Nachruf

Ben Stern mit 102 Jahren gestorben

Ben Stern (1921–2024) Foto: picture alliance/AP Photo

Es gehört viel Mut dazu, sich mit Neonazis anzulegen. Dies gilt erst recht im hohen Alter. Ben Stern, der neun Konzentrations- und Vernichtungslager überlebte und nach seiner Befreiung in die USA auswanderte, tat dies dennoch – für seine Liebsten, die von den Nazis ermordet wurden. »Ich habe überlebt und erfülle mein Versprechen, meine Verpflichtung ihnen gegenüber«, sagte er 2017 – im Alter von 95 Jahren.

Wie zu Beginn der Woche bekannt wurde, starb Ben Stern bereits am 28. Februar in seinem Zuhause in Berkeley. Er wurde 102 Jahre alt.

»Er war bescheiden«, beschreibt Charlene Stern der Jewish Telegraphic Agency (JTA) ihren Vater. »Er wollte nur helfen, die Welt zu reparieren, um zu verhindern, dass noch mehr Horror passiert.«

Stern überlebt Mengele-Selektion

Geboren wurde er am 21. September 1921 als Bendet Sztern im polnischen Mogielnica. Er war eines von neun Kindern. Nachdem die Nazis einmarschiert waren, musste sich die Familie ins Warschauer Ghetto begeben. Sein Vater starb dort im Jahr 1942 – bevor alles noch schlimmer wurde.

Ben Stern wurde in das Konzentrations- und Vernichtungslager Majdanek deportiert. Die meisten seiner Familienmitglieder wurden in Treblinka ermordet. Später überlebte Stern eine der Selektionen des KZ-Arztes Josef Mengele im Vernichtungslager Auschwitz, indem er seine Nummer auf einem Dokument änderte.

Reise nach Polen

Im Jahr 1946 wanderten Ben Stern und seine Frau Chayah Kielmanowicz, die er nach der Befreiung im DP-Lager in Bergen-Belsen kennengelernt hatte, in die USA aus. Als Jahrzehnte später die als National Socialist Party of America bekannten Neonazis einen Aufzug durch Skokie, ein von vielen Juden bewohntes Viertel im Norden Chicagos, ankündigten, wusste Ben Stern, dass er dagegen angehen musste. Also wurde er Teil einer Gruppe von Juden, die solche Neonazis verklagten.

2008 beschlossen die Sterns, von Chicago nach Berkeley zu ziehen, um in der Nähe ihrer beiden Töchter und ihrer Enkelkinder zu sein. In der dortigen Synagoge der Gemeinde Netivot Shalom hatte er laut JTA einen reservierten Platz in der zweiten Reihe.

Über sein Leben erzählte er in den Vereinigten Staaten vielen Gruppen und Schulklassen. Seine Memoiren, die er 2022 zusammen mit seiner Tochter Charlene veröffentlichte, bildeten die Grundlage für die gleichnamige Doku Near Normal Man: Survival with Courage, Kindness and Hope. Entstanden war der Film, nachdem Stern eingeladen wurde, gemeinsam mit High School-Schülern KZ-Gedenkstätten in Polen zu besuchen.

Charlene Stern hielt diese Reise mit der Kamera fest. Der Titel des Films – und seiner Autobiografie – gibt eine Aussage Sterns wieder, wonach er aufgrund seiner Geschichte nie komplett normal hätte werden können.

Ben Sterns Mut und seine Persönlichkeiten haben viele inspiriert. Er bleibt unvergessen.

Raubkunst

Drei Millionen Franken für Bührle-Stiftung

Die Stadt Zürich beantragt Kredit für vertiefte Provenienzforschung der Sammlung Bührle

 22.08.2025

New York

Monica Lewinsky stellt mit Amanda Knox Serie vor

Worum geht es in »The Twisted Tale of Amanda Knox«?

von Lukas Dubro  21.08.2025

Ukraine

Jude, Comedian, Freiheitskämpfer

Selten ist ein Staatsmann so sehr in seinem Amt gewachsen wie Wolodymyr Selenskyj. Die erstaunliche Karriere des ukrainischen Präsidenten

von Michael Gold  21.08.2025

Meinung

Für Juden in Frankreich ist das Spiel aus

Präsident Emmanuel Macrons antiisraelische Politik macht ihn zum Verbündeten der Islamisten und deren linken Mitläufern. Für Juden wird das Leben währenddessen immer unerträglicher

von Haïm Musicant  20.08.2025

Österreich

Jüdische Familie aus Taxi geworfen

In Wien beschimpfte ein Uber-Fahrer seine jüdischen Gäste und attackierte dann den Familienvater

von Nicole Dreyfus  19.08.2025

Tschechien

Im Versteck der Zeit

Auf einem Hügel über Brünn liegt die Villa Wittal, fast unberührt seit der Deportation ihrer Bewohner 1942. Bald wird sie ein Ort für Gäste aus aller Welt – und das Herz eines Festivals, das Geschichte und Gegenwart verbindet

von Kilian Kirchgeßner  19.08.2025

Schweiz

Ein Mandat, das für Irritationen sorgt

Der World Jewish Congress fordert von der UBS mehrere Milliarden Dollar Entschädigung und holt dafür Urs Rohner, Ex-Verwaltungsratspräsident der früheren Credit Suisse, ins Boot

 19.08.2025

Österreich

Auge in Auge mit Antizionisten

Wie spricht man mit Menschen, die Israel hassen? Und was, wenn sie Juden sind? Ein Selbstversuch in Wien

von Gunda Trepp  18.08.2025

Berlin

Sam Altman: Ehrung von Axel Springer SE

Der amerikanische Jude gilt als Vordenker auf dem Feld der KI und als Architekt einer neuen technologischen Ära

 18.08.2025