Asher Ben-Natan

Von Wien über Jerusalem nach Bonn

Asher Ben Natan (1921-2014) Foto: dpa

2015 feierten Israel und Deutschland das 50-jährige Bestehen ihrer diplomatischen Beziehungen. Den heiklen Weg maßgeblich mitgeebnet hat Asher Ben-Natan. 20 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Schoa baute er als erster Botschafter Israels in Deutschland (1965-1969) Brücken. Am 15. Februar wäre Ben-Natan, geboren 1921 als Arthur Piernikarz in Wien, 100 Jahre alt geworden.

KINDHEIT Ben-Natan wuchs auf in einem modern-orthodox-jüdischen Elternhaus. In seiner Kindheit und Jugen, sei er persönlich »fast gar nicht« mit Antisemitismus konfrontiert worden – auch dann nicht, als sich der »Anschluss« Österreichs an das Deutsche Reich schon abzeichnete. So erinnerte er sich 82-jährig in einer Dokumentation des »Zentralkomitee der Juden aus Österreich in Israel« und erzählte dort: »Ich sah Radaus der Antisemiten, derer es in Österreich ja haufenweise gab, aber ich wurde nie angepöbelt, schon deshalb, weil man mir nicht ansehen konnte, dass ich nicht Arier bin.«

Nach Palästina wäre er auch ohne den Anschluss gegangen, so der Zionist, der früh der jüdischen Maccabi-Jugendbewegung in Wien beitrat. Am 6. Juni 1938 verabschiedete sich der damals 17-Jährige von den Eltern und der Schwester. Mit dem Zug ging es nach Piräus, und dort weiter mit zwei überfüllten und illegalen Schiffen.

Die Eltern kamen wenige Monate später in Palästina an, die Schwester folgte 1939. Auch allen anderen Verwandten gelang es, Wien rechtzeitig nach Amerika oder Palästina zu verlassen. Ben-Natan jedoch lag das Schicksal der zurückgebliebenen und von Verfolgung bedrohten Juden Europas am Herzen. Er wurde in der »Mossad le Alija Bet« tätig, der zur Förderung illegaler Einwanderung von Juden nach Palästina gegründeten Unternehmung der Jewish Agency.

BRICHA Als »Arthur Pier« kehrte Ben-Natan nach dem Zweiten Weltkrieg nach Wien zurück, offiziell als Korrespondent israelischer Medien. Tatsächlich schleuste er für die Organisation »Bricha« (Flucht) illegal so viele Juden wie möglich nach Palästina. Mehr als 200.000 Holocaust-Überlebende kamen dank Bricha nach Eretz Israel. Gleichzeitig sammelte »Arthur Pier« Hinweise auf prominente Nazis und hatte so maßgeblichen Anteil an der späteren Verhaftung des Naziverbrechers Adolf Eichmann.

Zurück in Israel, wurde Ben-Natan ein Vertrauter ranghoher israelischer Politiker. Über lange Jahre hatte er selbst Schlüsselpositionen in den Bereichen Sicherheit, Außenpolitik und Geheimdienst inne. 1965 sollte er erneut nach Europa zurückkehren, diesmal als Diplomat ins »Land des Holocaust«.

Viele Überlebende sahen in der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zu Deutschland einen Verrat. Doch der gebürtige Wiener vertrat die Interessen seines Landes mit Nachdruck und Geschick. »Vergessen und Verzeihen« seien Worte, die in seinem Vokabular fehlten, sagte er. Er sagte auch, dass er an »das andere Deutschland« und die Kraft der Veränderung glaube. Dabei machte man es dem Israeli nicht immer leicht. Immer wieder störten linke propalästinensische Gruppen seine Vorträge an Universitäten.

VERBINDUNGEN Diplomatisch hat seine Mission Erfolg. In seiner Botschafterzeit entstanden erste Städtepartnerschaften, das Staatliche Israelische Verkehrsbüro wurde in Frankfurt eröffnet, die Deutsch-Israelische Gesellschaft in Bonn gegründet. Die Israelisch-Deutsche Handelskammer entstand in Tel Aviv, ihr Gegenstück, die Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaftsbeziehungen mit Israel, in Frankfurt. Heute ist Deutschland der wichtigste Verbündete Israels nach den USA.

Asher Ben-Natan setzte seine Karriere als Botschafter in Paris, Berater im Außenministerium und Tel Aviver Stadtrat fort. Als er am 17. Juni 2014 mit 93 Jahren in Kfar Saba starb, würdigten ihn viele deutsche Stimmen als Sympathieträger, Versöhner und Menschenfreund. Die schwierigste und wichtigste von allen Botschaftern Israels in Deutschland sei Ben-Natan zugekommen, sagte Jakob Hadas-Handelsman, achter Nachfolger Ben-Natans und Vorgänger des amtierenden Botschafters, Jeremy Issacharoff - »eine gemeinsame Zukunft zum Wohle beider Völker zu schaffen, über alle Widrigkeiten und Traumata hinweg«.

Meinung

Kein Symbol für den Frieden

Warum man bestimmte Israel-Ketten besser nicht tragen sollte

von Joshua Schultheis  26.07.2024

Sexuelle Gewalt der Hamas

»Als wäre dein Blut billig ...«

Zum ersten Mal spricht ein männliches Vergewaltigungsopfer des Nova-Festivals öffentlich darüber, was ihm angetan wurde

von Sabine Brandes  26.07.2024

Washington D.C./Palm Beach

USA dringen auf Geisel-Deal - mahnende Worte an Netanjahu

Israels Regierungschef will nach Biden und Harris heute auch Trump treffen

 26.07.2024

USA

So war das Treffen zwischen Joe Biden und Benjamin Netanjahu

Auch die Bewerber für die Biden-Nachfolge trifft der Gast aus Israel

von Magdalena Tröndle  25.07.2024

Kommentar

Eine Schande für die Vereinten Nationen

Berlin muss endlich die Abberufung der UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese fordern

von Frank Müller-Rosentritt  26.07.2024 Aktualisiert

Europäisches Parlament

»Zittert. Das hier ist nur der Anfang«

Die frisch gebackene französische Abgeordnete Rima Hassan hetzt gegen Israel

von Michael Thaidigsmann  25.07.2024

Olympische Spiele

Israels Außenminister Katz warnt vor iranischem Anschlagsplan

Der Minister schrieb einen Brief an seinen französischen Amtskollegen

 25.07.2024

Gaza/Israel

Kämpfe vor Bergung von Leichen der Geiseln aus Tunnel in Chan Junis

Jetzt wird mehr zu den Umständen des Einsatzes bekannt

 25.07.2024

Meinung

Eine eindrucksvolle Abrechnung mit allen Hamas-Verstehern im Westen

Die Rede von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu vor dem US-Kongress war eine Lehrstunde für die überwiegend israelfeindlich eingestellte Weltöffentlichkeit

von Philipp Peyman Engel  25.07.2024 Aktualisiert