Ukraine/Rumänien

Damals in Czernowitz

Synagoge in Czernowitz Foto: ullstein bild - Imagno

»Ungehörte Bukowiner«, unter diesem Titel hat am Augsburger Bukowina-Institut ein Oral-History-Projekt mit deutschsprachigen Juden in Österreich und in der Bundesrepublik begonnen. Das Institut gibt es seit mehr als 30 Jahren, seit 2003 ist es der Universität Augsburg angegliedert.

Den Besucher empfängt eine einführende Dauerausstellung mit Stellwänden und Schaukästen, dahinter dann die ruhige Bibliothek, drum herum einige Büroräume. In einem davon arbeitet Franziska Pohlmann (25). Sie ist wissenschaftliche Hilfskraft und leitet das Projekt über die »ungehörten Bukowiner«.

»Diesen Ausdruck haben wir sehr bewusst für Juden und Jüdinnen aus der Bukowina und ihre Angehörigen gewählt«, sagt sie. Im Gegensatz zu den »Bukowina-Deutschen«, einer Gruppe, die per Definition gar nicht so leicht zu fassen ist, die aber im Großen und Ganzen eine deutschsprachige Volksgruppe bezeichnet, die in der Bukowina – einem Gebiet zwischen Rumänien und der Ukraine – zu Hause gewesen ist. In der Folge des Hitler-Stalin-Pakts von 1939 wurde dieses Stück Land von der Sowjetunion besetzt. Die »Bukowina-Deutschen« wurden umgesiedelt ins Deutsche Reich.

Schoa Mit den deutschsprachigen jüdischen Bu­kowinern (in Czernowitz, der Hauptstadt der Bukowina, machte die jüdische Bevölkerung 1910 über 30 Prozent aus), die sich ebenfalls als Zugehörige der deutsch-österreichischen Kultur verstanden, hatte die NS-Politik anderes vor. Sie wurden in die Sowjetunion deportiert. Dann, 1941, als sich rumänische Truppen mit Unterstützung deutscher SS-Einheiten die Macht über die gesamte Bukowina zurückholten, wurden die Juden in Ghettos festgehalten und von dort aus nach Transnistrien deportiert. Nur wenige der rund 280.000 jüdischen Einwohner der Bukowina überlebten die Schoa. Einige kehrten zurück, manche wanderten nach Israel oder in andere Länder aus.

»Bis heute fehlt die Erzählung der Bukowiner Juden und Jüdinnen«, sagt Pohlmann, »das müssen wir unbedingt nachholen. Dafür suchen wir Menschen. Mit diesem Projekt wollen wir den Juden der Bukowina eine Stimme gegeben.«

Zum genauen Vorgehen erklärt sie: »Wir möchten die Menschen, die der ›Erlebnisgeneration‹ angehören und mittlerweile ein hohes Alter erreicht haben, über ihre Kindheit in der alten Heimat erzählen lassen, über den Alltag dort, ihre Familie, über die Geschichte ihrer Vertreibung oder Deportation.«

Zu dem Projekt gehörten aber unbedingt auch die Erzählungen von Nachgeborenen, fügt Pohlmann hinzu. »Selbst wenn manche befürchten, nur wenig oder gar nichts berichten zu können, erinnern sie im Gespräch häufig Aspekte, die in dieser Form bislang noch nie festgehalten wurden.« Erste Gespräche sollen demnächst beginnen. Feste Zusagen hat Franziska Pohlmann bisher von fünf Menschen in Wien und Düsseldorf. »Aber wir brauchen mehr!« In der Regel werde sie, wenn das »für die Leute okay ist«, zu diesen nach Hause kommen, »in die gewohnte, sichere Umgebung«.

Setting Ein Interview dauere im Durchschnitt zwei bis drei Stunden, »aber wir sind da sehr offen«. Das Interviewmaterial werde dann transkribiert, verschlagwortet und archiviert, sodass es der Forschung zur Verfügung gestellt werden kann. Hauptquelle sollte aber auf jeden Fall die Audiodatei, das gesprochene Interview, sein und bleiben. Am Ende gehe es ja um die persönliche »Wahrnehmungsgeschichte«.

Das Forschungsvorhaben ist ein Drittmittelprojekt, das vom »Haus des Deutschen Ostens« in München gefördert wird. Laufen wird es erst einmal bis Ende dieses Jahres. »Aber wir rechnen fest mit einer Verlängerung und hoffen, dass wir viele Menschen finden, die mitmachen«, sagt Pohlmann.

Weitere Informationen unter: Telefon 0821/577067 oder E-Mail: info@bukowina-institut.de

Kiew

Bargeldberge, Geschäfte und Liebschaften auf Russisch 

Eingeschweißtes Bargeld aus US-Notenbanken, Liebe unter Ministern, heimlicher Hauskauf im Ausland und alles in der falschen Sprache. Die Korruption in der Ukraine bietet Stoff für einen Thriller

von Andreas Stein  14.11.2025

Award

Sarah Jessica Parker erhält Golden-Globe-Ehrenpreis

Die Schauspielerin soll für besondere Verdienste um das Fernsehen ausgezeichnet werden

 14.11.2025

Tel Aviv

Noa Kirel und Daniel Peretz heiraten mit »kleiner Feier«

Die Sängerin und der HSV-Torwart standen in Jaffa unter großen Sicherheitsvorkehrungen unter der Chuppa

von Nicole Dreyfus  13.11.2025

Ausstellung

Avantgardistin der Avantgarde

Berthe Weill förderte nicht nur die moderne Kunst der Jahrhundertwende, als Galeristin war sie selbst eine Schlüsselfigur. Eine Ausstellung in Paris ehrt die Pionierin

von Sabine Schereck  13.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  11.11.2025 Aktualisiert

Zürich

Goldmünze von 1629 versteigert

Weltweit existieren nur vier Exemplare dieser »goldenen Giganten«. Ein Millionär versteckte den Schatz jahrzehntelang in seinem Garten.

von Christiane Oelrich  11.11.2025

USA

Mehrgewichtig, zionistisch und stolz

Alexa Lemieux ist Influencerin in den sozialen Medien und zum Vorbild für viele junge jüdische Frauen geworden

von Sarah Thalia Pines  11.11.2025

Prag

Der Golem-Effekt

Seit mehr als fünf Jahrhunderten beflügelt das zum Schutz der Juden geschaffene Wesen aus Staub und Worten die Fantasie. Ein Blick zurück mit Büchern, Filmen und den »Simpsons«

von Sophie Albers Ben Chamo  11.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025