Ukraine-Krise

»Sehr kleines Zeitfenster«

Der israelische Außenminister Yair Lapid Foto: Flash 90

Während die Welt beunruhigt auf die Ukraine blickt, wächst auch in Jerusalem die Sorge stetig. Außenminister Yair Lapid sagte am Sonntagabend bei einer Pressekonferenz im Ministerium, es gebe »ein besonders kleines Fenster«, um Israelis aus der Ukraine zu retten, da die Befürchtungen wegen einer bevorstehenden russischen Invasion zunehmen.

Die Einschätzung basiere auf ausländischen Geheimdiensten und diplomatischen Quellen, vor allem amerikanischen. »Kommen Sie nach Israel zurück, bevor die Dinge kompliziert werden«, wandte er sich an die Tausenden von Israelis, die sich noch in dem osteuropäischen Land aufhalten. »Wir hoffen immer noch, dass die Krise auf diplomatischem Wege gelöst wird, aber wir haben auch eine Verantwortung als Land gegenüber den israelischen Bürgern dort sowie gegenüber den Juden«, betonte er.

»Bei Bedarf können wir Israelis und Juden mit Fahrzeugen in Sicherheit bringen.«

Außenminister yair lapid

Während er es nicht für wahrscheinlich halte, so bereite sich Jerusalem doch auf die Möglichkeit vor, dass der Himmel über der Ukraine geschlossen wird. Bei Bedarf könne man Juden und Israelis mit Fahrzeugen durch Polen, Ungarn, Rumänien, Moldawien und die Slowakei in Sicherheit bringen. Lapid zufolge haben sich mehr als 6000 von geschätzt 15.000 Israelis in der Ukraine über das Außenministerium registriert, um zeitnah Informationen über eine Ausreise zu erhalten.

VORSICHT Unter Hinweis auf die Sensibilität müsse Israel in seinen öffentlichen Äußerungen vorsichtiger sein als andere Länder, da es sowohl in der Ukraine als auch in Russland große jüdische Bevölkerungsgruppen gibt. »Ein Teil unserer Aufgabe ist es, sie zu schützen, und das erfordert, dass wir in einem solchen Konflikt vorsichtig sind«, so Lapid. Israelische Beamte stünden in ständiger Kommunikation mit lokalen jüdischen Vorsitzenden.  

Die Ukraine habe Israel um »alle Arten von Hilfe« gebeten, gab er zu, machte aber keine weiteren Angaben. »Israel ist in diesen Konflikt nicht verwickelt und handelt deshalb mit Vorsicht.« Aber Israels Position sei wie die des Westens klar: »Wir müssen alles tun, um eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine zu vermeiden.« Russland und die Ukraine sind seit 2014 in einen erbitterten Konflikt verwickelt.

»Es gibt derzeit kaum Israelis, die die Ukraine verlassen.«

Außenministerium Jerusalem

Vor der Pressekonferenz hatte sich Lapid mit der stellvertretenden Außenministerin der Ukraine, Emine Dzhaparova, in Jerusalem getroffen und die Reisewarnung der israelischen Regierung vorgetragen. Er habe auf Bitten der USA auch mit seinem Amtskollegen in Russland, Sergej Lavrov, gesprochen, aber »israelische Vermittlungsversuche unterscheiden sich nicht von denen anderer Länder«. Es ist unklar, wann der Lapid-Lavrov-Anruf stattfand.

PERSONAL Der Minister betonte auch, dass Israel das einzige Land sei, das nicht nur sein diplomatisches Personal nicht aus der Ukraine abgezogen habe, sondern sogar zusätzliches entsandt habe, um den Israelis im Land zu helfen.

Doch zivile Flüge, die die Ukraine in Richtung Israel verlassen, seien derzeit nicht ausgelastet, erklärten Beamte des Außenministeriums am Sonntag. Israelische Fluggesellschaften seien bereit, zusätzliche Flüge hinzuzufügen, aber die Nachfrage sei momentan nicht da. »Es gibt derzeit kaum Israelis, die die Ukraine verlassen.«

OBERRABBINER Kritik äußerten unterdessen jüdische Vertreter in der Ukraine. Israel tue nichts für die lokalen jüdischen Gemeinden, es sei denn, sie erwägten, nach Israel auszuwandern, sagte der Oberrabbiner von Kiew und der Ukraine, Yaakov Bleich, der »Jerusalem Post« (Sonntagabend).

Ferner habe Israel die in der Ukraine tätigen jüdischen Abgesandten und ihre Familien zum Verlassen des Landes gezwungen. Israels Regierung kümmere sich hauptsächlich um ihre eigenen Bürger, »und das ist eine Schande«, so Bleich. Die ukrainischen Juden müssten aus der fehlenden Unterstützung durch die israelische Regierung »eine Lehre ziehen«.

Die jüdischen Gemeinden in der Ukraine haben laut Bleich eine Spendenkampagne gestartet, um für den Notfall die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln für einige Wochen zu sichern sowie Satellitentelefone zu beschaffen. (mit KNA)

Israel

Antisemitismus-Beauftragter wirft Sophie von der Tann Verharmlosung der Hamas-Massaker vor

Die ARD-Journalistin soll in einem Hintergrundgespräch gesagt haben, dass die Massaker vom 7. Oktober eine »Vorgeschichte« habe, die bis zum Zerfall des Osmanischen Reiches zurückreiche

 25.11.2025

Ramallah

Nach Hammer-Angriff auf Israeli - mutmaßlicher Täter getötet

Vor mehr als einem Jahr kam ein israelischer Wachmann im Westjordanland bei einem Angriff ums Leben. Seitdem haben israelische Sicherheitskräfte nach dem flüchtigen Täter gesucht

 25.11.2025

Waffenruhe

Hamas-Terroristen übergeben mutmaßliche Geisel-Leiche

Die Terroristen müssen noch die sterblichen Überreste von drei Geiseln übergeben

 25.11.2025

Wetter

Sturzfluten in Israel

Nach extremer Hitzewelle bringen erste heftige Stürme und Niederschläge Überschwemmungen im ganzen Land

von Sabine Brandes  25.11.2025

Hochzeit des Jahres

Hochzeit des Jahres

Daniel Peretz und Noa Kirel haben sich getraut

von Nicole Dreyfus  24.11.2025

Gesellschaft

Familienforum für Geiseln schließt seine Pforten

Nach mehr als zwei Jahren des unermüdlichen Einsatzes der freiwilligen Helfer »ist der Kampf vorbei«

von Sabine Brandes  24.11.2025

Meinung

Der Weg zum Frieden in Nahost führt über Riad

Donald Trump sieht in Saudi-Arabien zunehmend einen privilegierten Partner der USA. Die Israelis müssen gemäß dieser neuen Realität handeln, wenn sie ein Abkommen mit dem mächtigen Ölstaat schließen wollen

von Joshua Schultheis  24.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  24.11.2025

Sderot

Zweitägiges iranisches Filmfestival beginnt in Israel

Trotz politischer Spannungen will das Event einen Dialog zwischen Israelis und Iranern anstoßen

von Sara Lemel  24.11.2025