Die israelische Luftwaffe hat am frühen Freitagmorgen fünf Angriffswellen im Iran durchgeführt, wie israelische Medien berichteten. Insgesamt erfolgten laut der israelischen Armee (IDF) Hunderte von Angriffen. Iranische Atomanlagen, Militärstandorte sowie hochrangige Militärs und Nuklearphysiker wurden attackiert.
Von einem »präzisen Präventivschlag« gegen die vom Iran ausgehende Bedrohung war in einer Erklärung der Jerusalemer Regierung die Rede, die über die Botschaften an Medienvertreter geschickt wurde. Das Teheraner Regime führe eine direkte und indirekte Terrorkampagne gegen Israel durch, auch über seine Stellvertreter in Gaza, im Libanon und anderen Staaten.
Das Ziel, den Staat Israel zu vernichten, sei von den Führern des iranischen Regimes offen verkündet worden. Der Nachrichtendienst der IDF habe Informationen zusammengetragen, die belegten, dass der Iran einen Plan zur Vernichtung Israels verfolge. Die Bemühungen um den Erwerb von Atomwaffen und die Herstellung Zehntausender Raketen und Drohnen ist nach Auffassung Israels Teil dieses Plans.
Militärchef und Wissenschaftler getötet
Explosionen wurden am Morgen aus Teheran und von den iranischen Atomanlagen gemeldet. Irans Militärchef Mohammad Bagheri und der Kommandeur der mächtigen Revolutionsgarden, Hussein Salami, wurden nach Angaben der Nachrichtenagentur »Fars« getötet. Auch führende Wissenschaftler und Professoren kamen laut einem Bericht der Nachrichtenagentur »Tasnim« um. Drei von ihnen waren an der Fakultät für Nukleartechnik der Schahid-Beheschti-Universität tätig.
Israel begründet den Angriff vor allem mit der erheblichen Gefahr, die vom Atomprogramm des Iran ausgeht. Teheran habe heimlich einen Plan zur »technologischen Weiterentwicklung aller Aspekte« auf dem Weg zur Herstellung einer Atomwaffe vorangetrieben, so die IDF nach den ersten Angriffen.
Klarer Beweis
»In den letzten Monaten haben sich Geheimdienstinformationen angesammelt und Beweise dafür geliefert, dass sich das iranische Regime dem Punkt nähert, an dem es kein Zurück mehr gibt«, heißt es in einer Erklärung. Der Iran habe sich bemüht, Tausende Kilogramm angereichertes Uran zu produzieren. Innerhalb kurzer Zeit hätte das Land eine Atomwaffe erlangen können, hieß es.
Hochrangige Atomwissenschaftler im Iran hätten heimlich an der Entwicklung aller für die Entwicklung einer Atomwaffe erforderlichen Komponenten gearbeitet, so die IDF. »In den letzten Monaten hat sich dieses Programm deutlich beschleunigt und das Regime dem Erwerb einer Atomwaffe deutlich näher gebracht.« Dies sei ein klarer Beweis dafür, dass Iran auf dieses Ziel hinarbeite.
Der Staat Israel habe keine Wahl gehabt, hieß es in der Erklärung des Militärs. »Die israelischen Streitkräfte sind verpflichtet, die israelische Zivilbevölkerung zu schützen, und werden dies auch weiterhin tun.«
»Schmerzhaftes Schicksal«
In Teheran kündigte Irans oberster Führer Ayatollah Ali Chamenei eine »harte Strafe« für Israel an. In einer Erklärung bestätigte er, dass hochrangige Militärs und Wissenschaftler bei den Angriffen auf Atom- und Militäranlagen getötet wurden. Israel habe »seine bösartige und blutige Hand für ein Verbrechen in unserem geliebten Land geöffnet und durch die Angriffe auf Wohngebiete seine bösartige Natur mehr denn je offenbart«. »Mit diesem Verbrechen hat sich das zionistische Regime ein bitteres und schmerzhaftes Schicksal zugezogen, das es mit Sicherheit erleiden wird«, erklärte Chamenei.
Seit Jahrzehnten droht das Teheraner Regime Israel mit der Vernichtung. Die vom Iran finanzierten Terrororganisationen Hamas und Hisbollah zogen Israel immer wieder in Kriege hinein und überzogen den jüdischen Staat mit Terrorattacken.
»Entscheidender Punkt«
In einer Videoansprache sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, das Land befinde sich an einem »entscheidenden Punkt« seiner Geschichte. »Unsere tapferen Piloten greifen eine große Anzahl von Zielen im Iran an«, erklärte er am frühen Morgen. Ziel der Operation sei es, »die iranische Nuklearinfrastruktur, die iranischen Fabriken für ballistische Raketen und die iranischen Militärkapazitäten anzugreifen«.
Die Operation werde so lange wie nötig fortgesetzt, bis die Mission abgeschlossen sei. Netanjahu warnte, der Iran verfüge »über erhebliche Fähigkeiten, uns zu schaden. Auch darauf haben wir uns vorbereitet«, sagte er. Der Regierungschef bat die Öffentlichkeit, den Anweisungen des Heimatfrontkommandos zu folgen, da diese Leben retten könnten.
Die vom Iran ausgehenden Bedrohungen könnten nicht der nächsten Generation überlassen werden, betonte Netanjahu. »Wenn wir jetzt nicht handeln, wird es keine nächste Generation geben. Wenn wir jetzt nicht handeln, werden wir einfach nicht mehr hier sein.«
»Unerschütterliche Haltung«
Der Ministerpräsident dankte US-Präsident Donald Trump »für seine unerschütterliche Haltung. Er hat immer wieder deutlich gemacht: Iran darf niemals Atomwaffen erlangen«, sagt Netanjahu in seiner Videobotschaft.
Netanjahu wandte sich auch an das iranische Volk: »Wir hassen euch nicht. Ihr seid nicht unsere Feinde. Wir haben einen gemeinsamen Feind: ein tyrannisches Regime, das euch mit Füßen tritt.«
Präsident Isaac Herzog äußerte sich ebenfalls. Israel habe eine Operation gestartet, um »eine unmittelbare und existenzielle Bedrohung für unser Volk zu neutralisieren«, schrieb er auf der Plattform X. »Das iranische Regime – an der Spitze eines globalen Terrorimperiums – hat die Region mit seinen Stellvertretern weiter radikalisiert und destabilisiert und gleichzeitig unermüdlich daran gearbeitet, seine militärischen Nuklearkapazitäten auszubauen und sein Arsenal an ballistischen Raketen zu erweitern.«
»Entschlossenheit und Klarheit«
Die iranische Führung habe »kein Hehl aus ihrer offen bekräftigten Absicht gemacht, den Staat Israel zu vernichten. Seit Jahren bereitet sich das Regime darauf vor, diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen«, so Herzog. Der Präsident betonte Israels »inhärentes Recht« und seine Pflicht, sich zu verteidigen – mit Entschlossenheit und Klarheit.
Unmittelbar vor den Angriffen hatte Verteidigungsminister Israel Katz erklärt, die IDF hätte »außergewöhnliche Fähigkeiten« für die Operation entwickelt. »Bei meinem Amtsantritt habe ich die Vereitelung der iranischen Atomambitionen zur obersten Priorität erklärt«, sagte er.
»Der Iran ist entschlossener denn je, seine Vision der Vernichtung Israels zu verwirklichen. Wir befinden uns an einem kritischen Punkt. Wenn wir ihn verpassen, können wir den Iran nicht mehr daran hindern, Atomwaffen zu erwerben, die unsere Existenz bedrohen«, fügte Katz hinzu.
Geheime Drohnenbasis im Iran
»Wir haben uns in den letzten anderthalb Jahren mit den Stellvertretern des Iran auseinandergesetzt, aber jetzt haben wir es mit dem Kopf der Schlange selbst zu tun«, so der Verteidigungsminister, der auch von großen Herausforderungen sprach, vor denen Israel nun stehe.
Am Vormittag wurde bekannt, dass sich Israel jahrelang auf einen Angriff auf die iranischen Atomanlagen vorbereitet hat. »Times of Israel« zitierte einen Sicherheitsbeamten, der angab, eine geheime Drohnenbasis sei zu diesem Zweck im Iran aufgebaut worden. Auch habe Israel Präzisionswaffensystemen und Kommandos in das Land geschmuggelt.
Die Drohnen aus der geheimen Basis bei Teheran seien über Nacht aktiviert worden. Sie hätten auf Israel gerichtete Boden-Boden-Raketenwerfer angegriffen. Agenten des israelischen Geheimdienstes installierten zudem Präzisionsraketen in der Nähe von Flugabwehrstellungen im Zentrum des Iran. Die Operation basierte demnach auf einer engen Kooperation zwischen der israelischen Armee und dem Mossad.
Landesweiter Ausnahmezustand
Derweil bereitet sich Israel auf eine militärische Antwort des Iran vor. In Haifa schloss das Rambam Medical Center seine Tiefgarage, um sie für die Behandlung von Patienten nutzen zu können. Auch das Bnei Zion Medical Center in Haifa meldete die Verlegung von Abteilungen in ein geschütztes Gebäude. Patienten, die ihren Krankenhausaufenthalt nicht dringend benötigen, werden nach Hause oder in andere Einrichtungen geschickt.
Nach dem Angriff auf die iranischen Atomanlagen und Militärziele wurde in Israel der landesweite Ausnahmezustand ausgerufen. Minister Katz forderte seinen Kollegen, Arbeitsminister Yoav Ben-Tzur, auf, dringende Arbeitsschutzmaßnahmen zu ergreifen.
Über einen Notdienst soll der Betrieb kritischer Fabriken sichergestellt werden. Dieser Schritt würde es wichtigen Einrichtungen ermöglichen, Mitarbeiter vorzuladen und gegebenenfalls anzufordern, selbst wenn die Wirtschaft auf Anweisung des Heimatfrontkommandos stillgelegt sei, hieß es.
Am Vormittag teilten die israelischen Behörden mit, die Bürger Israels müssten sich nun nicht mehr in der Nähe von Schutzräumen aufhalten. Dies könnte bedeuten, dass die unmittelbare Bedrohung herabgestuft wurde. Laut Medienberichten wurden alle 100 Militär-Drohnen, die der Iran als Antwort auf die nächtlichen Angriffe in Richtung Israel losgeschickt hatte, noch außerhalb des israelischen Luftraumes vernichtet.
»Einseitige Maßnahmen«
US-Präsident Donald Trump wird nach Angaben aus Washington D.C. um 11.00 Uhr Ortszeit (17.00 Uhr MESZ) eine Sitzung seines Nationalen Sicherheitsrats einberufen, um die Situation im Nahen Osten zu erörtern. Die Angriffe erfolgten nur wenige Tage vor der nächsten erwarteten Verhandlungsrunde zwischen den USA und dem Iran über dessen Atomprogramm.
Trump hatte wiederholt erklärt, dass der Iran keine Atombombe besitzen dürfe, betonte aber stets, dass er dies lieber diplomatisch als militärisch verhindern wolle. Erst am Donnerstagabend forderte er Israel öffentlich auf, während der laufenden Gespräche nicht anzugreifen.
US-Außenminister Marco Rubio erklärte unmittelbar nach Beginn des Angriffs, Israel habe »einseitige Maßnahmen gegen den Iran« ergriffen. Er betonte, die USA seien nicht beteiligt gewesen, und warnte, Teheran solle die USA nicht als Reaktion angreifen.
Gespräch mit Wadephul
Israels Außenminister Gideon Sa’ar telefonierte nach Angaben der israelischen Botschaft in Berlin bereits am frühen Morgen mit Bundesaußenminister Wadephul. Sa’ar informierte seinen Amtskollegen demnach über den einstimmigen Kabinettsbeschluss, die unmittelbare existenzielle Bedrohung des israelischen Volkes durch eine IDF-Operation zu beseitigen.
»Wir haben diese Entscheidung im letzten möglichen Moment getroffen, nachdem alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft waren«, teilte Sa’ar seinem deutschen Kollegen mit.
»Die ganze Welt hat gesehen und verstanden, dass die Iraner nicht bereit waren aufzuhören, und wir hatten keine andere Wahl, als sie zu stoppen. Der jüngste IAEA-Bericht hat die Schwere der Verstöße des Iran unterstrichen. Wir wissen, dass schwierige Tage vor uns liegen, aber wir hatten keine andere Wahl.«
Flüge gestrichen
»Unsere oberste Priorität ist der Schutz der amerikanischen Streitkräfte in der Region. Israel hat uns mitgeteilt, dass dieses Vorgehen zur Selbstverteidigung notwendig sei«, sagte Rubio.
»Präsident Trump und die Regierung haben alle notwendigen Schritte zum Schutz unserer Streitkräfte unternommen und stehen in engem Kontakt mit unseren regionalen Partnern«, fügte er hinzu. »Um es klar zu sagen: Der Iran sollte keine US-Interessen oder US-Personal angreifen.«
Israels Fluglinie EL AL strich derweil alle Flüge für zunächst zwei Tage. Flüge, die sich zum Zeitpunkt des Angriffs auf den Iran bereits in der Luft befanden, wurden in Richtung Athen und anderer Airports umgeleitet. Der Ben-Gurion-Flughafen wurde komplett geschlossen. Unterdessen flog die Gesellschaft Israir ihre Flugzeuge von dort an unbekannte Orte. Grund ist die erwartete Antwort des Iran.
Drei sogenannte propalästinensische Aktivisten, die an Bord einer »Selfie-Jacht« mit Greta Thunberg in Richtung Gaza gefahren und von der israelischen Marine abgefangen worden waren, können laut israelischen Medienberichten aufgrund der Situation derzeit nicht abgeschoben werden.
Jordanien und der Irak, die beiden Länder, die zwischen Israel und dem Iran liegen, schlossen ihre Lufträume aus Sicherheitsgründen, wie die nationalen Luftfahrtbehörden bekannt gaben.
Am frühen Nachmittag flog Israel indessen neue Angriffe. Betroffen waren sowohl Ziele in den Städten Tabris und Schiras als auch die Atomanlage Natans, wo laut Augenzeugen große Rauchsäulen aufstiegen.