftlichen Freiwilligen, um den größten Preis in der Serie von Vorwahlen zu ergattern, während Bloomberg mit einem nahezu unerschöpflichen Geldbeutel in Kalifornien in den Ring steigt.

Michael Bloomberg ist Milliardär und moderat, Bernie Sanders selbsterklärter demokratischer Sozialist.

Der Westküstenstaat hat 40 Millionen Einwohner, ungefähr 14 Millionen Wähler sind berechtigt, sich an der demokratischen Kandidatenkür zu beteiligen. Bislang fanden die Vorwahlen in Kalifornien traditionell erst im Juni statt, was die Rolle des Staates trotz seiner Größe schmälerte: Denn oft stand zu diesem Zeitpunkt der demokratische Spitzenkandidat praktisch schon fest. Um mehr Einfluss auf die Prozedur zu haben, hält Kalifornien diesmal seine Vorwahl - zusammen mit 14 anderen US-Staaten - bereits am 3. März ab, dem sogenannten Super Tuesday.

Für Bloomberg ist das der erste Tag, an dem Wähler im Vorwahlprozess seinen Namen ankreuzen können. Er hat erst im November seine Bewerbung erklärt, lässt die ersten vier Abstimmungen im Februar in Iowa, New Hampshire, Nevada und South Carolina aus und konzentriert sich voll auf Kalifornien und die anderen Super-Tuesday-Staaten - in der Hoffnung, dass ein gutes Abschneiden dort ihn an die Spitze des Bewerberfeldes katapultiert.

Umfragen in Kalifornien spiegeln derzeit weitgehend den US-weiten Stand wider. Ex-Vizepräsident Joe Biden, Senatorin Elizabeth Warren und Sanders führen das Feld an. Als vierter - aber schon mit deutlichem Abstand - folgt der Bürgermeister von South Bend in Indiana, Pete Buttigieg, der Rest fällt in die Kategorie »ferner liefen«.

Fernseh-Werbespots gelten allgemein als bester Weg, die Wähler im reich bevölkerten Kalifornien zu erreichen - kein Wunder also, dass sich Bloomberg darauf konzentriert. Aber er hat als Späteinsteiger auch den Nachteil, dass er - zumindest bislang - kein wirkliches Netzwerk von Mitarbeitern hat, die sozusagen die Fußarbeit übernehmen.

Das ist bei Sanders, einem selbsterklärten demokratischen Sozialisten, ganz anders: Er hat schon 2016 kandidiert und verfügt noch über die Graswurzel-Infrastruktur von damals. Und Sanders räumt Kalifornien einen ebenso hohen Stellenwert ein wie den Staaten, die schon im Februar abstimmen und Bewerber frühzeitig auf eine Erfolgs- oder Verliererschiene bringen können. Auch mangelt es ihm - dank einer Flut von Kleinspenden begeisterter Gefolgsleute - nicht an Wahlkampffinanzen, auch wenn sich seine Mittel natürlich nicht mit denen Bloombergs vergleichen lassen.

Bloomberg will auch gezielt Wähler in Gebieten außerhalb der großen stark demokratisch geprägten städtischen Zentren ansprechen.

Um zu gewinnen, konzentrieren sich die beiden Bewerber weitgehend auf unterschiedliche Gruppen von Wählern. So sieht denn das Sanders-Lager seine Hauptherausforderung auch nicht in Bloomberg, sondern in Biden, weil sie beide ältere weiße Wähler aus der Arbeiterschicht und Farbige im Visier haben. Insgesamt ist es Sanders‘ vorrangiges Ziel, Latino-Wähler und junge Leute dazu zu bewegen, wählen zu gehen - denn das ist seine größte Basis.

Bloombergs TV-Werbekampagne ist darauf abgestellt, Westküsten-Wähler, die ihn vielleicht wenig kennen, besser mit seinem Hintergrund vertraut zu machen - bevor seine Rivalen im Bewerberfeld eine Gelegenheit erhalten, ihn zu definieren. Demnächst soll aber auch damit begonnen werden, Wähler zu identifizieren, zu kontaktieren und sie an die Wahlurnen zu bringen. Dem Wahlkampflager zufolge wird es eine Investition, wie sie Kalifornien noch nie erlebt habe.

Bloomberg will auch gezielt Wähler in Gebieten außerhalb der großen stark demokratisch geprägten städtischen Zentren ansprechen. Insgesamt wird es zahlreiche Wahlkampfbüros und eine Mischung von bezahlten und freiwilligen Helfern geben, die auch an Türen klopfen sollen, wie Bloomberg-Sprecher Jason Schlechter ankündigte.

In der vergangenen Woche hatte Bloomberg seinen ersten Auftritt in Kalifornien als Präsidentschaftsbewerber. Im Mittelpunkt stand dabei der Kampf gegen den Klimawandel, eines von Bloombergs zentralen Themen. Von den anderen Bewerbern haben sich bislang nur Warren, Biden und Buttigieg stärker auf Kalifornien konzentriert.

Etwas haben beide gemeinsam: Sie könnten von Stimmen aus der Gruppe der 5,4 Millionen Unabhängigen profitieren.

Der Staat stellt 494 der gut 1880 Delegierten, die den demokratischen Spitzenkandidaten im Juli 2020 auf einem Parteikongress offiziell nominieren. Wem wie viele dieser Delegierten - sprich deren Stimmen - zugeordnet werden, hängt vom Vorwahlergebnis ab. Aber die Verteilung in Kalifornien erfolgt nach einem besonders komplizierten Schlüssel, der eine stärkere Aufsplitterung möglich macht - was bedeuten könnte, dass in Sachen Delegierte rechnerisch niemand als ganz klarer Gewinner aus der Vorwahl hervorgeht.

Aber das macht die Abstimmung in diesem Staat nicht weniger bedeutend und spannend. »Kalifornien ist extrem wichtig für Mike«, sagt Bloomberg-Sprecher Jason Schlechter. Sanders seinerseits hat in Aussicht gestellt, dass er selber siegen werde.

Etwas haben beide gemeinsam: Sie könnten von Stimmen aus der Gruppe der 5,4 Millionen Unabhängigen profitieren, die sich in Kalifornien an der demokratischen Vorwahl beteiligen dürfen. Bloomberg ist ein früherer Republikaner und früherer Unabhängiger, Sanders ein unabhängiger Senator.  dpa

Kommentar

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