Schweden

Bleibt er oder geht er?

Rabbiner David Lazar Foto: Reuters

Nach den gescheiterten Verhandlungen um seine Festanstellung in Stockholms jüdischer Gemeinde hat sich Masorti-Rabbiner David Lazar zunächst nach New York zurückgezogen. Die Nachricht traf viele wie ein Blitz, als der Gemeindevorstand Mitte April auf seiner Webseite verkündete: »Wir gehen getrennte Wege.« Laut Vorstand wollte man von Lazar mehr Anpassung, hatte ihm daher nach drei Jahren einen weiteren Zeitvertrag angeboten – für den 55-Jährigen, der 2010 den Posten übernommen hatte, unannehmbar. »In meinem Alter wünscht man sich eine dauerhafte Anstellung«, so der Rabbiner im Interview mit der Jewish Telegraph Agency.

schmallippig Seitdem schlagen die Wellen auf beiden Seiten hoch. Lazars Befürworter sind empört, werfen der Gemeindeführung Unprofessionalität und Engstirnigkeit vor. Der Rabbiner selbst reagierte auf eine Anfrage der Jüdischen Allgemeinen schmallippig, doch hoffnungsvoll: »Ich halte meine Türen offen.«

Die Auseinandersetzungen um Lazar sind nicht neu. Wo die einen seine direkten Art kritisieren, sagen andere, dass mit Lazar Schwedens größte jüdische Gemeinde endlich jemanden gefunden habe, der Klartext rede. Die Bilanz aus drei Jahren seiner Tätigkeit steht jedenfalls jetzt schon fest: David Lazar hat die jüdische Gemeinde von Grund auf umgekrempelt.

»Schweden braucht einen Rabbiner, der in Zeiten zunehmender Gegensätze für Toleranz wirkt«, erklärten daher auch 20 Unterzeichner eines offenen Briefes in der schwedischen Zeitung Expressen. »Rabbiner Lazar ist ein Brückenbauer zwischen Muslimen, Christen und Juden«, heißt es in dem Brief.

Brückenbauer Einer der Initiatoren des Schreibens ist Bernt Hermele, Gabbai in Stockholms Großer Synagoge. Er ist nicht nur mit den Predigten von Stockholms langjährigem Oberrabbiner Morton Narrowe aufgewachsen, sondern hat auch die Jahre der Orientierungslosigkeit und schwindender Mitgliederzahlen erlebt, die Narrowes Pensionierung 1998 folgten. Er will Lazar behalten. »Die Gemeinde muss vitalisiert werden, um wieder als relevant wahrgenommen zu werden«, sagt er.

Doch Hermeles Begeisterung teilen nicht alle. David Lazar eckt auch an. Mit seinem Engagement für Homosexuelle zum Beispiel. 2012 wurde er von den Stockholmer Schwulen und Lesben zum »Heterosexuellen des Jahres« gewählt. Doch sein »Regenbogengottesdienst« auf der letzten Pride Parade ging vielen traditionellen Betern zu weit; seine Ankündigung, in diesem Sommer das erste schwule Paar zu trauen, ebenfalls.

Auch Lazars meditative Musikgottesdienste einmal im Monat haben viele langjährige Gemeindemitglieder verschreckt, gleichwohl sie viele neue, vor allem jüngere angezogen haben. Lazar habe in den drei Jahren seiner Amtszeit »dauernd Konflikte geschürt«, so der frühere Gemeindevorsitzende Alf Levy, der seinen Wunschkandidaten 2010 nach Stockholm geholt hatte. In einem Interview wirft er dem Rabbiner »Arroganz« und »mangelnde Bescheidenheit« vor.

Dass Lazars Art einigen Gemeindemitgliedern nicht behagt, quittiert Hermele mit den Worten: »Dass David Lazar ein kontroverser Aktivist ist, war doch schon damals klar. Erst hui, dann pfui?« Ein Rabbiner mit starken Ansichten passe eben nicht allen, so Hermele.

Mentalität Ohnehin tat sich die Gemeinde lange schwer, einen Schweden-tauglichen Rabbiner zu finden. Immer wieder spielten dabei auch kulturelle Unterschiede eine Rolle, darunter nicht nur Lazars amerikanisch-israelische Diskussionsfreude, sondern auch »die Nachkriegsrealität und das Trauma der Schoa«, so der Rabbiner kürzlich im Schwedischen Rundfunk. Er hoffe jedoch sehr, mit seiner Frau in Schweden zu bleiben. Laut Bernt Hermele besteht Anlass zur Hoffnung. Das letzte Wort scheint noch nicht gesprochen.

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