Nachruf

Hofrat und Ehrenbürger

Marko Feingold (1913–2019) Foto: Getty Images

Wäre es nach den Nazis gegangen, hätte Marko Feingold das Jahr 1940 nicht überlebt. Mit 27 wird der 1913 in der heutigen Slowakei Geborene und in Wien Aufgewachsene mit seinem Bruder Ernst in Prag wegen Sabotageakten gegen die Besatzer verhaftet und ins KZ Auschwitz deportiert. Nach zweieinhalb Monaten Zwangsarbeit in der Strafkompanie ist er dermaßen abgemagert, dass er fast vor Erschöpfung stirbt. Doch er überlebt.

Auf Auschwitz folgen die Konzentra­tionslager Neuengamme (wo sein Bruder Ernst ermordet wird), Dachau und Buchenwald. Dort wird er im April 1945 von amerikanischen Truppen befreit. Er ist der Einzige aus seiner Familie, der überlebt.

DP-Camp 1945 kommt er nach Salzburg, zunächst in ein Displaced-Persons-Lager, dessen Verwaltung ihm bald übertragen wird. 1946 wird er Vorsteher der jüdischen Gemeinde der Stadt, zwei Jahre später eröffnet er ein Modegeschäft.

Die Gelegenheit, nach Amerika auszuwandern, schlägt er aus. Doch hadert er oft mit der österreichischen Politik. Vor allem der nach wie vor grassierende Antisemitismus und die Weigerung vieler, die NS-Vergangenheit aufzuarbeiten, sind dem Sozialdemokraten ein Dorn im Auge.

Zeitzeuge Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratet Marko Feingold die 35 Jahre jüngere Hanna. 1977 geht er in den Ruhestand, doch er bleibt Vorsitzender der Salzburger Israelitischen Kultusgemeinde – bis kurz vor seinem Tod. Jahrzehntelang ist Feingold aktiv im Kampf gegen das Vergessen. Er hält geschätzt 6000 Vorträge, häufig vor Schülern und Studenten.

Sein Judentum lebt er selbstbewusst. Auch wenn er nicht religiös ist, verpasst er kaum einen Gottesdienst. Seine Umwelt nimmt ihn als warmherzigen und optimistischen Menschen wahr. Für sein Engagement wird Marko Feingold von der Republik Österreich zum Hofrat und von der Stadt Salzburg zum Ehrenbürger ernannt.

In einem Punkt aber haderte Feingold mit Gott: »Wir waren eine sechsköpfige Familie – und er hat mich bei keinem einzigen Begräbnis dabei sein lassen!«

Am 19. September ist Marko Feingold im Alter von 106 Jahren gestorben. Gern wäre er 120 geworden, verriet er einmal, »aber das hat bisher nur Moses erreicht, und so heilig war ich nie«.

Meinung

Die Columbia und der Antisemitismus

Ein neuer Bericht offenbart: An der US-Eliteuniversität sind die Nahoststudien ideologisch einseitig und jüdische Studenten nicht sicher. Es ist ein Befund, der ratlos macht

von Sarah Thalia Pines  22.12.2025

Frankreich

Jüdische Kinder vergiftet, aber Antisemitismus spielt keine Rolle

Ein Kindermädchen, das ihre jüdischen Arbeitgeber vergiftet hatte, wurde nun in Nanterre verurteilt - allerdings spielte ihr Antisemitismus im Urteil keine Rolle. Das sorgt für Protest

 22.12.2025

Australien

Gedenken am Bondi Beach – Forderung nach Aufklärung

Kerzen, Schweigen, Applaus und Buh-Rufe: Am Strand in Sydney trauern Tausende um die Opfer des Anschlags. Was die jüdische Gemeinde und Australiens Politik jetzt fordern

 22.12.2025

Belgien

IS droht mit Anschlägen auf Synagogen und Kirchen

Die Hintergründe

 18.12.2025

Sydney

Jüdische Bäckerei schließt wegen Antisemitismus

Nach Jahren der Anfeindungen und dem schwersten antisemitischen Anschlag auf australischem Boden hat eine beliebte jüdische Bäckerei für immer geschlossen

 18.12.2025

Strassburg

Glühwein und Kippa

In der selbst ernannten »Weihnachtshauptstadt« lebt eine traditionsbewusste jüdische Gemeinde. Wie passt das zusammen? Eine Reise zu koscheren Plätzchen und Pralinen mit »Jahresendgeschmack«

von Mascha Malburg  18.12.2025

Meinung

Weitermachen oder die jüdische Resilienz

Verfolgung, Exil und Gewalt konnten es nicht brechen: Die Widerstandsfähigkeit des jüdischen Volkes prägt seine Geschichte bis heute

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Australien

Bericht: Die Heldentat von Ahmed Al-Ahmed sorgt auch in Syrien für Jubel

Die Berichterstattung über den »Helden von Sydney« hat auch dessen Heimatort erreicht und bringt Stolz in eine Trümmerlandschaft

 18.12.2025

Berlin

Ehrung von Holocaust-Überlebenden

Die »International Holocaust Survivors Night« ehrt jedes Jahr Überlebende der Schoah. Die virtuelle Veranstaltung hat sich inzwischen zu einer Feier entwickelt, an der Teilnehmende aus fast 20 Ländern mitwirken

 18.12.2025