Argentinien

Raubkunst in der Immobilienanzeige

Giuseppe Ghislandis »Porträt einer Dame« Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Ein Gemälde, das einem jüdischen Kunsthändler im Zweiten Weltkrieg von den Nazis geraubt wurde, beschäftigt derzeit die argentinische Öffentlichkeit und hat einen Rechtsstreit ausgelöst.

Ende August entdeckte ein Journalist der niederländischen Tageszeitung »Algemeen Dagblad« auf dem Foto einer Immobilienanzeige ein italienisches Meisterwerk, das in einer Datenbank für Raubkunst registriert ist. Das »Porträt einer Dame« des 1743 verstorbenen italienischen Malers Giuseppe Ghislandi gehört zu den 1241 Kunstwerken, die dem Kunsthändler Jacques Goudstikker aus Amsterdam von den Nazis gestohlen wurden. Es galt 80 Jahre lang als verschollen, bevor es nun in der Anzeige für eine Villa im Badeort Mar del Plata auftauchte.

Patricia Kadgien, Tochter des verstorbenen Naziverbrechers Friedrich Kadgien, bot ihr Haus auf einer Makler-Website mit Fotos zum Verkauf. Auf einem davon hing das »Porträt einer Dame« über dem Sofa. Doch bei einer anschließenden Hausdurchsuchung durch die Behörden war das Gemälde verschwunden. Dafür wurden weitere Bilder sichergestellt, bei denen vermutet wird, dass sie aus Goudstikkers Sammlung stammen, darunter 22 von Henri Matisse.

Erbin pocht auf ihr »legitimes Recht«

Wegen Behinderung der Ermittlungen ordnete ein Bundesgericht daraufhin Hausarrest für Kadgien und ihren Ehemann an. Einen Tag später übergab Kadgiens Anwalt das Gemälde der Generalbundesanwaltschaft. Ein Richter hob den Hausarrest auf, die Eheleute mussten aber ihre Pässe abgeben. Das Porträt befindet sich nun in Obhut des Obersten Gerichtshofs. Laut eines von der Justiz bestellten Kunstexperten ist es in »gutem Zustand«. Sein Marktwert liege bei etwa 50.000 Dollar. Das Holocaust-Museum von Buenos Aires hat bereits Bereitschaft bekundet, es bis zur Klärung aller Ansprüche sicher aufzubewahren.

Lesen Sie auch

Patricia Kadgien hat derweil gegen die Beschlagnahmung Einspruch eingelegt. Sie bestreitet die illegale Herkunft des Bildes und pocht auf ihr »legitimes Recht« daran, schließlich seien die Ansprüche früherer Eigentümer nach so langer Zeit verfallen. Auch habe sie erst durch das gewaltige Medienecho von der Geschichte des Bildes erfahren und es nie vor Dritten versteckt. Die Schwägerin ihres Vaters habe es im Februar 1943 rechtmäßig erworben. Sie legte sogar eine Quittung vor. Später ging das Gemälde in den Nachlass von Friedrich Kadgien über. Wer das Gemälde nach Argentinien gebracht hat, ist nicht bekannt.

Hitlers Finanzberater

Friedrich Kadgien war einer der einflussreichsten Finanzexperten Adolf Hitlers mit Zugang zu Geheimkonten in der Schweiz und galt als rechte Hand Hermann Görings. Er war SS-Mitglied und unter anderem an der Erpressung jüdischer Händler in Amsterdam beteiligt. Kurz vor Ende des Krieges floh er über die Schweiz nach Südamerika, wo er als Mittelsmann für deutsche Firmen Geschäfte einfädelte. Auf seiner Flucht nahm er Diamanten und Kunstwerke mit. Kadgien starb 1978 in Buenos Aires, als Patricia 13 Jahre alt war. Er wurde nie wegen seiner Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen.

Der Kunsthändler Goudstikker musste 1940 mit Frau und Sohn vor den Nazis fliehen und starb bei einem Unfall auf dem Schiff, das sie in die USA brachte. Kurz darauf teilten Göring und andere ranghohe Nazis die Kunstsammlung, die der Kunsthändler in die Obhut von Angestellten gegeben hatte, unter sich auf. Die Erben konnten im Laufe der Jahre die Rückgabe von etwa 200 Werken erreichen. Marei von Saher, Schwiegertochter von Goudstikker und die derzeit einzige Erbberechtigte, hat bereits signalisiert, dass sie einen Antrag auf Rückgabe des Gemäldes »Porträt einer Dame« stellen werde.

Australien

Faktencheck zum Terroranschlag in Sydney

Nach dem Blutbad am Bondi Beach ist noch vieles unklar. Solche Situationen nutzen Menschen in sozialen Netzwerken, um Verschwörungsmythen zu verbreiten

 15.12.2025

Faktencheck

Ahmed Al Ahmed hat einen Angreifer am Bondi Beach entwaffnet

Ein Passant verhindert Schlimmeres - und wird im Netz umbenannt. Angeblich soll Edward Crabtree einen der Täter von Sydney entwaffnet haben. Doch die Geschichte stammt von einer Fake-Seite

 15.12.2025

Sydney

Australiens Premierminister widerspricht Netanjahu

Nach dem Anschlag in Sydney betont Premierminister Albanese: Die Anerkennung Palästinas durch Australien steht nicht im Zusammenhang mit der Tat

 15.12.2025

Kommentar

Müssen immer erst Juden sterben?

Der Anschlag von Sydney sollte auch für Deutschland ein Weckruf sein. Wer weiter zulässt, dass auf Straßen und Plätzen zur globalen Intifada aufgerufen wird, sollte sich nicht wundern, wenn der Terror auch zu uns kommt

von Michael Thaidigsmann  14.12.2025

Meinung

Blut statt Licht

Das Abwarten, Abwiegeln, das Aber, mit dem die westlichen Gesellschaften auf den rasenden Antisemitismus reagieren, machen das nächste Massaker nur zu einer Frage der Zeit. Nun war es also wieder so weit

von Sophie Albers Ben Chamo  14.12.2025 Aktualisiert

Anschlag in Sydney

Felix Klein: »Von Terror und Hass nicht einschüchtern lassen«

Zwei Männer töten und verletzen in Sydney zahlreiche Teilnehmer einer Chanukka-Feier. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung äußert sich zu der Tat

 14.12.2025

Terror in Sydney

Zivilist entwaffnet Angreifer und wird als »Held« gefeiert

Zwei Männer schießen auf Teilnehmer einer Chanukka-Feier in Sydney: Es gibt Tote und Verletzte. Ein Video soll nun den mutigen Einsatz eines Passanten zeigen

 14.12.2025

Australien

Merz: »Angriff auf unsere gemeinsamen Werte«

Bei einem Anschlag auf eine Chanukka-Feier in der australischen Metropole gab es viele Tote und Verletzte. Der Bundeskanzler und die Minister Wadephul und Prien äußern sich zu der Tat

 14.12.2025 Aktualisiert

Terror in Sydney

Zentralrat der Juden: »In Gedanken bei den Betroffenen«

Der Zentralrat der Juden und weitere jüdische Organisationen aus Deutschland äußern sich zu dem Anschlag auf eine Chanukka-Feier im australischen Sydney

 14.12.2025 Aktualisiert