Schweiz

Geballtes Wissen in Regalen

Dutzende Meter jüdische Geschichte Foto: AFZ

Schweiz

Geballtes Wissen in Regalen

Die Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte in Zürich wird 20 Jahre alt

von Peter Bollag  23.05.2016 18:46 Uhr

Man schreibt das Jahr 1996. Vor allem Historiker im Ausland nehmen die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg unter die Lupe. Auslöser ist die Kritik vonseiten des Jüdischen Weltkongresses. Es geht um die Rolle der Banken im Umgang mit Schoa-Opfern, bald aber auch darum, wie sich der neutrale Kleinstaat gegenüber Flüchtlingen verhalten hat. In diesem Zusammenhang wird auf einmal auch die Geschichte der Schweizer Juden wichtig – sehr wichtig sogar.

In jenes Jahr 1996 fällt auch die Gründung der Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte (auch Archiv für Zeitgeschichte genannt) an der Eidgenössisch-Technischen Hochschule Zürich (ETH). Das mag Zufall sein, doch es gibt durchaus einen direkten Zusammenhang zum neuen Interesse an der Geschichte der jüdischen Schweiz. Denn die neue Dokumentationsstelle sammelt und erforscht systematisch Unterlagen und Archive von Privatpersonen, aber auch von Vereinen und Gemeinden zur jüdischen Geschichte.

Geschichtsforschung Natürlich gab es in der Schweiz schon vorher entsprechende Forschungen, aber gerade im beginnenden digitalen Zeitalter ist die Bewahrung und Archivierung zeitgeschichtlicher Dokumente besonders wichtig. »Nicht zu vergessen sind auch die Archive des Verbandes Schweizerischer Jüdischer Fürsorgen (VSJF) sowie des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG), die wir systematisch auswerten«, erklärt der Historiker Uriel Gast. Als Gründer und Leiter der Dokumentationsstelle ist er so etwas wie der Vater einer neueren jüdischen Geschichtsforschung in der Schweiz.

Die Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte gehört zum Archiv für Zeitgeschichte, das bereits seit 1966 existiert und von dem Zürcher Historiker Klaus Urner gegründet wurde. Die ersten Dokumente waren lediglich Zeitungssauschnitte, die man in Kisten in zwei Mansarden unterbrachte.

Heute verfügt das Archiv über insgesamt 600 Bestände, davon ein Drittel zur jüdischen Zeitgeschichte. Es gibt darunter auch Schätze wie Dokumente aus dem Privatarchiv von Avner Less, der 1960/61 in Jerusalem die Verhöre Adolf Eichmanns leitete.

Holocaust Memorial Museum Durch die Zusammenarbeit mit anderen Archiven, zum Beispiel dem amerikanischen Holocaust Memorial Museum in Washington, konnten die Zürcher auch zeitgeschichtliche Dokumente digitalisieren und ihren Bestand erweitern. »Nicht zu vergessen sind die 5000 Fotos, alle aus Privatbesitz, die in einem Online-Bildarchiv das jüdische Leben in der Schweiz dokumentieren«, sagt Uriel Gast. Er und seine Mitarbeiter hatten dafür über Monate hinweg private jüdische Haushalte in der ganzen Schweiz aufgerufen.

Bei einer Jubiläumsveranstaltung an der ETH verabschiedete sich Uriel Gast vergangenen Donnerstag. Er geht demnächst in den Ruhestand. Seine Nachfolgerin wird die Basler Historikerin Sabine Bossert. Sie stellt zurzeit ihre Dissertation über David Frankfurter fertig, den Mann, der 1936 in Davos den NSDAP-Landesgruppenleiter in der Schweiz, Wilhelm Gustloff, erschoss. Dabei soll sie auf neue Erkenntnisse gestoßen sein – eine gute Voraussetzung für ihre Aufgabe in Zürich.

München/Gent

Charlotte Knobloch spricht von »historischem Echo«

Nach der Ausladung des israelischen Dirigenten Lahav Shani von einem Musikfestival meldet sich Charlotte Knobloch mit deutlichen Worten

 11.09.2025

Italien

Jüdisches Touristen-Paar in Venedig attackiert

Die Täter schrien »Free Palestine«, bevor sie die Ehefrau mit einer Flasche attackierten und ihren Ehemann ohrfeigten

 11.09.2025

Georgien

Sicher und schön

Der Kaukasus-Staat pflegt Erbe und Zukunft der Juden. Und bietet atemberaubende Natur. Ein Besuch

von Michael Khachidze  11.09.2025

Belgien

Argerich, Maisky, Schiff empört über Gent-Festival

Bekannte jüdische und nichtjüdische Musiker haben eine Petition gestartet, um gegen die Ausladung der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani zu protestieren

 11.09.2025

Imanuels Interpreten (13)

Herb Alpert: Der Universalkünstler

Vom Trompeter zum Philantropen: Der Sohn jüdischer Einwanderer aus Kalifornien erreichte in den 90 Jahren seines bisherigen Lebens viel

von Imanuel Marcus  10.09.2025

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  10.09.2025 Aktualisiert

Südafrika

Unvergessliche Stimme

Die Schoa-Überlebende Ruth Weiss hat sich als Journalistin, Schriftstellerin und Kämpferin für Menschenrechte einen Namen gemacht. Sie wurde 101 Jahre alt. Ein Nachruf

von Katrin Richter  10.09.2025

Belgien

Aus der Straße des Antisemiten wird die Straße der Gerechten

In Brüssel gibt es jetzt eine Rue Andrée Geulen. Sie ist nach einer Frau benannt, die im 2. Weltkrieg mehr als 300 jüdische Kinder vor den deutschen Besatzern rettete. Doch bei der Einweihung herrschte nicht nur eitel Sonnenschein

von Michael Thaidigsmann  08.09.2025

Vuelta

Spanischer Radprofi Romo stürzt wegen Protestaktion

Die »propalästinensischen« Proteste bei der Spanien-Rundfahrt nehmen kein Ende. Auf der 15. Etappe ist es zu Stürzen gekommen

 07.09.2025