Terror

Die Rechtsextremen und der Bitcoin

Die Plattform Telegram Foto: imago images/imagebroker

Die radikale Rechte mag ideologisch rückwärtsgewandt sein – doch wenn es um Geld geht, ist sie technisch Avantgarde. Längst haben Proud Boys, Daily Stormer oder Identitäre Bewegung die Kryptowährung Bitcoin für sich entdeckt.

Auch sonst zeigt man sich in der Szene äußerst flexibel und technikaffin, so die Botschaft des virtuellen Events »Trends in Financing Far-Right Violent Extremism«, das vergangene Woche vom Jüdischen Weltkongress (WJC) in Zusammenarbeit mit der Ständigen Mission der Bundesrepublik Deutschland bei den Vereinten Nationen sowie dem Global Project Against Hate and Extremism ausgerichtet wurde.

Kryptowährungen »Gerade vor dem Hintergrund von mehr als 18 Monaten Pandemie gewinnt die Frage der Geldströme an Bedeutung und erweist sich als eine der großen Herausforderungen für alle, die sich mit der Terrorabwehr beschäftigen«, bringt Amber Weinber die Problematik auf den Punkt. »Früher finanzierten sich solche Netzwerke über Konzerte, Merchandise-Produkte oder Kampfsportveranstaltungen«, so die Fallmanagerin im Bereich Antisemitismusbekämpfung beim WJC. »Nun scheinen Kryptowährungen und Crowdfunding eine immer wichtigere Rolle zu spielen.«

Dabei ist rechte Gewalt schon für wenig Geld möglich, wie Bernd Heinze betont. »So hatte der Attentäter von Halle seine Waffe teilweise aus Kunststoffteilen mithilfe eines simplen 3D-Druckers hergestellt«, weiß der Referatsleiter Internationale Zusammenarbeit gegen Terrorismus im Auswärtigen Amt zu berichten. »Trotzdem braucht man Mittel, um Propaganda finanzieren oder überhaupt agieren zu können. Deshalb sollten wir wissen, woher diese stammen.« Und natürlich, welche Wege die Gelder nehmen – schließlich kennen Finanzströme keine nationalen Grenzen, weshalb internationale Kooperationen erfolgsentscheidend sind.

Längst haben Proud Boys, Daily Stormer oder Identitäre Bewegung die Kryptowährung Bitcoin für sich entdeckt.

Doch bereits da beginnen die Probleme. »So mangelt es an klaren und allgemein gültigen Definitionen, was überhaupt unter Rechtsextremismus verstanden werden soll.« Wichtig ist in diesem Kontext ebenfalls, dass man das gesamte Ökosystem von Rechtsextremen im Blick hat. Genau dafür plädiert Cynthia Miller-Idriss: »Aus kleinen Anbietern von Nazi-Kitsch oder T-Shirts mit den entsprechenden Hassbotschaften sind längst Unternehmen entstanden, die ein qualitativ hochwertiges Sortiment an Lifestyle-Produkten anbieten«, so die Direktorin am Polarization and Extremism Research and Innovation Lab an der American University in Washington.

Auch haben die Akteure ihr Geschäftsmodell diversifiziert. »Das beginnt bei Militaria und reicht über komplette Ausrüstungen für die sogenannte Prepperszene, die mit dem Zusammenbruch der Gesellschaftssysteme rechnet, bis hin zu Bio-Lebensmitteln.«

Crowdfunding Weil viele ihrer Akteure aus sozialen Netzwerken wie Facebook oder YouTube verbannt wurden und Paypal oder Amazon Pay als Finanzdienstleister oftmals nicht mehr infrage kommen, weichen sie auf Alternativen aus. »Vor allem Telegram mutierte zu einer Plattform, auf der Rechtsextreme weiterhin ungestört agieren können und ihr Crowdfunding organisieren«, erklärt Karim Zidan, der sich als investigativer Journalist schon länger mit diesen virtuellen und monetären Schattenreichen beschäftigt.

»Die antisemitische QAnon-Bewegung beispielsweise zählte dort bereits in manchen Gruppen über 100.000 Follower, bevor sie in der Pandemie dann einen größeren Bekanntheitsgrad erreichte.« Und Verschwörungstheoretiker wie Ali Alexander, der die »Stop the Steal«-Kampagne gegen US-Präsident Joe Biden ins Leben gerufen hat, trommelt auf BitClout, einer Mischung aus sozialem Netzwerk und Aktienbörse, auf der mit der Reputation der User gehandelt wird, Geld zusammen.

»Krypto-Spenden halten diese Milieus am Laufen«, lautet dazu die Einschätzung von Collin Almquist, einem Experten für Kryptowährungen. »Zugleich kann diese Abhängigkeit zu einem Problem werden, weil Bitcoins starken Schwankungen unterliegen.«

Aber auch die Ermittler und Sicherheitsexperten stehen deshalb vor einer Herausforderung. »Es ist schwer in konkreten Zahlen zu sagen, wie viel Geld Rechtsex­tre­me wirklich zur Verfügung haben.«

Japan

Jüdisch in Fernost

Etwa 1500 Juden sind im Land der aufgehenden Sonne zu Hause. Koscheres Leben ist schwierig. Und sogar hier hat sich seit dem 7. Oktober 2023 einiges verändert

von Eugen El  01.05.2025

Bern

Schweizer Juden reagieren auf Verbot der Terrororganisation Hamas

Deutschland hat die Terrororganisation schon kurz nach dem Angriff vom 7. Oktober 2023 verboten. Die Schweiz zieht jetzt erst nach

 30.04.2025

Großbritannien

Nike hat es »nicht böse gemeint«

Der Sportartikel-Konzern hing zum London Marathon ein Banner auf, das aus Sicht von Kritikern die Schoa lächerlich gemacht hat. Jetzt hat sich das Unternehmen entschuldigt.

 29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025

Sport

Nach Anti-Israel-Eklat: Jetzt sprechen die Schweizer Fechter

Bei der Nachwuchs-EM der Fechterinnen und Fechter kommt es in Estland zu einer viel diskutierten Szene. Nun haben sich die verantwortlichen Schweizer erklärt

 28.04.2025

Fecht-EM

Schweizer Fechter schauen bei israelischer Hymne demonstrativ weg

Nachdem die U23-Mannschaft der Schweizer Fechter gegen Israel protestierte, äußert sich nun der Schweizer Fechtverband und verurteilt den Vorfall

von Nicole Dreyfus  28.04.2025

Großbritannien

Israelfeindliche Aktivisten stören London-Marathon

Mitten im London-Marathon kommt es zu einer Protestaktion gegen Israel. Zwei Aktivisten springen auf die Strecke und streuen rotes Pulver

 27.04.2025

Essay

Wir gehen nicht allein

Zum ersten Mal hat unsere Autorin mit dem »Marsch der Lebenden« das ehemalige KZ Auschwitz besucht. Ein Versuch, das Unvorstellbare in Worte zu fassen

von Sarah Maria Sander  27.04.2025

Frankreich

Serge Klarsfeld: »Wir müssen vorbereitet sein«

Der Holocaust-Überlebende und Nazi-Jäger hat in »Le Figaro« einen dringenden Appell veröffentlicht und erneut für rechte Parteien geworben. Das Judentum sei bedrohter denn je, glaubt er

 25.04.2025