Kol Ha’am

»Ein jüdisches Davos«

»Die größte Bedrohung für das jüdische Volk kommt von innen«: Israels Präsident Isaac Herzog Foto: Flash90

Kol Ha’am

»Ein jüdisches Davos«

Israels Präsident Herzog ruft eine Initiative ins Leben, die die Kluft zwischen dem jüdischen Staat und der Diaspora überbrücken soll

von Tobias Kühn  29.04.2023 23:58 Uhr

Seit Monaten sind weite Teile der jüdischen Diaspora in Sorge über die politische Entwicklung in Israel. Israels Präsident Isaac Herzog hat nun eine Initiative angekündigt, um die große Kluft zwischen der Diaspora und Israel zu überbrücken.

Auf der Generalversammlung der Jewish Federation of North America kündigte Herzog am Sonntag vor rund 3000 Zuhörern in der Expo Tel Aviv an, er werde eine Initiative mit dem Namen »Kol Ha’am« (Stimme des Volkes) ins Leben rufen: eine überparteiliche und unpolitische Initiative für einen weltweiten jüdischen Dialog.

Laut israelischen Medienberichten sagte Herzog, »Kol Ha’am« solle ein Forum sein, das das gesamte Spektrum jüdischer Stimmen aufnehmen und widerspiegeln könne, »ein Ort, an dem wir ernsthafte, sensible und strategische Diskussionen über die komplexesten und dringlichsten Fragen unseres Volkes führen«. Dieser »globale Rat für den jüdischen Dialog« werde »ernsthafte und strategische Diskussionen über die Herausforderungen führen, denen sich das jüdische Volk gegenübersieht, und mich dabei beraten«, erklärte Herzog und nannte seine Initiative »ein jüdisches Davos«.

Entfremdung Herzog betonte, dass die größte Bedrohung für das jüdische Volk »von innen kommt: unsere eigene Polarisierung und Entfremdung voneinander«. Israelischen Medien zufolge bedauert er, dass sich das jüdische Volk »in einigen der wichtigsten Fragen nicht einigen« kann. »Was aber noch schlimmer ist: Wir sind oft nicht einmal in der Lage, darüber zu diskutieren. (…) Das entscheidende Netz der Verbundenheit – das Gefühl eines gemeinsamen Ziels und Schicksals, das unser Volk seit Jahrtausenden getragen hat – scheint sich zu lockern.«

Viele junge Juden in der Diaspora hätten keinen Bezug mehr zu Israel, beklagte Herzog am Sonntag bei der Generalversammlung. Er vermisse den »verbindenden Faden, der unser Volk durch die turbulenten Veränderungen des letzten Jahrhunderts geeint hat«. Die Initiative »Kol Ha’am« solle aus diesem Grunde auch ein Ort sein, »an dem wir die nächste Generation jüdischer Führungskräfte heranziehen«.

Der Vorsitzende der Jewish Agency, Doron Almog, sagte, die Debatten der vergangenen Monate »haben gezeigt, wie zerbrechlich unsere Einheit sein kann und wie hart man arbeiten muss, um sie zu erhalten«.

Bei der Generalversammlung sollte am Sonntagabend auch Israels Premier Benjamin Netanjahu sprechen. Sein Büro sagte jedoch den Auftritt kurzfristig ab und begründete dies mit »Planungsproblemen und Vorbereitungen für den Gedenktag und die Feiern des Unabhängigkeitstags«. Beobachter bezeichneten dies als »Ausrede« und erklärten, Netanjahu habe sich offenbar vor Protesten gefürchtet.

Berlin

Prozess um Attentat am Holocaust-Mahnmal fortgesetzt

Das überlebende Opfer, der 31-jährige spanische Tourist Iker M., wollte am Mittwoch persönlich vor dem Kammergericht aussagen

 03.12.2025

Sydney

Jüdische Organisationen prangern »Geißel« Antisemitismus an

Im Fokus steht dieses Mal Australien. Es ist Gastgeber einer Konferenz der internationalen jüdischen Initiative »J7«. Sie stellt Zahlen zu Judenhass auf dem Kontinent vor - und spricht von historischen Höchstständen

von Leticia Witte  02.12.2025

New York

Das sind die Rabbiner in Mamdanis Team

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger hat Mamdani keinen Ortodoxen in seine Übergangsausschüsse berufen – eine Lücke, die bereits im Wahlkampf sichtbar wurde

 02.12.2025

Dänemark

Männer sollen 760.000 Euro für die Hamas gesammelt haben

Am Dienstagmorgen nahm die Polizei einen 28-Jährigen fest. Sein mutmaßlicher Komplize sitzt bereits in U-Haft

 02.12.2025

Italien

Francesca Albanese und ihre »Mahnung« an die Presse

In Turin wurden die Redaktionsräume von »La Stampa« von Demonstranten verwüstet. Die Reaktion der UN-Sonderbeauftragten für die Palästinensergebiete verstörte viele

von Michael Thaidigsmann  02.12.2025

Jüdisches Leben im Libanon

Noch immer hat Beirut eine Synagoge, aber die Gläubigen nehmen ab

Einst war Libanon ihr Zufluchtsort, dann kam der Bürgerkrieg, und viele gingen. Doch nach wie vor gehören Juden zu den 18 anerkannten Religionsgruppen im Libanon - auch wenn nur noch wenige im Land leben

von Andrea Krogmann  02.12.2025

Bereit fürs ICZ-Präsidium: Noëmi van Gelder, Arthur Braunschweig und Edi Rosenstein (v.l.n.r.)

Interview

»Meinungsvielfalt gilt es auszuhalten« 

Am 8. Dezember wählt die Gemeindeversammlung der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich ein neues Präsidium. Ein Gespräch mit den Kandidaten über Herausforderungen an die Gemeinde, Grabenkämpfe und Visionen

von Nicole Dreyfus  01.12.2025

Italien

Der Anti-Banksy

AleXsandro Palombo unterstützt mit seiner Kunst Israel, anstatt es zu verdammen

von Federica Matteoni  01.12.2025

Haifa

Nach abgesagter Auktion: Holocaust-Zeugnisse jetzt in Israel

Die geplante Versteigerung von Holocaust-Zeugnissen in Deutschland hatte für große Empörung gesorgt. Nun wurden viele der Objekte nach Israel gebracht und sollen dort in einem Museum gezeigt werden

von Sara Lemel  01.12.2025