Frewilligendienst Sar-El

Urlaub in Uniform

Rund 4000 Freiwillige aus aller Welt melden sich jedes Jahr für Hilfsdienste in der israelischen Armee bei der Organisation Sar-El (Dienst für Israel). Ich bin auch einer von ihnen.

Das Existenzrecht Israels und das Recht der Israelis auf die Verteidigung ihres Landes sind mir wichtig. Der Verteidigungsaufwand ist enorm und belastet nicht nur den Haushalt, sondern – wegen der häufigen Einberufung von Reservisten – auch die wirtschaftliche Produktivität des Landes. Die ausländischen Sar-El-Freiwilligen, die keine Waffen tragen, übernehmen einen Teil der Aufgaben, die sonst Reservis-
ten leisten müssen. Dabei geht es hauptsächlich um Logistik.

geheimhaltung Das Sar-El-Projekt wurde 1982 während des zweiten Libanonkriegs gegründet. Damals war der Nachschub ins Stocken geraten, weil nicht genügend Soldaten zur Verfügung standen. Die Idee zur Lösung des Problems kam von General Aharon Davidi. Über jüdische Organisationen warb er 600 Freiwillige aus den USA an. Davidi starb vor einem Jahr im Alter von 84 Jahren. Davidis Name ist bis heute untrennbar mit der Sar-El-Organisation verbunden.

Aus den improvisierten Anfängen ist inzwischen ein gut organisiertes Programm entstanden. Auf dem Ben-Gurion-Flughafen treffen sich die Sar-El-Rekruten und werden ihren Madrichim oder Madrichot, sprich, militärischen Anführern, zugeordnet, die sie auf die Militärstützpunkte begleiten werden. Meist sind es Madrichot, weibliche Wehrpflichtige.

17 Freiwillige gehören zu meiner Gruppe. Schon im Bus erfahre ich, dass meine Basis, die rund 35 Kilometer südlich von Tel Aviv liegt, geheim ist und ich während unserer Arbeit dort keine Fotos aufnehmen darf. Das ist natürlich ärgerlich, zumal dort gar nicht allzu geheimhaltungsbedürftige Arbeit anfällt: das schwere Kampfgepäck für Infanteristen ordnen und ergänzen, Schuppen, die sogenannten Warenhäuser, aus- und wieder einräumen, Farbarbeiten und Materialerhaltung.

knochenarbeit Der Tagesablauf auf der sogenannten Base ist genau geregelt: Nach dem – selbstverständlich koscheren – Frühstück und dem Fahnenhissen gehen wir in Teams an unsere Arbeitsstellen. Knapp acht Stunden körperlich oft anstrengende Arbeit sind zu bewältigen, der Komfort in den Baracken und den sanitären Einrichtungen ist dürftig. Auch der Arbeitsschutz wird bei der israelischen Armee nicht so ernst genommen wie in Deutschland. Wer schweres metallenes Mobiliar schleppen muss, bekommt dafür nicht unbedingt Arbeitshandschuhe. Man sollte als Freiwilliger schon gut ausgerüs-tet zu Hause abreisen. Gestellt wird lediglich die Uniform.

Nach dem meist anstrengenden Arbeitstag und dem Abendbrot gibt es noch ein Abendprogramm. Unsere Madrichot Daniella (19) und Tamara (19) erteilen Unterricht über die Organisation und die Dienstgrade in der Armee. Auch die wichtigsten militärischen Operationen in der Geschichte Israels sind Thema. Das geht von der Aktion »Black Arrow«, bei der im Jahr 1955 ein Terroristenlager im damals zu Ägypten gehörigen Gazastreifen angegriffen wurde, über die Geiselbefreiung im ugandischen Entebbe im Jahr 1976 bis zum zweiten Libanonkrieg im Jahr 2006. Auch über die Reaktionen aus aller Welt berichten unsere Madrichot.

international Das Zusammenleben auf engem Raum schweißt die Freiwilligen zusammen. Schnell findet man Freunde aus aller Welt. Da ist der 19-jährige Däne David Rasmussen, dessen Bruder schon vor einigen Jahren das Programm absolviert hat; Rick van’t Zand (33), ein Dachdecker aus den Niederlanden, brauchte mal Tapetenwechsel und hat sich deshalb gleich für drei Monate verpflichtet. Mit seinem kräftigen Körperbau und seinen mehr als zwei Metern Größe, fällt es ihm leichter als uns anderen, das wegen seines Gewichts bei den Soldaten und uns gefürchtete Kampfgepäck aus den Regalen zu wuchten.

Das handwerklich geschickte Ehepaar Alfred (75) und Mary Mueller (69) aus Minnesota (USA) gehört zu den älteren Teilnehmern. Ihre 40-jährige Tochter Tricia plane, demnächst endgültig nach Israel auszuwandern, berichten die Eltern stolz. Radana Donatova (52) aus der Tschechischen Republik hat das Land schon achtmal bereist und wollte jetzt eine andere als die touristische Sicht gewinnen.

freizeit In der Freizeit, besonders an den Wochenenden, wird viel diskutiert. Unerwünscht sind aber Gespräche über Politik und Religion. Jeder Teilnehmer wurde mehrmals darauf hingewiesen, dass es verboten ist, Freiwillige anderen Glaubens zu missionieren. Sogar eine entsprechende Verpflichtung musste man unterzeichnen.

In Tel Aviv treffen sich die meisten Freiwilligen an den Wochenenden, die in Israel von Donnerstagabend bis Sonntagfrüh dauern. Dort steht das Soldatenheim Beit Oded kostenlos zur Verfügung. Auch andere Soldatenheime im ganzen Land können am Wochenende gegen ein geringes Entgelt genutzt werden. Tel Aviv hat einen hohen Freizeitwert; die Unterkunft mit dem Komfort einer Jugendherberge ist zehn Minuten Fußweg vom Strand und 30 Minuten von der historischen Altstadt von Jaffa entfernt.

Nach drei Wochen verabschieden sich die meisten Freiwilligen vom Dienst und reisen wieder nach Hause. Auch für mich wird es wieder Zeit, mich um Familie und Beruf in Oldenburg zu kümmern. Dass ich mit einem meiner Kinder wiederkommen werde, habe ich den anderen schon gesagt. Mary Mueller drückt mir zum Abschied eine kleine Kippa in Tarnfarben für meinen zweijährigen Sohn in die Hand. Sie hat sie selbst mit einer gebogenen Plastikgabel gehäkelt. Israel ist ein Land, in dem Religion und Landesverteidigung eng zusammenhängen.

Sar-eEl wurde 1982 von General Aharon Davidi während des ersten Libanonkriegs gegründet. Es wendet sich an ausländische Freiwillige jeden Glaubens ab 17 Jahren, die die israelische Armee durch Arbeit im Nachschub oder im Sanitätsdienst unterstützen wollen. In Begleitung Erwachsener werden auch jüngere Teilnehmer akzeptiert. Die Verpflichtungszeit beträgt in der Regel drei Wochen, die Freiwilligen können ein- oder mehrmals verlängern. Die Beherrschung der englischen oder französischen Sprache wird erwartet. Im vergangenen Jahr beteiligten sich 4011 Freiwillige an dem Programm. Mehr als die Hälfte von ihnen stammte aus den USA oder aus Frankreich. Aus Deutschland kamen 59 Teilnehmer. In Deutschland übernimmt die Jewish Agency for Israel in Frankfurt/Main die Rekrutierung. Freiwillige müssen ein Formblatt ausfüllen, mit dem sie sich verpflichten, die Sar-El-Regeln einzuhalten, sowie ein ärztliches Attest, Auslandskrankenversicherung, Empfehlungsschreiben eines Rabbiners und ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen.

www.sar-el.org

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