Großbritannien

Irritationen über Brief von Prinz Charles

Prinz Charles Foto: dpa

Großbritannien

Irritationen über Brief von Prinz Charles

In einem Schreiben aus dem Jahr 1986 heißt es: »Ausländische Juden« sind schuld am Nahostkonflikt

von Ralf Balke  13.11.2017 11:15 Uhr

Blaues Blut macht offensichtlich nicht immun gegen antisemitische Stereotype: »Jetzt weiß ich, dass sowohl Araber als auch Juden ursprünglich Semiten waren und es vor allem dem Zustrom ausländischer, europäischer Juden (besonders aus Polen, wie sie sagen) geschuldet ist, warum die großen Probleme entstanden sind«, schrieb Prinz Charles nach einer Reise in Begleitung von Gattin Lady Di durch Saudi-Arabien, Bahrain und Katar an seinen Freund Laurens van der Post.

Er könne nun die arabische Sichtweise über Israel sehr viel besser verstehen. »Mir war zuvor nie richtig klar gewesen, dass sie es als eine US-Kolonie betrachten.« Außerdem solle ein US-Präsident endlich einmal den Mut aufbringen, sich die »jüdische Lobby zur Brust zu nehmen«. Das war im Jahr 1986.

Mail on Sunday
Nun ist der Brief von damals in einem Archiv aufgetaucht und wurde vor einigen Tagen in der Zeitung »Mail on Sunday« veröffentlicht. Aber es kommt noch schlimmer: »Ich weiß, dass das Thema komplex ist, aber wie kann man dem Terrorismus ein Ende setzen, wenn nicht die Ursachen ausgerottet werden?« Das Schreiben sorgte in der jüdischen wie auch der nichtjüdischen Welt für Irritationen. Manche zeigten sich regelrecht schockiert darüber, dass derartige Äußerungen aus dem Munde des Thronfolgers kommen konnten.

So wie Stephen Pollard, Chefredakteur des »Jewish Chronicle« in London. »Für mich ist die Erwähnung einer jüdischen Lobby der Aspekt, der mich am meisten beunruhigt«, schrieb er. »Dieser Mythos von einflussreichen Juden, die die Außenpolitik, die Medien oder Banken kontrollieren, ist eines der ältesten und wirkungsmächtigsten antisemitischen Topoi überhaupt.«

Die Vorstellung, dass Juden irgendwelche Fremden seien, die keinerlei Anspruch auf das Land haben können, hat Tradition. »Das ist das klassische arabische Narrativ überhaupt für die Probleme im Nahen Osten.«

Stellungnahme Aus dem Königspalast gab es bereits eine Stellungnahme zu den Äußerungen von 1986: »Es handelte sich dabei nicht um die persönlichen Ansichten des Prinzen selbst.« Vielmehr habe er nur die Meinung derer wiedergegeben, die er während seines Besuchs gesprochen hatte.

Ferner hätte sich das Mitglied der Royals über Jahrzehnte hinweg mit dem Thema beschäftigt. »Dabei hat er sich erwiesenermaßen die Reputation erworben, jüdische und arabische Gemeinden gleichermaßen auf der ganzen Welt zu unterstützen, und sich stets für einen interreligiösen Dialog und besseres Verständnis der verschiedenen Kulturen eingesetzt.«

Shlomo Graber anlässlich eines Vortrags in einer Schule in Rosenheim im Jahr 2017.

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