Interview

»Das halten wir für unerträglich«

Herr Efrati, Sie haben vergangene Woche in Rom ein internationales Symposium veranstaltet, bei dem es um Krankheiten ging, die nach Nazi-Ärzten benannt sind. Wie kamen Sie auf dieses Thema?
Ich war vor drei Jahren in Kopenhagen bei einer Bioethik-Konferenz, die mich sehr bewegt hat. Als ich nach Rom zurückkehrte, sprach ich mit dem damaligen Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde, Riccardo Pacifici. Wir hielten es beide für unerträglich, dass es Krankheiten gibt, die nach Nazi-Ärzten benannt sind. Das wollen wir unbedingt ändern.

Sind Sie bei der Organisation des Symposiums auf Widerstände gestoßen?
Nein. Als der Dekan der La-Sapienza-Universität Rom die jüdische Gemeinde besuchte, erzählte ich ihm von unserem Projekt. Er zeigte sich sehr aufgeschlossen und bot gleich Hilfe an. Und so kam es, dass die Uni, die jüdische Gemeinde und das Israelitische Krankenhaus, in dem ich arbeite, das Symposium gemeinsam vorbereiteten. Wir luden Rabbiner, Ärzte, Soziologen, Medizinhistoriker und Wissenschaftsphilosophen als Referenten ein. Insgesamt kamen rund 100 Teilnehmer aus ganz Italien sowie zwei Wissenschaftler aus Israel.

Waren auch Teilnehmer aus Deutschland dabei?

Leider nicht. Wir haben monatelang versucht, Experten einzuladen. Aber trotz mehrfachen Bittens lehnten sie ab.

Warum werden Krankheiten überhaupt nach Personen benannt?
Man möchte damit Mediziner ehren, die diese Krankheiten erstmals beschrieben haben. Und manchmal helfen die Namen den Studenten, die Forschung in ihren historischen Kontext einzuordnen. Einige dieser Namen sind auch Laien sehr bekannt, zum Beispiel Alzheimer, Parkinson oder Morbus Crohn.

Welche Namen möchten Sie ändern?

Es handelt sich um etwa 15 Krankheiten. Zu den bekanntesten gehören Morbus Wegener und das Reiter-Syndrom. Sie alle sind nach Ärzten benannt, die im Laufe ihrer Karriere unethische, wenn nicht gar mörderische Verfahren angewendet haben. Wir sprechen hier nicht von bloßen Sympathisanten des NS-Regimes, sondern von Medizinern, die mit Menschenversuchen im KZ zu tun hatten: Einer von ihnen war zum Beispiel der österreichische Internist Hans Eppinger, der, um die Trinkbarkeit von Meerwasser zu untersuchen, im KZ Dachau an Häftlingen grausame Experimente durchführte.

Wie ändert man einen Krankheitsnamen?

Das ist ein langwieriges Verfahren. Um etwa das Reiter-Syndrom umzubenennen, müssten die La-Sapienza-Universität und das Israelitische Krankenhaus die italienische Gesellschaft für Rheumatologie bitten, sich an den europäischen Rheumatologenverband zu wenden, der die Angelegenheit auf die internationale Ebene bringen kann. Dieses Prozedere wäre für jede einzelne Krankheit nötig.

Mit dem Rabbiner und Arzt am Israelitischen Krankenhaus in Rom sprach Daniel Mosseri.

Damaskus

Syriens Regierung erteilt erster jüdischer Organisation Lizenz

Mit Rabbiner Henry Hamras Stiftung »Jüdisches Erbe in Syrien« wird erstmals seit dem Ende der Assad-Dikatur wieder eine jüdische Organisation in dem arabischen Land aktiv sein

 11.12.2025

Museum

Auschwitz-Gedenkstätte zeigt neue Ausstellung

Mit einer neuen Ausstellung will die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau das Schicksal der Häftlinge des Konzentrationslagers zeigen

von Christiane Laudage  11.12.2025

USA

An der Columbia University war Theodor Herzl Antisemit

Ein Abschlussbericht zum Antisemitismus an der New Yorker Elite-Universität zeigt, wie tief die Israel- und Judenfeindlichkeit im Lehrplan verankert war

 11.12.2025

USA

Wer hat Angst vor Bari Weiss?

Sie gilt als eine der einflussreichsten konservativen Medienmacherinnen des Landes. Aber was will die neue Chefin von CBS News eigentlich?

von Sarah Thalia Pines  11.12.2025

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Nachruf

Gebäude wie Jazzmusik

Frank Gehry hat die Architektur tanzen lassen – was auch mit seinem Judentum zu tun hatte

von Johannes Sadek, Christina Horsten  10.12.2025

Hollywood

»Stranger Things« trotzt Boykottaufrufen

Während Fans den Start der letzten Staffel des Netflix-Hits feiern, rufen Anti-Israel-Aktivisten zur Ächtung der Serie auf

von Sophie Albers Ben Chamo  10.12.2025

Toronto

20 Mesuot aus Seniorenheim gestohlen

Die Polizei geht von einem Hassverbrechen aus

 09.12.2025

Frankreich

Aus Judenhass Gift ins Essen gemischt?

In Nanterre läuft der Prozess gegen eine 42-jährige Algerierin. Sie wird beschuldigt, während ihrer Tätigkeit als Kindermädchen bei einer jüdischen Familie Lebensmittel und Kosmetika absichtlich mit Seife und Haushaltsreiniger vermischt zu haben

 09.12.2025