Ungarn

Lernort am Balaton

Ausstellungsort: die aus dem 13. Jahrhundert stammende Synagoge und eine moderne Galerie Foto: György Polgár

»Wäre der Plan des Bösen aufgegangen, wären diese Wissenschaftler, genauso wie unsere Schwestern und Brüder, getötet worden. Aber sie konnten sich retten. Sie antworteten auf die Stimme der Finsternis mit der Stimme des Lebens«, liest man am Eingang des »Hauses der Jüdischen Exzellenten«, einem Ausstellungshaus in Balatonfüred, einem kleinen Kurort am Plattensee.

Es stellt seit 2018 Leben und Werk 132 wichtiger jüdischer Wissenschaftler vor. Vor Kurzem wurde der digitale Überblick »Von Einstein bis heute – Juden und Hightech« um die Präsentation von 142 Künstlern ergänzt: »Von Chagall über Kertész bis Spielberg«.

eröffnung »Etwas zu errichten und zu erhalten, ist nur möglich, wenn die Kultur gepflegt und bereichert wird«, betonte Ungarns Minister für Innovation und Technologie, László Palkovics, bei Eröffnung der neuen Ausstellung. Die Rolle der jüdischen Künstler und Wissenschaftler im Leben des Landes sei nicht zu übersehen. Seiner Meinung nach sei es wichtig, dass möglichst viele Menschen etwas über diese Persönlichkeiten erfahren, deren Beispiel für heutige Generationen eine Inspiration sein könne.

»Die meisten Menschen betrachten Juden seit der Schoa als eine trübselige Gemeinschaft, die – wohl zu Recht – wegen des Holocaust ständig trauert, aber es gibt so vieles, worauf das Judentum stolz sein sollte«, sagt Ferenc Olti, der Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung des Hauses.

Der Ausstellungsort besteht aus zwei Gebäuden: der aus dem 13. Jahrhundert stammenden Synagoge sowie einer modernen Galerie. Die Synagoge – ursprünglich als katholische Kirche errichtet – wurde 1855 von der örtlichen jüdischen Gemeinde erworben und diente bis zur Verschleppung der jüdischen Einwohner von Balatonfüred im Jahr 1944 als ihr Bethaus.

würde Nach dem Krieg wurde der Bau zweckentfremdet und als Busgarage, Lagerraum und später als Restaurant genutzt – bis Bürgermeister István Bóka und der einzige im Ort wohnende Jude, Ferenc Olti, überlegten, wie sie dem Bau seine alte Würde zurückgeben könnten. Ihn wieder als Synagoge zu nutzen, hätte wenig Sinn ergeben, und jüdische Museen und Holocaust-Gedenkstätten gebe es zur Genüge, dachten sie.

Nach dem Krieg wurde der Bau zweckentfremdet und als Busgarage, Lagerraum und später als Restaurant genutzt.

So schlug Olti vor, eine Ausstellung über jüdische Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zu organisieren, die auf unser heutiges Leben Einfluss haben. Zugleich wollte er ein Zeichen gegen Ausgrenzung und Antisemitismus setzen.

Die Ausstellung zeige, wie viel die Welt verloren hätte, wenn diese Menschen im Sinne der Nürnberger Gesetze umgebracht worden wären, sagt Olti. »Es könnte aber genauso gut um andere Minderheiten gehen, wie Roma, Armenier oder Uiguren, die Unterdrückung und Vernichtung erfuhren oder immer noch erfahren.«

terminals Nicht nur der Grundgedanke der Ausstellung ist neuartig, sondern auch die Technik. An der Rezeption erhält jeder Besucher eine Chipkarte, mit der er sich an den Terminals fünf Persönlichkeiten, die ihn interessieren, aussuchen darf und über die er Informationen auf Ungarisch, Englisch oder Hebräisch erhält. »Wir empfehlen, sich nicht mehr als fünf Personen anzuschauen, denn sonst wird es zu viel«, erklärt eine Mitarbeiterin.

Danach begibt man sich in die Galerie im Obergeschoss, wo man an großen Touchscreens etwas über Leben und Werk ausgewählter Wissenschaftler und Künstler erfährt. Neben biografischen Details werden spannende Fragen gestellt wie: Welche Figur aus den Star Wars-Filmen wurde von Einstein inspiriert? Oder: Warum dominiert die blaue Farbe Facebook?

Die restaurierte Synagoge dient als Auditorium und ist Ort für kulturelle Veranstaltungen, Filmvorführungen, Konzerte. Seit der Eröffnung haben etwa 10.000 Menschen das Haus besucht. Auch ein virtueller Rundgang ist möglich. Dazu müssen die Interessenten das Museum formlos anschreiben, um Link und Passwort zu erhalten.

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