Tel Aviv

Schakale in der Stadt

Niemand weiß genau, wie die Goldschakale in die Innenstadt gekommen sind. Einige wurden mit Sendern ausgestattet. Foto: Sabine Brandes

Füttern kann teuer werden. In jeglicher Hinsicht. Zum einen ist es gefährlich, zum anderen läuft man Gefahr, ein hohes Bußgeld aufgebrummt zu bekommen. Denn die Schakale in der Stadt sind wilde Tiere – auch wenn sie mitten in Tel Avivs Yarkon-Park auf der grünen Wiese ein Sonnenbad nehmen.

Es sind Goldschakale. Der Schakal gehört – wie Wolf oder Haushund – zur Gattung Canis, die zusammen mit Füchsen und einigen anderen Arten die Familie der Hunde bildet. Niemand weiß genau, wie sie hierhergekommen sind, doch mittlerweile leben rund 100 Tiere in mehreren Familienrudeln mitten in der urbanen Oase. Die Tiere würden sich von Menschen fernhalten und seien nicht gefährlich, beteuern israelische Zoologen. Man sollte sie jedoch keinesfalls füttern oder versuchen, sie zu streicheln.

Die Stadtverwaltung Tel Aviv–Jaffa legte jüngst eine Strategie vor, um sie »wild zu halten«, denn die Vierbeiner hätten sich mittlerweile an die Suche nach Nahrungsresten gewöhnt, die von Menschen zurückgelassen werden. Laut einer Mitteilung auf der Webseite der Verwaltung sei die Schakalpopulation im Park in den vergangenen Jahren sprunghaft angestiegen. »Wenn Schakale Futter bekommen, verlieren sie ihre natürliche Scheu vor Menschen. Bei Nahrungsknappheit könnte es dann zu aggressivem Verhalten kommen«, heißt es weiter.

Niemand weiß genau, wie sie hierhergekommen sind

»Es zieht sie in Gegenden, wo Nahrungsquellen leicht verfügbar sind, was wiederum zu mehr Kontakt mit den Bewohnern und einem höheren Risiko von Krankheitsübertragungen führt«, so die Warnung. Deshalb erhalten Städter, die beim Füttern von Schakalen erwischt werden, zunächst eine Verwarnung und werden über die Gefahren aufgeklärt. Beim zweiten Verstoß folgt eine Geldstrafe von 730 Schekel (umgerechnet etwa 180 Euro), beim dritten Mal werden rechtliche Schritte eingeleitet.

Im Rahmen des Plans zur Reduzierung der Schakalpopulation wurden in Zusammenarbeit mit der Universität Haifa 16 Tiere mit Sendern versehen, die deren Wanderungen erfassen. Die Zugänge nach Tel Aviv wurden kartiert, um festzustellen, ob und wo neue Schakale in die Stadt gelangen. Städtische Mitarbeiter haben den Auftrag, für die Tiere zugängliche Nahrungsquellen zu entfernen, indem sie entsprechende Orte häufiger reinigen, Zäune an bekannten Zugängen errichten und Aufklärungskampagnen zur ordnungsgemäßen Müllentsorgung durchführen. Bislang leben die Rudel hauptsächlich in einem Teil des Parks – dem tropischen Garten.

Dieser wurde in den 70er-Jahren auf einer Fläche von rund zwei Hektar angelegt. Hier wachsen Hunderte Arten tropischer Pflanzen, darunter imposante Elefantenfußbäume, mächtiger Bambus, Geweihfarne, Paradiesvogel-Blumen und andere Gewächse aus der Ferne. Die meterhohen Pflanzen bilden ein grünes Blätterdach, das den Lärm der Großstadt zu filtern scheint. Es herrscht eine geradezu pastorale Ruhe – das perfekte Terrain für urbane Wildtiere. Fast geräuschlos huschen sie an Spaziergängern vorbei, manchmal sieht man nur einen Schatten. Doch nachts können die Anrainer die Schakale heulen hören. Eine Studie, die 2023 auf den israelischen Golanhöhen durchgeführt wurde, zeigt, dass Schakale dem Menschen näherstehen als angenommen – und liefert erste Hinweise auf ihre Domestizierung.

Eine Studie zeigt, dass Schakale dem Menschen näherstehen als angenommen

Die Ergebnisse der Untersuchung von Doktorandin Ayelet Barash von der Zoologischen Fakultät der Universität Tel Aviv (TAU) versetzten die Forscher in Staunen. Ein Schakal namens Jackie, der auf den Golanhöhen gefunden wurde, sei aufgrund seines domestizierten Verhaltens zunächst für eine Kreuzung aus Schakal und Hund gehalten worden. Untersuchungen ergaben jedoch, dass es sich um einen reinrassigen Goldschakal handelt.

»Jackie« sei nicht der erste Fall, bei dem ein scheinbarer Hybrid nicht das Ergebnis einer Kreuzung zwischen einem wilden und einem domestizierten Tier sei. »Dies ist ein wissenschaftlicher Durchbruch – sowohl lokal als auch international«, meint Yaron Dekel vom Shamir Research Institute in Katzrin, der die Studie zusammen mit der Vorsitzenden des Steinhardt Museums für Naturgeschichte an der TAU, Tamar Dayan, leitete. »Jackie könnte der erste dokumentierte Fall natürlicher Tierdomestikation seit Jahrtausenden sein.«

Einige Wildtiere sind so zahm, dass sie mit den Parkbesuchern Frisbee spielen.

»Die Zahl der Schakale auf den Golanhöhen und in ganz Israel nimmt von Jahr zu Jahr zu. Die Bedingungen ähneln den Stadien der Hundedomestikation vor etwa 15.000 Jahren«, heißt es in der Studie. In der Umgebung von Menschen entstanden Abfälle, die Wölfe anlockten. Diese wurden so weniger ängstlich gegenüber Menschen und verloren zunehmend die für Jagd und Überleben notwendigen Eigenschaften wie große Muskelmasse, massive Kiefer und einheitliche Fellfarbe. »Das markierte den Beginn des Selbstdomestizierungsprozesses, bis sie zu den Hunden wurden, die wir heute kennen.«

Die Forscherin Barash betont, dass es für voreilige Schlüsse noch zu früh sei: »Es ist nicht so, dass es morgen Hunde geben wird, die von Schakalen abstammen. Der Prozess dauert Tausende von Jahren. Aber vielleicht wird es eines Tages so weit sein.« Bereits heute gibt es Aufnahmen von Schakalen im Yarkon-Park, die eine von Menschen geworfene Frisbeescheibe fangen und dann geduldig auf den nächsten Wurf warten. »Die Tatsache, dass die Schakale im Park in der Nähe von Menschen umherwandern, deutet darauf hin, dass ihre Domestikation nur eine Frage der Zeit ist«, sagt sie. »So ist es mit allen Tieren, die mit Menschen zusammenleben.«

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