Argentinien

Präsidentin bezweifelt Selbstmord von Staatsanwalt

Argentiniens Präsidentin Cristina Fernandez Foto: dpa

In Buenos Aires hat die jüdische Gemeinde Aufklärung über den Tod des argentinischen Sonderstaatsanwalts Alberto Nisman gefordert. Bei einer Demonstration unter dem Motto »Für Wahrheit und Gerechtigkeit« versammelten sich am Mittwochabend mehrere Tausend Menschen vor dem Gebäude des jüdischen Hilfswerks AMIA in Buenos Aires.

»Wir werden es nicht zulassen, dass ein weitere Staatsanwalt sterben wird«, sagte Julio Schlosser, der Vorsitzende des jüdischen Dachverbandes DAIA. Von der Regierung nahm niemand an der Manifestation teil, wie die Tageszeitung »Clárin« berichtet

Suizid? Der argentinische Sonderstaatsanwalt hatte sich laut Obduktion selbst erschossen. Es gebe keinen Zweifel, dass Nisman sich selbst umgebracht habe, sagte die zuständige Staatsanwältin Viviana Fein am Montagabend (Ortszeit) in Buenos Aires nach der gerichtsmedizinischen Untersuchung.

Allerdings widersprach dieser Aussage Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner, die am Donnerstag sagte, dass sich Nisman nicht selbst umgebracht habe. Wer hinter dem Verbrechen stehe, sei bislang nicht geklärt.

Den Angaben zufolge lag Nisman mit einer Schusswunde im Kopf tot im Badezimmer seiner Wohnung in Buenos Aires. Neben ihm wurde offenbar eine Waffe gefunden.

Nisman hatte vor wenigen Tagen Präsidentin Cristina Kirchner und Außenminister Héctor Timerman beschuldigt, die Ermittlungen zu verschleiern, wie argentinische Medien am Montag berichteten. Die Regierung hatte dies scharf zurückgewiesen. Nisman erstattete Anzeige und forderte die Vernehmung der Präsidentin.

Aufklärung Am Montagabend gingen spontan mehrere Tausend Menschen in der Hauptstadt Buenos Aires auf die Straße. Viele trugen Plakate mit der Aufschrift »Ich bin Nisman«. Mit rhythmischem Klatschen und Kochtopfschlagen forderten sie Aufklärung über die Todesumstände des Staatsanwalts. Spontane Kundgebungen wurden auch aus den Städten Mendoza und Salta gemeldet.

Bei dem Anschlag 1994 auf das jüdische Zentrum Amia starben 85 Menschen. Die argentinische Justiz macht den Iran dafür verantwortlich. Staatsanwalt Nisman sollte dazu am Montag im Kongress sprechen. Konkret wirft er der Präsidentin vor, mit dem Iran die Lieferung von Erdöl gegen die Straflosigkeit der iranischen Verdächtigen ausgehandelt zu haben. Offiziell sei es um argentinisches Getreide gegen iranisches Erdöl gegangen. Kirchner selbst habe den Auftrag erteilt, das juristische Vorgehen gegen den Iran einzustellen und die internationalen Haftbefehle von Interpol gegen mehrere iranische Beschuldigte zurückzuziehen, hieß es.

Wirbel Nismans Beschuldigungen lösten neun Monate vor der Präsidentenwahl in Argentinien einigen Wirbel aus, auch wenn Kirchner kein weiteres Mal kandidieren kann. Jüdische Organisationen in dem südamerikanischen Land vermuten die Hintermänner des Anschlags seit Langem im Iran.

Die argentinische Staatsanwaltschaft hatte Klage gegen den Iran und die libanesische Hisbollah-Miliz erhoben. Sie hält es »für erwiesen«, dass der Anschlag »in Iran geplant und von der Hisbollah ausgeführt wurde«. Der Iran bestreitet hingegen jegliche Beteiligung. Bis heute wurde niemand für den Anschlag verurteilt.

Argentiniens Außenminister Timerman und sein iranischer Amtskollege Ali Akbar Salehi hatten im Februar 2013 in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba ein Memorandum unterzeichnet. Dessen Kernpunkt ist die Bildung einer gemeinsamen Untersuchungskommission, die alle Dokumente des Falls prüfen soll. Dazu kam es bisher nicht. epd/ja

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