George Soros

Bewundert und umstritten

Projektionsfläche des Antisemitismus: der amerikanische Milliardär George Soros, 1930 als György Schwartz in Budapest geboren Foto: dpa

Er gehört zu den erfolgreichsten Männern der Finanzwelt – und ist zugleich einer der umstrittensten. Kaum ein anderer wird so bekämpft wie er: George Soros. Anhänger preisen ihn als Investorenlegende und Philanthropen, seine Gegner sehen in ihm einen »Strippenzieher« und skrupellos agierenden Finanzhai. Das Wirtschaftsmagazin »Forbes« schätzt sein derzeitiges Vermögen auf 8,6 Milliarden Dollar. Heute wird George Soros 90 Jahre alt.

Am 12. August 1930 kommt er als György Schwartz in Budapest zur Welt. Er überlebt die Schoa im Versteck und wandert 1947 nach England aus. Dort studiert er an der London School of Economics and Political Science, unter anderem bei dem Philosophen Karl Popper. Dessen Ideen von einer offenen Gesellschaft, die »die kritischen Fähigkeiten des Menschen« freisetzen soll, beeinflussen ihn stark. Seinen Lebensunterhalt verdient er als Kofferträger auf einem Bahnhof und als Kellner.

QUANTUM FUNDS Nach seinem Studium findet er eine Anstellung bei der Londoner Handelsbank Singer & Friedlander. Doch schon bald wandert er nach Amerika aus und lässt sich in New York nieder. Ende der 60er-Jahre übernimmt er einen Investmentfonds mit hochspekulativer Anlagestrategie mit Sitz auf der Karibik-Insel Curaçao. Kurz darauf gründet er, ebenfalls mit Sitz in Steueroasen, den sogenannten Quantum Funds.

Wegen Soros muss die Bank of England am 16. September 1992, dem sogenannten Schwarzen Mittwoch, die britische Währung abwerten.

Dieser wird mehr als 20 Jahre später weltweit bekannt, als Soros gegen das Britische Pfund spekuliert. In dessen Folge muss die Bank of England am 16. September 1992, dem sogenannten Schwarzen Mittwoch, die britische Währung abwerten. Soros macht innerhalb einer Woche einen Gewinn von einer Milliarde Dollar und geht in die Finanzgeschichte ein als »der Mann, der die Bank von England knackte«.

D-MARK Auch Deutschland nimmt sich Soros zur Brust. So spekuliert er im Juni 1993 gegen die D-Mark. Er verkündet, in großen Mengen Wertpapiere der Bundesrepublik aus seinem Besitz zugunsten französischer Wertpapiere abzustoßen, und fordert in einem Interview: »Down with the D-Mark!«

Interessanterweise stellt Soros seine offenen Spekulationen immer wieder in einen politischen Zusammenhang. Mehrmals kritisiert er die bestehenden Rahmenbedingungen für Spekulationsgeschäfte und erklärt, sie gefährdeten in vielen unterentwickelten Ländern ein gesundes wirtschaftliches Gedeihen.

EUROKRISE Auch in der Eurokrise polarisiert Soros. Er schlägt vor, nicht das verschuldete Griechenland, sondern Deutschland solle den gemeinsamen Währungsraum verlassen. Europa spare sich kaputt, statt etwas fürs Wachstum zu tun, entrüstet er sich. Schuld an dem Schlamassel seien die »Bürokraten bei der Bundesbank« mit ihrem Stabilitäts- und Ordnungswahn.

Wie einige andere Milliardäre unterstützt er seit einigen Monaten den aktuellen Wahlkampf von Trumps Gegner Joe Biden.

Immer wieder mischt sich Soros in politische Diskussionen ein. So meldet er sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich mit Warnrufen gegen nationalistische Tendenzen zu Wort. Wiederholt kritisiert er US-Präsident Donald Trump. Dieser sei »ein Betrüger und der ultimative Narzisst, der will, dass sich die Welt um ihn dreht«, sagt Soros im Januar beim Weltwirtschaftsforum in Davos.

Wie einige andere Milliardäre unterstützt er seit einigen Monaten den aktuellen Wahlkampf von Trumps Gegner Joe Biden. Soros selbst beteuert immer wieder, der schnöde Mammon interessiere ihn höchstens am Rande. Wie viele andere Superreiche in den USA ist der Großanleger für sein Mäzenatentum bekannt. Bereits Anfang der 90er-Jahre entschied er sich, seinen Reichtum für humanitäre Zwecke im ehemaligen Ostblock einzusetzen. Jahr für Jahr spendet Soros Milliarden an diverse Einrichtungen und Organisationen.

VERSCHWÖRUNGSTHEORIEN Im Internet ranken sich zahlreiche Verschwörungstheorien um seine Stiftungen und Initiativen. Unter Rechtspopulisten ist Soros Zielscheibe antisemitischen Hasses. So wird er seit der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 für einen »Bevölkerungsaustausch« verantwortlich gemacht: Er wolle die Völker Europas zersetzen, indem er eine Masseneinwanderung von Muslimen finanziere, heißt es.

Immer wieder wird Soros Zielscheibe von judenfeindlichen Hetztiraden.

Seit Jahren hetzt auch Ungarns rechtspopulistischer Premier Viktor Orbán gegen George Soros. Regierungstreue Zeitungen veröffentlichten Listen mit angeblichen »Soros-Söldnern«, unter ihnen renommierte Professoren. Die von Soros gegründete Central European University (CEU) vertrieb Orbán im vergangenen Jahr mit Gesetzesschikanen aus Budapest.

Für viele Verschwörungstheoretiker ist George Soros »der Jude« schlechthin. Und weil dieser an allem schuld ist, wird dem Großspender und Holocaust-Überlebenden seit einigen Monaten auch das Coronavirus zur Last gelegt. Unter anderem wird behauptet, Soros bastele gemeinsam mit Microsoft-Gründer Bill Gates an einer »neuen Weltordnung«. (mit dpa)

Bern

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