Hebräische Universität

»Sie sind Soldatin. So werden Sie auch behandelt«

Blick auf die Hebräische Universität von Jerusalem Foto: Flash90

Uniformen gehören in Israel zum Alltag. Auch an den Universitäten des Landes sind sie ein gewohnter Anblick, weil nicht wenige Soldaten parallel zu ihrem Wehrdienst dort Kurse besuchen oder Studenten mitten im Semester zum Reserveübungen einberufen werden.

Doch Carola Hilfrich, Dozentin für Vergleichende Literaturwissenschaft an der Hebräischen Universität in Jerusalem, sah das offensichtlich etwas anders. Die deutsche Lehrkraft geriet am Dienstag mit einer ihrer Studentinnen deswegen in Streit, wie der israelische TV-Nachrichtensender Kan jetzt berichtete.

»Sie können mit Uniform nicht verlangen, wie eine Zivilistin behandelt zu werden«, blaffte Hilfrich die Studentin an.

»NAIV« Der Hintergrund: Ein arabischer Kommilitone hatte die junge Frau wegen ihrer Uniform mitten im Unterricht belästigt und beleidigt, weshalb sich diese an Hilfrich wandte und um Unterstützung bat. Doch damit war sie wohl an die Falsche geraten. »Sie können doch nicht ernsthaft so naiv sein und verlangen, wie eine Zivilistin behandelt zu werden, wenn Sie hier in Uniform erscheinen«, blaffte Hilfrich die Studentin an.

Und weiter: »Sie sind eine Soldatin der israelischen Streitkräfte, und so werden Sie eben von denen auch behandelt«, rechtfertigte die Dozentin das übergriffige Verhalten des Arabers.

All das wollte die Studentin nicht einfach so hinnehmen. »Stört es Sie, dass ich mit Uniform im Seminarraum sitze?«, fragte sie zurück und betonte dabei, dass es hier keinesfalls um Politik gehe, sondern einfach nur um die Tatsache, dass sie nun einmal ihren ganz normalem Wehrdienst absolviere. Deswegen stehe ihr der gleiche Respekt zu wie allen anderen Studenten auch.

LEKTION Hilfrich indes schien diese Auffassung nicht zu teilen, sondern drehte den Spieß geradezu um. »Für manche Leute ist die Zivilgesellschaft ebenso wichtig wie für Sie die Armee«, so die Antwort. »Diese Prioritäten müssen Sie genauso lernen zu akzeptieren und zu tolerieren wie die anderen Ihre Prioritäten.«

Israels größte Studentenvereinigung verurteilt das Verhalten der Dozentin aufs Schärfste.

Und sollte die Studentin noch etwas zu sagen haben, könne sie ja einen Brief schreiben. »Ich habe andere Sachen zu tun und mir schon genug angehört. Was ich davon halte, habe ich Ihnen bereits mitgeteilt. Sie verdienen es sowieso nicht, dass ich Zeit dafür aufwende.«

Diese eigenartige Lektion zum Thema Zivilgesellschaft machte die Studentin in Uniform sofort publik. Ihre Kommilitonen konnten das Ganze bezeugen. Daraufhin verurteilte die National Union of Israeli Students, Israels größte Studentenvereinigung, das Verhalten der Dozentin aufs Schärfste.

BELEIDIGUNG »Es ist absolut unfassbar für uns, dass eine Uniform der Armee ein Mitglied der Fakultät beleidigen kann. Eine Situation, in der Studentinnen und Studenten sich deswegen auf dem Campus unsicher fühlen müssen, ist in keinster Weise akzeptabel«, so die Studentenvereinigung.

Auch die Universitätsleitung veröffentlichte eine Klarstellung und verurteilte das respektlose Auftreten sowohl des Studenten als auch der Dozentin. Und Anhänger der extrem nationalistischen NGO Im Tirtzu nahmen den Fall zum Anlass, um auf dem Campus eine Demonstration zu veranstalten.

Eine schriftliche Frage dieser Zeitung, was sie zu ihrem Verhalten veranlasst hat und wie sie den Fall bewertet, beantwortete Carola Hilfrich bislang nicht.

Nachrichten

Wasser, Armee, Mädchen

Kurzmeldungen aus Israel

von Sabine Brandes  09.12.2025

Geiseln

Israel nimmt Abschied von Sudthisak Rinthalak

Der Thailänder wurde am 7. Oktober von Terroristen des Islamischen Dschihad ermordet und in den Gazastreifen verschleppt

 09.12.2025

Pressefreiheit

Ausländische Journalisten dürfen weiterhin nicht allein nach Gaza

Der Auslandspresseverband wirft Israels höchstem Gericht vor, eine Entscheidung in der Angelegenheit zu verzögern

 09.12.2025

Libanon

Israel greift Hisbollah-Trainingslager an

Auf dem Gelände wurden laut israelischer Armee Anschläge geplant

 09.12.2025

Ehrenrettung

Stille, Salz und Sonnenlicht

Das Tote Meer landete auf der weltweiten Rangliste der Sehenswürdigkeiten auf dem zweitschlechtesten Platz – völlig zu Unrecht, findet unsere Korrespondentin

von Sabine Brandes  08.12.2025

Medienbericht

Donald Trump will Benjamin Netanjahu Ende Dezember treffen

Israelischen Medien zufolge soll es bei dem Treffen am 29. Dezember um die zweite Phase des Friedensplans gehen

 08.12.2025

Eurovision Song Contest

»Ihr wollt nicht mehr, dass wir mit Euch singen?«

Dana International, die Siegerin von 1998, über den angekündigten Boykott mehrerer Länder wegen der Teilnahme Israels

 08.12.2025

Nahost

Netanjahu: Israel bleibt in Pufferzone im Süden Syriens

Syriens Übergangspräsident al-Scharaa wirft Israel vor, »Geister zu bekämpfen«. Eine Lösung im Streit um ein Gebiet an der Grenze scheitert noch an unterschiedlichen Vorstellungen

 08.12.2025

Nahost

Katar und Türkei wollen keine vollständige Entwaffnung der Hamas

Israel vor neuen diplomatischen Manövern: Katar und die Türkei versuchen, die im ursprünglichen Gaza-Plan vorgesehene vollständige Entwaffnung der palästinensischen Terrororganisation Hamas zu verwässern

 08.12.2025