Seit mehr als 35 Jahren existiert in Zürich »Die Jüdische Zeitung«. Die äußerlich eher unscheinbar wirkende Zeitschrift, die von vielen Lesern fast liebevoll mit der Abkürzung »JüZ« bedacht wird, ist das einzige deutschsprachige Organ des orthodoxen Judentums, das wöchentlich erscheint.
Redakteur Daniel Bloch weist im Gespräch denn auch sehr stolz auf diese bemerkenswerte Tatsache hin: Zusammen mit seinem Bruder Josua und Chefredakteur Nosson Rothschild ist er von Anfang an verantwortlich für das Blatt, das nach den Worten von Daniel Bloch »allen orthodox-jüdischen Menschen als Leserschaft offensteht«. Wobei die Zeitschrift teilweise auch in nichtreligiösen jüdischen Kreisen zur Kenntnis genommen wird.
Entsprechend wendet sich »Die Jüdische Zeitung« an eine Leserschaft, für die ein jüdisch-religiöses Leben eine Selbstverständlichkeit ist. Jüdische Feiertage etwa müssen hier nicht erklärt, sondern können vertieft behandelt werden – mit verschiedenen Quellen und aus der Sichtweise bekannter Rabbiner. Bekannt ist »Die Jüdische Zeitung« aber auch für ihre Familien-Nachrichten, wohl für nicht wenige Leserinnen und Leser die wichtigste Rubrik. Von der Geburt bis zum Todesfall spiegelt sich hier das Leben der »frommen« jüdischen Schweiz wider, vorzugsweise aus Zürich, wo die einzige größere orthodoxe Gemeinschaft des Landes lebt.
Seit Jahren in den Sommermonaten bekannt und beliebt ist auch die Rubrik »Sommer-Minjonim«: Observante Touristen aus dem In- und Ausland suchen hier Gleichgesinnte für einen Minjan – und zwar nicht nur in den bekannten Orten wie Davos und St. Moritz, sondern auch in Flims, Samnaun oder der Lenk. Ein Service, der durchaus geschätzt wird.
Auch politische Artikel sind in der Zeitung zu lesen – vorzugsweise befassen sich diese mit der politischen Lage in und um Israel.
Auch politische Artikel sind in der Zeitung zu lesen – vorzugsweise befassen sich diese mit der politischen Lage in und um Israel. Es sind allerdings vorwiegend übersetzte Artikel aus englischsprachigen Zeitungen der Orthodoxie, »eigene Reporter könnten wir uns nie leisten«, sagt Daniel Bloch. Die Redaktion beschränke sich auf die Auswahl und Übersetzung dieser Artikel. Je nach Zeit und aktueller Situation setzt sie einen eigenen Kommentar. Dabei zeigen sich gewisse Grenzen der Berichterstattung: Die Jüdische Zeitung würde niemals etwas veröffentlichen, das der Linie der Rabbinate der beiden orthodoxen Züricher Gemeinden widerspricht. Gemäß dieser veröffentlicht die Zeitung prinzipiell keine Fotos von Frauen – jüdisch oder nicht.
Elegant und intellektuell geschriebene Artikel darf die Leserschaft ebenfalls nicht erwarten – die Sprache ist meist funktional und sachlich. Das hat wohl auch damit zu tun, dass die Zeitung seinerzeit als Reaktion auf die damals noch existierenden jüdischen Wochenzeitungen »Jüdische Rundschau« und »Israelitisches Wochenblatt«, die 2001 zu »Tachles« fusionierten, gegründet wurde. Die Orthodoxie fand sich in jenen Blättern mit ihrer Meinung und Weltanschauung immer weniger repräsentiert. Die Existenz der JüZ über gut 35 Jahre belohnt diesen damaligen Entschluss bis zu einem gewissen Grad.
Zwar lebe keiner der drei Zeitungsmacher davon, betont Bloch und »das war auch nie die Absicht«. Doch bis 2023 hatte die Zeitschrift nach eigenen Angaben eine Auflage von beachtlichen 1000 Exemplaren. Wegen der zunehmenden Druckkosten stellte man damals um – viele Abonnenten erhalten die Zeitschrift nun per Mail. Die Zahl der Leser hat seitdem zugenommen, die Print-Auflage hat sich bei rund 250 Exemplaren eingependelt. Und entsprechend plane man nach jener Zäsur auch die Zukunft: »Eine weitere größere Umstellung ist nicht geplant«, sagt Bloch.