Frankreich

»Der einzige Kandidat«

Will in den Élysée-Palast einziehen: Ex-Premier Manuel Valls Foto: dpa

Die meisten Politiker der Sozialistischen Partei (PS) sind bei vielen Juden in Frankreich als wenig israelfreundlich, wenn nicht gar antijüdisch verschrien. Große Ausnahme ist François Hollandes früherer Premierminister Manuel Valls. Der 54-Jährige erklärte vergangene Woche, er wolle für das Präsidentenamt im Mai 2017 kandidieren.

Was das Urteil über den gebürtigen Spanier betrifft, sind sich die traditionell mehrheitlich eher rechtskonservativ wählenden Juden mit den Linksintellektuellen einig. Zu Letzteren gehört der von der amtierenden sozialistischen Regierung enttäuschte Pariser Filmemacher Isy Morgensztern. Er erklärte kürzlich: »Valls ist bei diesem Rennen nicht mein bevorzugter Kandidat, sondern der einzige!«

Favorit Was aber macht Hollandes ehemalige rechte Hand zum Favoriten der jüdischen Wähler? Wie ist es ihm gelungen, selbst Hollandes Vorgänger, den für seine islamkritische Haltung geschätzten Republikaner Nicolas Sarkozy, an Beliebtheit zu übertreffen?

Es ist allgemein bekannt – von seinen Gegnern wird diese Tatsache gern als Befangenheit ausgelegt –, dass »Manu« mit der jüdischen Geigerin Anne Gravoin (51) verheiratet ist. Ihre Familie flüchtete vor dem Stalinismus in der Moldawischen Sowjetrepublik.

Valls wird nicht müde, in seinen Ansprachen zu betonen: »Ich bin dem Staat Israel, dem Volk meiner Frau und der jüdischen Gemeinschaft auf ewig verbunden.« Er scheut sich als einer der wenigen nicht, Antizionismus als eine Spielart von Antisemitismus zu bezeichnen. Und nach dem Anschlag auf einen koscheren Supermarkt in Paris Anfang 2015 appellierte er an die französischen Juden: »Ohne euch ist Frankreich nicht mehr Frankreich!«

Hürden Bis zur Kandidatur muss Valls jedoch noch drei nicht eben niedrige Hürden überwinden: Bei den Vorwahlen Ende Januar treten zahlreiche Konkurrenten vom linken PS-Flügel gegen ihn an. Außerdem muss er Abtrünnige wie den früheren Wirtschaftsminister Emmanuel Macron gewinnen, der selbst für das Amt des Präsidenten kandidiert.

Die größte Hürde aber wird die erste Wahlrunde Ende April sein, bei der es vor allem gilt, sich gegen die Front-National-Chefin Marine Le Pen durchzusetzen. Ihr werden derzeit rund 25 Prozent der Stimmen vorausgesagt. Ihren Sieg zu verhindern, ist eines der Hauptziele der meisten jüdischen Wähler.

TV-Tipp

TV-Premiere: So entstand Claude Lanzmanns epochaler Film »Shoah«

Eine sehenswerte Arte-Dokumentation erinnert an die bedrückenden Dreharbeiten zu Claude Lanzmanns Holocaust-Film, der vor 40 Jahren in die Kinos kam

von Manfred Riepe  21.11.2025

USA

Zwölf Familien, eine Synagoge

Die meisten Juden in Nordamerika leben in Großstädten, auf dem Land gibt es nur wenige Gemeinden – aber gerade dort wächst eine besonders starke Identität. Ein Besuch in der Kleinstadt Rome im Bundesstaat Georgia

von Katja Ridderbusch  21.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  21.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  21.11.2025

Judenhass

»Wir wollen keine Zionisten«: Mamdani reagiert auf antisemitische Kundgebung vor Synagoge

Die Teilnehmer schrien unter anderem »Tod den IDF!« und »Globalisiert die Intifada!«

von Imanuel Marcus  21.11.2025 Aktualisiert

New York

Neonazi wollte als Weihnachtsmann jüdische Kinder mit Süßigkeiten vergiften

Der Antisemit soll zudem »Interesse an einem Massengewaltakt« gezeigt und Anleitungen zum Bau von Bomben geteilt haben. Nun wird er angeklagt

 21.11.2025

Philosophie

Hannah Arendt und die Freiheit des Denkens

Die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts waren ihr Lebensthema. Sie sah ihre Aufgabe als politische Denkerin darin, die Welt und die Menschen zu verstehen. Die politische Theoretikerin starb vor 50 Jahren

von Jürgen Prause  20.11.2025

Russland

Der Vater der israelischen Rüstungsindustrie

Emanuel Goldberg war ein genialer Erfinder in der Weimarer Republik. Die Nazis sorgten dafür, dass er in Europa vergessen wurde. Doch bis heute macht der Mann aus Moskau Israel sicherer

von Leif Allendorf  20.11.2025

New York

Rekordpreis für »Bildnis Elisabeth Lederer« bei Auktion

Bei den New Yorker Herbstauktion ist wieder ein Rekord gepurzelt: Ein Klimt-Gemälde wird zum zweitteuersten je versteigerten Kunstwerk – und auch ein goldenes Klo wird für einen hohen Preis verkauft

von Christina Horsten  19.11.2025