Italien

Rabbiner auf Rasthof beleidigt, bedroht und zu Boden getreten

Der Rabbiner nahm den Vorfall mit seinem Handy auf Foto: Screenshot

Italien

Rabbiner auf Rasthof beleidigt, bedroht und zu Boden getreten

Der Franzose wollte nur mit seinem sechsjährigen Sohn auf die Toilette gehen. Doch dann fiel einem Mitarbeiter seine Kippa auf

 29.07.2025 17:07 Uhr Aktualisiert

In der Nähe von Mailand wurde ein Rabbiner aus Frankreich beleidigt und bedroht, als er mit seinem sechsjährigen Sohn eine Pause im Autogrill Villoresi Ovest einlegen wollte. Die beiden kamen von einem Familienbesuch in der norditalienischen Stadt zurück, wollten nur etwas am Tresen kaufen, während der Sohn zur Toilette sollte, wie der Rabbiner der italienischen Nachrichtenagentur ANSA schildert.

»Als wir anfingen hinunterzugehen, hörte ich den Ruf ›Free Palestine‹ von einem bärtigen jungen Mann an der Kasse – er hat das Ganze entfacht«, schildert der Familienvater. Sowohl er als auch sein Sohn sind als Juden erkennbar.

»Andere ließen sich mitreißen, und ich hatte keine Angst – ich habe geantwortet. Ich bin kein unhöflicher oder gewalttätiger Mensch, aber wenn man sich verteidigen muss, muss man es tun«, erzählt der Rabbiner. Er beginnt den Vorfall zu filmen.

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Das Video zeigt unter anderem wie ein Mann mit einer Espressotasse in der Hand zu dem Rabbiner sagt: »Hier ist nicht Gaza, hier ist Italien, wir sind in Mailand. Mörder.« Zuvor rief eine Gruppe Frauen »Palestina libera« (zu deutsch: »Freies Palästina«). Andere drohen dem Rabbiner und seinem Sohn: »Ihr werdet in der Hölle enden«, sagt einer der Umstehenden.

Der Familienvater brachte seinen Sohn daraufhin zur Toilette ins Untergeschoss. Als er herauskam, sah er sich einer Menschenmasse ausgesetzt:»Sie warteten schon alle auf mich. Fünfzehn oder zwanzig Leute, die mich aufforderten, das Video zu löschen. Ich sagte zweimal ›Nein‹. Es ging alles sehr schnell, ich habe mich verteidigt. Irgendwann lag ich am Boden und sie haben wie Tiere auf mich eingetreten. Ich konnte meinen Sohn nicht sehen, aber zum Glück war er bei einer Frau, die ihn in eine Ecke brachte. Ich habe wilde Bestien gesehen.«

Zehn Minuten nach dem Angriff sei die Polizei eingetroffen, wie »La Repubblica« berichtet. Der Rabbiner habe eigenen Angaben zufolge gehört, wie die Beamten das Wort »Netanjahu« fallen ließen. »Später erklärte man mir, dass sie meinten, man solle Netanjahu sagen, er solle aufhören zu bombardieren. Aber ich bin kein Israeli, ich bin Franzose«, so der Rabbiner, der mittlerweile nach Paris zurückgekehrt ist.

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Paris empört, Polizei ermittelt

Der Vorfall sorgte in Paris für breite Empörung. Das französische Außenministerium sprach von einem unerträglichen antisemitischen Übergriff. »Unser Konsul in Mailand steht in Kontakt mit dem Opfer und hat ihm unsere Unterstützung angeboten.« Demnach wurde die italienische Polizei eingeschaltet und Anzeige erstattet. »Unsere Botschaft steht in Kontakt mit den italienischen Behörden, die sich der Situation bewusst sind, damit diese schwerwiegenden Vorfälle weiterverfolgt werden«, heißt es weiter.

In Italien ermittelt laut Ansa die Spezialeinheit der Polizei DIGOS (Abteilung für Spezialoperationen) in dem Fall. Videoaufzeichnungen der Überwachungskameras sollen nun ausgewertet werden. Die Staatsanwaltschaft hat demnach eine Akte angelegt, der Vorwurf lautet auf schwere Körperverletzung aus rassistischen Motiven.

Die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Pina Picierno, verurteilte den Angriff: »Ich bin empört über den feigen Angriff in der Raststätte Villoresi Ovest bei Mailand, wo ein Mann und sein erst sechsjähriger Sohn nur deshalb gewaltsam angegriffen wurden, weil sie Juden sind. Ein inakzeptabler Vorfall, der sich in ein zunehmend beunruhigendes Klima wachsenden Antisemitismus einfügt.« ja/dpa

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