Washington

Für Frieden und für Israel

Joe Biden zu Gast bei der J-Street-Tagung Foto: dpa

Fünf Jahre alt ist »J Street« jetzt, die linksliberale jüdische Lobbyorganisation in Washington, die sich in klarer Abgrenzung zum American Israel Public Affairs Committee (AIPAC) gegründet hat. AIPAC gilt im Zweifel als eher neokonservativ, J Street will dagegen jene Juden versammeln, die sich als links oder linksliberal verstehen.

Anfangs konnte man J Street mit guten Gründen für einen antizionistischen Wolf halten, der sich ein lammfrommes Friedensfell übergezogen hatte. Mittlerweile sind aber neben Schriftstellern wie Amos Oz so viele Knessetabgeordnete und hochrangige israelische Militärs auf Veranstaltungen von J Street in Washington aufgetreten, dass dieser Verdacht absurd erscheint. J Street ist nicht antiisraelisch, allerdings setzt sich diese Organisation entschieden für eine Zwei-Staaten-Lösung und eine Einigung mit den Palästinensern ein.

Redner Zu der diesjährigen Konferenz von J Street hatte sich unter anderem Joe Biden angemeldet, immerhin der amerikanische Vizepräsident. Aber er war nicht der interessanteste Gast. Viel aufschlussreicher war die Rede von Zipi Livni, die als Justizministerin im Kabinett der Regierung Netanjahu sitzt. Sie sagte vieles, was ihr Publikum mit einvernehmlichem Kopfnicken oder Applaus quittierte: dass es kein Gegensatz sei, für Israel und für den Frieden gleichzeitig zu sein, dass nur Zyniker von vornherein glaubten, dass Verhandlungen mit den Palästinensern scheitern müssen, und dass die Zukunft nicht den Zynikern gehöre, sondern jenen Realisten, die mit offenen Augen zu träumen wagten.

Doch dann kam ein Teil ihrer Rede, der zumindest Teilen ihres Publikums nicht so sehr behagte: »Auch nach einem Friedensvertrag wird (der Nahe Osten) eine raue, ungemütliche Gegend sein«, sagte die Politikerin. Sie forderte ihr Publikum auf, bei der Suche nach Frieden Israels Sicherheitsinteressen nicht zu vergessen.

Die Juden in der Diaspora, bei allen Meinungsverschiedenheiten, sollten in einem Punkt doch klar hinter Israel stehen: wenn es um die israelischen Streitkräfte gehe. »Keine Demokratie, kein Rechtssystem würde Tötung durch ein Versehen in einem Autounfall mit einem geplanten Mord gleichsetzen. Ich bin nicht gewillt, die Gleichsetzung zwischen einem Terroristen, der auf Schulkinder zielt, und einem israelischen Soldaten hinzunehmen, der sich gegen diesen Terroristen verteidigt.«

Palästinenser Ein zweiter Höhepunkt der Konferenz war ein Vortrag von Husam Zomlot, einem Palästinenser, der zu den Sprechern von Mahmud Abbas gehört. Er präsentierte acht Punkte, die er gern dem amerikanischen Außenminister John Kerry unterbreiten würde, ehe die nächste Verhandlungsrunde beginnt. Etwa: Fangen wir nicht wieder bei null an. Bestehen wir darauf, dass die Israelis sich an das bisher Vereinbarte halten – so sollte es einen Korridor geben, durch den die Palästinenser vom Gazastreifen ins Westjordanland gelangen können und umgekehrt. Ziehen wir bei den Verhandlungen einen Dritten hinzu – am liebsten wären Husam Zomlot die Europäer.

Am Schluss sagte er: »John Kerry sollte wissen, dass auch wir unsere roten Linien haben, nicht nur die Israelis.« Für die Palästinenser sei diese rote Linie die Grenze von 1967. Sie sei »sowohl das Maximum als auch das Minimum« dessen, was die palästinensische Seite zu geben bereit sei. Hinterher könne zwischen einem souveränen palästinensischen Nationalstaat und Israel über Grenzbegradigungen verhandelt werden, nicht aber vorher. Und das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge müsse im Prinzip anerkannt werden, auch wenn die meisten von ihnen sich mit einer Entschädigungszahlung abfinden lassen würden.

Anhand des Vortrags von Husam Zomlot konnte man sozusagen live erleben, warum Friedensverhandlungen mit den Palästinensern immer von Neuem zusammenbrechen. Interessant war auch, worüber bei dieser Konferenz von J Street nicht oder nur am Rande gesprochen wurde. Eine einzige Diskussionsrunde setzte sich unter dem Titel »Eine neue Chance für die Diplomatie?« mit dem Iran auseinander. Und nicht einer der Redner beschäftigte sich mit dem Bürgerkrieg in Israels Nachbarland Syrien, der bisher 100.000 Opfer gekostet hat und immer noch weitertobt, mit ungewissem Ausgang.

Meinung

Nemo unverbesserlich

Nemo gibt mit Rückgabe der ESC-Siegertrophäe auch Haltung ab. Statt Rückgrat zu zeigen, schwimmt das Schweizer Gesangswunder von 2024 im postkolonialen Strom mit

von Nicole Dreyfus  12.12.2025

Damaskus

Syriens Regierung erteilt erster jüdischer Organisation Lizenz

Mit Rabbiner Henry Hamras Stiftung »Jüdisches Erbe in Syrien« wird erstmals seit dem Ende der Assad-Dikatur wieder eine jüdische Organisation in dem arabischen Land aktiv sein

 11.12.2025

Museum

Auschwitz-Gedenkstätte zeigt neue Ausstellung

Mit einer neuen Ausstellung will die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau das Schicksal der Häftlinge des Konzentrationslagers zeigen

von Christiane Laudage  11.12.2025

USA

An der Columbia University war Theodor Herzl Antisemit

Ein Abschlussbericht zum Antisemitismus an der New Yorker Elite-Universität zeigt, wie tief die Israel- und Judenfeindlichkeit im Lehrplan verankert war

 11.12.2025

USA

Wer hat Angst vor Bari Weiss?

Sie gilt als eine der einflussreichsten konservativen Medienmacherinnen des Landes. Aber was will die neue Chefin von CBS News eigentlich?

von Sarah Thalia Pines  11.12.2025

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Nachruf

Gebäude wie Jazzmusik

Frank Gehry hat die Architektur tanzen lassen – was auch mit seinem Judentum zu tun hatte

von Johannes Sadek, Christina Horsten  10.12.2025

Hollywood

»Stranger Things« trotzt Boykottaufrufen

Während Fans den Start der letzten Staffel des Netflix-Hits feiern, rufen Anti-Israel-Aktivisten zur Ächtung der Serie auf

von Sophie Albers Ben Chamo  10.12.2025

Toronto

20 Mesuot aus Seniorenheim gestohlen

Die Polizei geht von einem Hassverbrechen aus

 09.12.2025