Argentinien

Die Iran-Connection

Ex-Präsidentin Cristina Kirchner Foto: imago/Xinhua

Argentinien

Die Iran-Connection

Im Zuge der Aufklärung des AMIA-Attentats muss die frühere Präsidentin Cristina Kirchner jetzt vor Gericht

von Victoria Eglau  12.03.2018 20:07 Uhr

Es ist fünf Jahre her, dass Argentiniens Außenminister Héctor Timerman und sein iranischer Kollege Ali Akbar Salehi ein Memorandum unterzeichneten. Darin er­klärten sie, man wolle bei der Aufklärung des Anschlags auf das jüdische Gemeindezentrum AMIA 1994 in Buenos Aires kooperieren. Bei dem Attentat waren 85 Menschen ums Leben gekommen.

Argentiniens Öffentlichkeit reagierte damals, im Januar 2013, überrascht. Schließlich machte die argentinische Justiz seit Langem die iranische Regierung dafür verantwortlich, hinter dem Attentat zu stecken. Jahr für Jahr hatten die Präsidenten Néstor und Cristina Kirchner diese Anschuldigung vor der UN-Vollversammlung in New York wiederholt – und nun wollte Cristina Kirchners Regierung plötzlich mit Teheran zusammenarbeiten?

funktionäre Jetzt müssen Cristina Kirchner, ihr damaliger Außenminister Timerman und weitere argentinische Ex-Funktionäre und Politiker wegen ihrer Abmachung mit der iranischen Regierung auf der Anklagebank Platz nehmen. Bundesrichter Claudio Bonadío bezichtigt sie eines »kriminellen Plans« und hat formell die Eröffnung eines Gerichtsprozesses beantragt.

Nach dem Willen Bonadíos müsste Kirchner in Untersuchungshaft, aber die Ex-Präsidentin ist seit Dezember Senatorin und genießt politische Immunität. Im Senat gibt es derzeit keine Mehrheit, um Kirchners Immunität aufzuheben.

Richter Bonadío nimmt mit seinem Verfahren gegen Kirchner und Co. den Vorwurf des vor drei Jahren tot aufgefundenen AMIA-Sonderermittlers Alberto Nisman auf. Der hatte im Januar 2015 wegen des argentinisch-iranischen Memorandums Klage gegen die Präsidentin eingereicht. Er warf ihrer Regierung einen Pakt mit Teheran vor, dessen Ziel die Aufhebung der internationalen Haftbefehle von Interpol gegen iranische Funktionäre gewesen sei.

handelsbeziehungen Irans Verantwortung für den Anschlag auf die AMIA habe verschleiert und die Ermittlungen der argentinischen Justiz behindert werden sollen. Nisman vertrat auch die Auffassung, Kirchners Regierung sei es darum gegangen, die Handelsbeziehungen mit dem Iran wiederzubeleben.

Einen Tag, bevor er seine Vorwürfe vor einer Parlamentskommission erläutern sollte, wurde der Staatsanwalt im Badezimmer seiner Wohnung in Buenos Aires mit einer Kugel im Kopf tot aufgefunden. Bis heute weiß man nicht genau, ob es Mord oder Selbstmord war.

Cristina Kirchner weist die Vorwürfe gegen sie und ihre Regierung energisch zurück, sie seien »falsch« und »willkürlich«. Kirchner und Timerman haben stets argumentiert, das mit Teheran unterzeichnete Memorandum habe Bewegung in die festgefahrenen Ermittlungen zum AMIA-Attentat bringen sollen. Diese traten in der Tat jahrelang auf der Stelle.

2013 wurde das Memorandum vom argentinischen Kongress ratifiziert, aber im Jahr darauf erklärte es die Justiz auf Ersuchen der AMIA und des Dachverbands jüdischer Organisationen DAIA (Delegación de Asociaciones Israelitas Argentinas) für verfassungswidrig.

Nebenkläger Dass Kirchner, Timerman und andere sich nun vor Gericht verantworten müssen, hatten die DAIA und ein Teil der Angehörigen der AMIA-Anschlagsopfer gefordert. Luis Czyzewski und Mario Averbuch, deren Töchter Paola und Yanina bei dem Attentat getötet wurden, treten in dem Prozess als Nebenkläger auf. Doch zwischen den Angehörigen herrschen erhebliche Differenzen.

Eine andere Gruppe hat sich mit Timerman solidarisiert. Einige besuchten den jüdischen Ex-Außenminister im Janu­ar sogar zu Hause und ließen sich mit ihm fotografieren. Richter Claudio Bonadío warfen sie vor, keinerlei Beweise für seine Anschuldigungen zu haben.

Russland

Die Angst vor den Worten

Alla Gerber ist mit 93 Jahren immer noch eine gewichtige Gegenstimme in Putins Reich. Ein Besuch bei der Moskauer Journalistin und Publizistin

von Polina Kantor  28.08.2025

Shlomo Graber anlässlich eines Vortrags in einer Schule in Rosenheim im Jahr 2017.

Nachruf

Der Junge mit der Nummer 42649

Mit Shlomo Graber ist einer der letzten Holocaust-Überlebenden der Schweiz im Alter von 99 Jahren verstorben

von Nicole Dreyfus  27.08.2025

Atlanta

Woody Allen verteidigt Auftritt bei Moskauer Filmfestival

In einem CNN-Interview legt der Regisseur und Schauspieler dar, warum er an dem russischen Event teilnahm

 27.08.2025

Cerro Pachón

Vera Rubin Observatory startet wissenschaftliche Mission  

Die nach einer jüdischen Wissenschaftlerin benannte Sternwarte auf einem Berg in Chile läutet eine neue Ära der Astronomie ein

von Imanuel Marcus  27.08.2025

Paris

Wegen Brief zu Antisemitismus: Frankreich bestellt US-Botschafter ein

Weil er den französischen Behörden Versäumnisse im Vorgehen gegen Judenhass vorgeworfen habe, soll Charles Kushner heute im Außenministerium erscheinen

 25.08.2025

Frankreich

Freizeitpark-Chef verwehrt israelischen Kindern den Zutritt

Der Betreiber des Parks hatte 150 israelische Kinder weggeschickt. Nun wurde er wegen Diskriminierung angeklagt. Ihm drohen bis zu fünf Jahre Haft

 24.08.2025

Literatur

Vitaler Verteidiger der Freiheit

Zu seinem 96. Geburtstag beschenkt der wachsame Jahrhundertzeuge Paul Lendvai seine Leser mit einem neuen Buch

von Marko Martin  24.08.2025

Norwegen

Die nördlichste Synagoge der Welt

In Trondheim feiert die Gemeinde ihr hundertjähriges Bethaus. Zum Glück ist die Schabbat-Frage schon lange geklärt

von Elke Wittich  24.08.2025

Raubkunst

Drei Millionen Franken für Bührle-Stiftung

Die Stadt Zürich beantragt Kredit für vertiefte Provenienzforschung der Sammlung Bührle

 22.08.2025