Pandemie

Vor der nächsten Welle

Lange Schlange vor einer Covid-19-Teststation in Tel Aviv Foto: Flash90

Ist die Pandemie vorbei? Oder gibt es gar eine neue Welle von Covid-19? Auf keine dieser Fragen geben israelische Gesundheitsexperten derzeit eine eindeutige Antwort. Unbestritten ist aber, dass die Coronavirus-Infektionen in Israel derzeit wieder ansteigen – und so hoch sind wie seit drei Monaten nicht.

In der vergangenen Woche war dies das Thema bei der Expertenrunde der Regierung in Jerusalem. Einige Corona-Berater aus dem Medizinbereich empfahlen daraufhin, die Maskenpflicht in Innenräumen und bei Massenveranstaltungen wiedereinzuführen. Auch wurde eine weitere Impfkampagne diskutiert. Die Gesichtsmasken-Regelungen für den Innenbereich, die eine der letzten Anordnungen im Zusammenhang mit dem Virus waren, wurden am 23. April aufgehoben. Nur in Krankenhäusern, Arztpraxen und Seniorenheimen sind weiterhin Masken erforderlich.

Anstieg Die grundlegende Reproduktionszahl, der R-Wert, erreichte am Wochenbeginn 1,5. Der R-Wert, der die Situation in den vergangenen zehn Tagen darstellt, misst, wie viele Menschen jeder Coronavirus-Träger im Durchschnitt infiziert, wobei jede Zahl über eins zeigt, dass die Pandemie sich ausbreitet. Sie stieg Mitte Mai erstmals wieder auf über eins, nachdem sie sich fast zwei Monate lang unterhalb dieser Schwelle befunden hatte. Die offizielle Positivrate der Tests liegt derzeit bei fast 35 Prozent.

Am Mittwoch wurden 7661 neue Patienten diagnostiziert, berichtete das Gesundheitsministerium.

Am Mittwoch wurden 7661 neue Patienten diagnostiziert, berichtete das Gesundheitsministerium. Jedoch ist die Situation in den Krankenhäusern mit 119 schwerkranken Patienten und 27, die beatmet werden müssen, nicht angespannt.

Für den Anstieg der Infektionsraten sei die Subvariante der Coronavariante Omikron, BA.5, mitverantwortlich, meinen israelische Experten. Im vergangenen Winter war es die Omikron-Untervariante BA.1, die für ein Steigen der Ansteckungen sorgte. Nachdem diese Welle abgeklungen war, stiegen die Fälle im April aufgrund von BA.2 wieder an. BA.2 ist 30 Prozent ansteckender als der Vorgänger.

Der Coronavirus-Berater der Regierung, Salman Zarka, beruhigte am Wochenbeginn im Armeeradio zwar: »Das Land befindet sich nicht in einem vollen Ausbruch«, forderte die Öffentlichkeit jedoch gleichsam auf, wieder Gesichtsmasken in geschlossenen Räumen zu tragen, vor allem Angehörige von Risikogruppen. Ein Maskenmandat gebe es derzeit nicht, es werde jedoch laufend diskutiert. »Wir stehen erst am Anfang eines Anstiegs.«

Bewertung Die bekannten Zahlen seien nur »die Spitze des Eisbergs«, da es eine beträchtliche Anzahl von Menschen gebe, die sich entweder nicht testen, wenn sie Covid-Symptome haben, oder sich nicht bei den Behörden melden, wenn ein Heimtest ein positives Ergebnis liefert.
»Wir sehen eine Zunahme, nehmen sie ernst und bewerten sie«, sagte Zarka. Er machte aber auch klar, dass keine Einschränkungen für die Öffentlichkeit geplant sind, wie sie in den vergangenen zwei Jahren angewendet wurden, beispielsweise Lockdowns oder die Schließung von Geschäften und Schulen.

»Obwohl wir am Anfang einer Welle stehen, ist unsere Position heute eine andere.«

Cyrille Cohen

Vertreter des Gesundheitsministeriums erklärten zudem, dass im Moment eine fünfte Impfdosis immer noch unnötig sei. »Eine neue Impfkampagne steht derzeit nicht zur Debatte.« Doch Gesundheitsminister Nitzan Horowitz hob hervor, dass man im Ministerium den aktuellen Anstieg der Fälle vorausgesehen habe. »Auch wenn es heute keine Schlagzeilen schreibt, verfolgen und untersuchen wir die Daten andauernd. Wir leben mit Covid, daher müssen wir es weiterhin überwachen.«

Ende Mai hatte die Regierung in Erwägung gezogen, die Quarantäneregelung für mit dem Coronavirus infizierte Personen bis Ende Juni abzuschaffen. Das hatte Zarka damals bestätigt. »Allerdings nur dann, wenn die Infektionen niedrig bleiben.«

strategie Israel hat seit Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 fünf Wellen des Coronavirus durchgemacht. Der kleine Nahoststaat erklärte die Massenimpfung seiner Einwohner zu einer zentralen Strategie im Umgang mit dem Virus. 6,7 Millionen von mehr als neun haben mindestens eine Impfung erhalten, 6,1 Millionen eine zweite, viereinhalb Millionen Einwohner die dritte und knapp 900.000 die vierte. Seit Beginn der Pandemie sind 10.882 Menschen in Israel an den Folgen einer Erkrankung mit Covid-19 gestorben.

Professor Cyrille Cohen, der Leiter des Immuntherapielabors der Bar-Ilan-Universität und Corona-Regierungsberater, hat mit der Aufspaltung von Omikron in mehrere Untervarianten gerechnet. »Die ursprüngliche Omikron-Variante war sehr ansteckend, viele Menschen waren ihr ausgesetzt, da ist das programmiert. Weil sich die neuen Varianten im Körper entwickeln, bedeutet eine hohe Infektionszahl eine größere Wahrscheinlichkeit, dass das Virus mutiert.«

Zwar würden die Varianten verschiedene Mutationen enthalten, »im Grunde genommen Omikron aber ähneln«, führt Cohen aus. Während die späteren Varianten offenbar 15 bis 25 Prozent ansteckender sind als BA.2, »gibt es derzeit keine Hinweise darauf, dass sie eine Krankheit verursachen, die heftiger oder klinisch anders ist als das, was wir von der Omikron-Familie kennen«. Daher sei es zu diesem Zeitpunkt unmöglich, auf eine einzelne Variante hinzuweisen, »wir reden stattdessen über die gesamte Gruppe«.

Sorge Auch Cohen gibt (teilweise) Entwarnung: »Die Omikron-Varianten verursachen alle weniger schwere Krankheiten als frühere Varianten wie Delta und Alpha. Darüber hinaus ist die Immunitätssituation der Öffentlichkeit anders als vor ein oder zwei Jahren. Der Großteil der Bevölkerung war Omikron oder anderen Varianten ausgesetzt. Außerdem bieten die Impfstoffe Schutz vor schweren Erkrankungen. Obwohl wir also am Anfang einer Welle stehen, ist unsere Position heute eine völlig andere.«

Es gibt nach wie vor die Sorge, dass neue Varianten auftauchen könnten.

Allerdings gibt es nach wie vor die Sorge, dass neue Varianten auftauchen könnten. »Denn dieses Coronavirus ist auf Tiere übertragbar und wieder zurück auf Menschen. Dadurch wird es ohne Zweifel neue Varianten geben.«

Das beunruhigt auch den Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation, Tedros Adhanom Ghebreyesus. Er beschrieb den anhaltenden Rückgang von Covid, der im Januar seinen Höhepunkt erreichte, als »einen sehr ermutigenden Trend«. »Die Wahrnehmung, dass die Pandemie vorbei ist, ist verständlich, aber fehlgeleitet«, sagte er jedoch. »Eine neue und noch gefährlichere Variante könnte jederzeit auftauchen – und eine große Anzahl von Menschen ist immer noch ungeschützt.«

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