Peru

Challe aus Lima

Blick auf die Pazifikküste und Perus Hauptstadt Lima Foto: Getty Images/iStockphoto

Die peruanische Küche gilt als eine der besten der Welt. Sie vereint afrikanische, asiatische und europäische Traditionen. Jüdische Einflüsse fehlen in der Aufzählung – doch Limas einzige jüdische Bäckerei macht die Peruaner mit jüdischen Speisen bekannt und hat nebenbei die junge Inhaberin mit der jüdischen Community Perus versöhnt. Denn Deborah Trapunsky Epstein und ihre Familie waren nicht immer Teil der Gemeinde, erzählt sie. Wie viele südamerikanische Juden stammt die Familie überwiegend aus Osteuropa.

Bis 1998 lebten die Trapunskys in Chile in bescheidenen Verhältnissen. Auf der Suche nach einem besseren Leben gingen sie nach Peru. Deborah war damals fünf. Eltern, Geschwister, Cousins und Cousinen, Tanten und Onkel – alle wohnten in Lima unter einem Dach. Im Gespräch mit der Jewish Telegraphic Agency (JTA) erinnert sich Deborah Trapunsky gern an diese Zeit, aber auch daran, wie sich ihre Familie unter den Juden Limas als Ausgestoßene fühlte.

akzeptanz Die jüdische Gemeinde in Perus Hauptstadt mit ihren rund 2000 Mitgliedern gilt als recht wohlhabend, die Trapunskys aber waren mit fast nichts nach Peru gekommen. Sie mussten von vorn anfangen und um Akzeptanz kämpfen. Deborah verbrachte einen Großteil ihrer Kindheit mit dem Gefühl, wie sie sagt, keinen Platz in der sehr traditionellen Gemeinde zu haben.

Wie so viele stammt auch ihre Familie aus Osteuropa.

»Die jüdische Gemeinde hier ist sehr verschlossen. Als meine Familie in Peru ankam, hatten wir kein Geld (…). Ich war noch sehr jung, aber ich weiß noch, wie schwer es für meine Familie war, in einer Gemeinschaft zu leben, die sie nicht willkommen hieß«, berichtet Trapunsky. »Obwohl ich immer dankbar dafür war, Jüdin zu sein, und für die jüdische Gemeinschaft hier, habe ich immer auch ein wenig Groll empfunden.«

Nach ihrem Abschluss an Perus einziger jüdischer Schule studierte sie Architektur und tauchte an der Uni in die nichtjüdische Welt ein. Wie sie bald feststellte, wissen die meisten Peruaner nur wenig über das Judentum. Und dieses sehr geringe Wissen beruht zudem meist auf Stereotypen. Trapunsky versuchte, ihr Umfeld über jüdische Feiertage, Traditionen und Speisen aufzuklären.

Dadurch fühlte sie sich jüdischer als je zuvor. »Der Austausch mit Freunden über meine Kultur hat mir geholfen, herauszufinden, was mir ein jüdisches Gefühl gibt. Als ich nur Zeit mit anderen Juden verbrachte, verlor ich die Fähigkeit, mich selbst zu identifizieren, indem ich mich mit anderen verglich«, sagt sie. »Aber das Eintauchen in die säkulare Welt Perus gab mir die Möglichkeit, mich mit meinem Judentum auf eine ganz andere Weise zu verbinden.«

ZUFALL Dass es ihre Bestimmung wurde, »Menschen durch Essen miteinander zu verbinden«, war dann aber einem Zufall geschuldet. »Ich hatte 2015 mein Studium abgeschlossen und wollte mich voll und ganz meiner Abschlussarbeit widmen, um mich als Architektin zu qualifizieren«, erzählte Trapunsky.

Am Vorabend von Weihnachten 2016 aber backte sie Challe, was traditionell am Schabbat und an Feiertagen gebacken wird, für eine christliche Freundin, die das Hefegebäck ihrem Freund schenken wollte. In einem Facebook-Post fragte Trapunsky, ob auch andere Freunde an einer Challe für ihr Weihnachtsessen interessiert wären. Die Resonanz war überwältigend! Trapunsky erhielt fast 100 Bestellungen.

In der kleinen Küche ihrer Eltern knetete sie den Teig und legte die noch ungebackenen Challot zum Aufgehen in den restlichen Räumen der winzigen Wohnung aus. Als sie gebacken waren, verpackte sie die Hefezöpfe. Während die meisten ihrer Freunde mit ihren Familien Weihnachten feierten, lieferte Trapunsky in Lima Challot aus. Kurz darauf fasste sie den Plan, aus der unerwarteten Resonanz ein Geschäft zu machen.

Ihre erste Challe backte sie vor sieben Jahren für eine christliche Freundin.

Das nannte sie »Oh-jalá« – ein kleines Wortspiel, denn »ojala« bedeutet »hoffentlich«, und »jalá« ist das spanische Wort für Challe.

Sieben Jahre nach diesem weihnachtlichen Facebook-Post ist die Bäckerei von der kleinen elterlichen Küche in einen geräumigen Laden im noblen Viertel San Isidro umgezogen und zu einem florierenden Geschäft geworden – mit vielfältiger Speisekarte, auf der zwölf Challe-Sorten, darunter auch vegane und Nutella-Varianten, sowie Hamantaschen, Bagels und allerlei Getränke stehen.

AUSTAUSCH Mit »Oh-jalá« versucht Trapunsky, den Austausch zwischen Juden und nichtjüdischen Peruanern zu fördern und zu zeigen, wie Juden die Gesellschaft bereichern. »Das Essen ist ein sicherer und säkularer Raum«, so die 30-Jährige. »Es gibt mir die Möglichkeit, kulturelle Informationen auf eine unpolitische Art und Weise zu vermitteln.«

Den Instagram-Kanal von »Oh-jalá« mit mehr als 18.000 Followern nutzt Trapunsky, um ihre Landsleute mit kurzen Videos über das Judentum aufzuklären. Sie erhält viel Zuspruch dafür.

»Ich möchte den Ruf, die jüdische Gemeinschaft des Landes verschließe sich so sehr, überwinden und sie in etwas Zugängliches, Öffentliches und sogar Trendiges verwandeln«, hofft Trapunsky. »Ich wünsche mir, dass jeder in Peru uns kennenlernen und unsere Kultur erkunden kann.«

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