Budapest

»Helfen Sie, die Diaspora zu stärken!«

In der Großen Synagoge von Budapest: der ungarische Oberrabbiner Róbert Frölich, Israels Premier Benjamin Netanjahu, Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán und der MAZSIHISZ-Chef András Heisler (v.l.) Foto: dpa

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat am Mittwoch seine Europareise beendet. Seit Anfang der Woche hielt er sich zu einem dreitägigen Staatsbesuch in Ungarn auf. Das mediale Interesse war groß, vor allem, weil mit Netanjahu erstmals ein amtierender israelischer Premier nach Ungarn reiste.

Doch neben der protokollarischen Premiere war es vor allem eine Frage, die viele bewegte: Wie wird sich Netanjahu zur Anti-Soros-Kampagne der ungarischen Regierung äußern?

Plakatkampagne Vor rund vier Wochen hatte Ungarns nationalkonservative Regierung unter Premier Viktor Orbán eine landesweite Plakatkampagne gestartet. Auf den Plakaten, die überall im Land hingen, war das Konterfei des aus Ungarn stammenden amerikanisch-jüdischen Milliardärs George Soros zu sehen, daneben der Satz: »Wir dürfen nicht zulassen, dass Soros am Ende lacht.« Gemeint ist: Die ungarische Regierung versucht zu verhindern, dass die EU als quasi-Marionette des Milliardärs jedes Jahr angeblich eine Million Migranten nach Europa bringen will.

Das Motiv wurde wegen seiner antisemitischen Anspielungen international heftig kritisiert. Aber allen voran war es der Ungarische Verband jüdischer Glaubensgemeinschaften, MAZSIHISZ, der mit der Kampagne scharf ins Gericht ging. »Erinnerungen an die dunkelste Zeit Ungarns« würden heraufbeschworen, sagte András Heisler, Vorsitzender von MAZSIHISZ.

Kritik Auch am Mittwochabend, als Netanjahu zum Abschluss seines Ungarnbesuchs gemeinsam mit Orbán die Synagoge in der Budapester Dohány-Straße besuchte, verlieh Heisler seiner eindringlichen Bitte, von dieser Art der politischen Werbung abzusehen, noch einmal Nachdruck. Wie er sagte, wollen Ungarns Juden »in einem Land leben, in dem auf niemandes Gesicht ›dreckiger Jude‹ geschmiert steht«.

Die Wertung Netanjahus, der die Kampagne der ungarischen Regierung zwar nicht direkt verteidigt, aber auch nicht klar genug Stellung dagegen bezogen hatte, habe die jüdische Gemeinde Ungarns »wie eine kalte Dusche erwischt«, sagte Heisler. Israels Botschafter in Budapest, Josef Amrani, hatte sich auf Facebook offen gegen die Plakate ausgesprochen, zog aber auf Anweisung Netanjahus seine Kritik an der ungarischen Regierung wieder zurück.

Heisler bekräftigte, dass die ungarischen Juden Israel und Ungarn unterstützen wollen, wo sie nur können. Direkt an Netanjahu gewandt, sagte Heisler jedoch: »Helfen Sie, die Diaspora zu stärken, denn nur eine starke Diaspora kann Israel stärken.«

Antisemitismus Nach Heisler trat Orbán ans Rednerpult. Er bekräftigte die ausnehmend wichtige Rolle der jüdischen Gemeinde des Landes, die »Teil der ungarischen Gesellschaft ist«, ansonsten ging er aber an keiner Stelle auf Heislers Bedenken ein. Stattdessen zeichnete er sein ganz eigenes Zukunftsbild. So wolle er eine Zukunft, in der »uns der gemeinsame Kampf gegen den Terrorismus« und »ein sicheres Selbstbild« verbinden. Ziel der ungarischen Regierung sei weiterhin, dem erstarkenden Antisemitismus die Stirn zu bieten, »den importierten Antisemitismus haben wir bereits gestoppt«.

Fragen waren, wie bereits bei der Pressekonferenz am Nachmittag, auch am Abend nicht gestattet. So gab es keine Möglichkeit, Israels Premier Netanjahu mehr Details zu seiner Position gegenüber George Soros zu entlocken.

Statt auf die eindringlichen Worte Heislers einzugehen, lobte Netanjahu Ungarns Bemühungen um die jüdische Gemeinde sowie um Israel. An Orbán gewandt, sagte er staatstragend: »Sie stehen immer für Israel ein.« Der dreitägige Besuch, so Netanjahu zum Abschluss, sei ein Beweis für die »tiefe Freundschaft, die unsere beiden Staaten verbindet«.

Großbritannien

Warten auf »Bridgerton«

Die Sehnsucht nach der vierten Staffel des Netflix-Hits ist groß. Aber wie war eigentlich das reale jüdische Leben in der Regency?

von Nicole Dreyfus  29.06.2025

Glastonbury Festival

Kritik an antiisraelischen Parolen

Neben der Musik sorgt Hetze gegen Israel für Aufsehen – mit Folgen für die BBC, die alles live übertragen hat

 29.06.2025

Glastonbury

Bob Vylan ruft »Death, death to the IDF« – BBC überträgt es

Beim größten Open Air Festival Großbritanniens rufen Musiker antiisraelische Parolen

 28.06.2025

Militär

Name des schwulen Bürgerrechtlers Harvey Milk von US-Kriegsschiff gestrichen

Das nach Milk benannte Versorgungsschiff heißt jetzt »USNS Oscar V. Peterson«

 28.06.2025

Meinung

Francesca Albaneses Horrorshow

Die UN-Berichterstatterin verharmlost den Hamas-Terror und setzt die Israelis mit den Nazis gleich. Mit ihren Ansichten tourt sie nun durch die Schweiz

von Nicole Dreyfus  30.06.2025 Aktualisiert

Aufarbeitung

Brasilien entschädigt Familie von jüdischem Diktaturopfer

Vladimir Herzog gehört zusammen mit dem ehemaligen Abgeordneten Rubens Paiva zu den bekanntesten Diktaturopfern

 27.06.2025

Buenos Aires

Anschlag auf Juden in Argentinien: Prozess nach mehr als 30 Jahren

Am 18. Juli 1994 waren beim Anschlag auf das jüdische Kulturzentrum AMIA 85 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt worden

 27.06.2025

USA

Die Social-Media-Bändigerin

Die pro-israelische Influencerin Montana Tucker liefert Lehrstücke der modernen Kommunikation im Akkord. Zeit, sich die junge Frau, die mit Tanzvideos berühmt wurde, genauer anzusehen

von Sophie Albers Ben Chamo  26.06.2025

Balkan

Bosnien entschuldigt sich bei Rabbinerkonferenz

Über eine Tagung der Europäischen Rabbinerkonferenz in Sarajevo kam es zum judenfeindlichen Eklat. Mit der jetzt erfolgten Entschuldigung ist der Fall indes noch nicht bereinigt

 26.06.2025