Interview

»Wir kämpfen den gleichen Kampf«

Amit Halevi

Interview

»Wir kämpfen den gleichen Kampf«

Der Sicherheitspolitiker Amit Halevi über den vereitelten Terroranschlag auf das israelische Generalkonsulat in München

von Detlef David Kauschke  05.09.2024 20:23 Uhr

Herr Halevi, auch Stunden nach dem Schusswechsel vor dem israelischen Generalkonsulat in München sind noch nicht alle Details bekannt. Aber es scheint klar, dass die Tat einen islamistischen Hintergrund hat. Haben Sie weitere Informationen?
Wir erhalten immer weitere Informationen. Aber ich glaube, man muss nicht jedes Detail des Tathergangs kennen, um diesen terroristischen Akt einschätzen zu können. Es ist der Islamismus, der zu solchen Taten führt. Und es ist in München wie in Gaza das gleiche Motiv der Menschen, die im Namen der Religion ihre totalitäre und barbarische Vision umsetzen wollen.

Wie wird dieses Verbrechen, das auf den Tag genau 52 Jahre nach dem Münchner Olympia-Massaker verübt wurde, in Israel aufgenommen?
Es erinnert uns an das schreckliche Massaker von 1972, als palästinensische Terroristen die israelische Olympiamannschaft überfielen und dabei elf unserer Sportler und Trainer ums Leben kamen. Aber es hat uns nicht nur in die zeitliche Dimension und geografische Dimension versetzt, sondern auch in die gleiche barbarische Kultur des Islamismus. Sie hat sich im Laufe der Jahre und Jahrzehnte nicht verändert. Und ich sage das, weil die Schlussfolgerung sehr wichtig ist: Wir müssen die ideologische und politische Infrastruktur des islamistischen Terrors bekämpfen. Wir müssen dies in Gaza und in München, in Paris und London sowie an vielen anderen Orten, wo diese muslimischen Terroristen agieren und großen Einfluss auf die Bevölkerung haben, tun. Wir müssen die ideologische Infrastruktur des Islamisten besiegen. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass wir heute in Rafah oder in Gaza auch für Washington, Berlin und Paris kämpfen – und auch für München.

Der Täter soll ein 18-jähriger Österreicher gewesen sein, der den Behörden als Islamist bekannt war. Ist das eine besondere Gefahr, dass gerade junge Männer derart radikalisiert werden?
Das ist ein Phänomen, von dem ich denke, dass wir es sehr gut und sehr ernsthaft analysieren müssen. Wir können beobachten, dass zu viele junge Menschen in Europa in den Bann dieser islamistischen Ideologie gezogen werden. Das ist ein Trend, der in vielen Bereichen in Europa die Identitätsdimension als Ganzes untergräbt. Ich meine, es gibt eine Art Anti-Identitätserziehung. Und diese Denkschule, die heute in den vielen akademischen Institutionen in Europa mehr und mehr als Mainstream gilt, erfüllt viele der jungen europäischen Menschen mit einer Leere in Bezug auf ihre Identität. Und dann sind sie auf der Suche nach etwas, das diese Leere zu füllen vermag. Und das ist der Punkt, an dem die radikalen Muslime einsteigen und versprechen, dem Leben einen Sinn zu geben.

Israels Präsident Isaac Herzog hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier heute gesagt: Gemeinsam sind wir stark im Angesicht des Terrors, gemeinsam werden wir ihn überwinden. Teilen Sie diese Meinung?
Ja, ich denke schon. Und ich sehe das aus zwei Perspektiven: Zum einen aus der Sicht unserer Länder Deutschland und Israel. Und zum anderen aus der Sicht des jüdischen Staates und der Juden in der Diaspora. Wir kämpfen alle den gleichen Kampf – gegen den islamistischen Terror. In München oder in Jerusalem. Juden in Deutschland oder im einzigen jüdischen Staat der Welt, in Israel. Dieser Täter mit mutmaßlichem IS-Hintergrund in München ist der gleiche, den wir in den Straßen von Rafah und Khan Yunis antreffen. Sie eint diese radikale Ideologie, die darauf abzielt, das jüdische Volk und den Staat Israel zu zerstören. Und wir müssen gemeinsam dagegen kämpfen und diesen Terror überwinden.

Mit dem Likud-Abgeordneten und Mitglied des Außen- und Sicherheitsausschusses der Knesset sprach Detlef David Kauschke.

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