Österreich

»Nationale Strategie«

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka Foto: Parlamentsdirektion/Johannes Zinner

Herr Präsident, im August hat es in Graz innerhalb einer Woche drei Anschläge auf die jüdische Gemeinde gegeben. Wie sicher leben Juden in Österreich?
Im Grunde leben sie sehr sicher. Die Anschläge von Graz waren die Tat eines einzelnen Mannes mit Migrationshintergrund. Dieser abscheuliche Vorfall zeigt, dass wir mehr für die Integration tun müssen und keine Parallelgesellschaften dulden dürfen.

Seit Jahren nimmt die Zahl judenfeindlicher Vorfälle in Österreich zu. Sozialforscher haben kürzlich in Ihrem Auftrag eine Sekundäranalyse zur Antisemitismus-Studie des Nationalrats von 2018 erstellt. Welches Handeln lässt sich daraus ableiten?
Die Regierung hat eine nationale Strategie gegen Antisemitismus erarbeitet, die demnächst vorgestellt wird. Wir müssen umfassender gegen Antisemitismus vorgehen: Es gibt nicht nur rechtsextremen Judenhass, den wir weiter im Fokus behalten müssen, sondern es gibt auch den Migrationsantisemitismus und linksradikalen Antisemitismus, der sich als Antizionismus tarnt. Wir müssen alle Formen des Judenhasses im Blick haben.

Was kann das Parlament konkret tun?
Wir als Nationalrat haben uns ganz konkret für die Shoah-Namensmauern-Gedenkstätte eingesetzt. Sie soll an die 65.000 ermordeten Juden erinnern. Außerdem haben wir den Simon-Wiesenthal-Preis ins Leben gerufen, der sich an die Zivilgesellschaft richtet. Und ganz wichtig: Wir müssen alles dafür tun, um jüdisches Leben zu stärken.

Wie kann das aussehen?
Wir Politiker sollten ganz offensiv in die jüdischen Gemeinden gehen und uns dort zeigen. Die meisten Österreicher kennen das Judentum nicht, sie wissen viel zu wenig darüber. Es kommt ja auch kaum in den Schulbüchern vor. Aber es ist wichtig, dass die nichtjüdische Bevölkerung das Judentum kennenlernt und erfährt, was jüdische Österreicher für unser Land geleistet haben, bevor sie in der NS-Zeit vertrieben wurden. Zum Beispiel wissen die wenigsten, dass der Rechtswissenschaftler Hans Kelsen, der die österreichische Verfassung geschrieben hat, jüdisch war. Die große Leistung österreichischer Juden für unser Land sollten auch unsere Abgeordneten in ihren Wahlkreisen bekannt machen.

Seit vergangener Woche können Nachfahren von Personen, die Österreich während der NS-Zeit verlassen mussten, die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen. Warum kommt diese Geste erst jetzt?
Österreich hat sehr spät damit begonnen, seine Geschichte aufzuarbeiten und die eigenen Täter klar zu benennen. Warum es erst so spät dazu kam, muss aufgearbeitet werden. Außerdem stellt sich die Frage, warum wir die Juden, die Österreich 1938 verlassen mussten, ja, geflohen sind, nach 1945 nicht gebeten haben, zurückzukehren.

Mit dem Präsidenten des Österreichischen Nationalrats sprach Tobias Kühn.

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