Terror

Rückkehr an den Ort des Grauens - Steinmeier im Kibbuz Be’eri

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Israel weitere deutsche Unterstützung im Ringen um die Freilassung der noch von der Hamas festgehaltenen Geiseln zugesagt. »Ihr Schicksal ist eine offene Wunde«, sagte Steinmeier im von den palästinensischen Terroristen am 7. Oktober 2023 stark zerstörten Kibbuz Be’eri.

»Deutschland vergisst sie nicht, ich vergesse sie nicht. Unsere Stimme wird nicht schweigen, solange sie nicht zurückgekehrt sind.« Zugleich erinnerte Steinmeier erneut an das Leid der Zivilbevölkerung im Gazastreifen, wo die Geiseln von den Extremisten festgehalten werden.

Steinmeier gedachte zusammen mit dem israelischen Präsidenten Isaac Herzog der Opfer des Überfalls der Hamas. Zusammen mit ihren Frauen Elke Büdenbender und Michal Herzog legten sie Kränze nieder. Arm in Arm verharrten die beiden befreundeten Ehepaare in einer Schweigeminute.

Bei erstem Besuch geschockt

Steinmeier hatte den Kibbuz zusammen mit Herzog bereits Ende November 2023 besucht - rund sieben Wochen nach den Massakern der Hamas. Gesprengte Häuser, verkohlte Wände, ausgebombte Räume und über allem Brandgeruch - so sah es damals hier aus. »Was wir damals gesehen haben, das hat sich tief eingeprägt«, sagt Steinmeier jetzt bei seiner Wiederkehr. »Das Grauen, das Leid, es ist durch Mark und Bein gezogen.«

Be’eri liegt nur drei, vier Kilometer vom Gazastreifen entfernt. Die Hamas-Terroristen zerstörten den auch von deutschen Juden mitgegründeten Kibbuz stark. 132 der rund 1300 Bewohner wurden ermordet, mehr als 50 verschleppt. Unter ihnen waren auch Menschen, die neben der israelischen Staatsbürgerschaft zusätzlich die deutsche hatten. Insgesamt töteten die Terroristen mehr als 1200 Menschen. Etwa 250 Menschen wurden verschleppt, 58 Geiseln sind noch immer gefangen.

Spürbar sei schon bei seinem ersten Besuch der Wille gewesen, nicht aufzugeben, wieder aufzubauen, sagt Steinmeier jetzt. Dieser Wiederaufbau wird auch mit deutscher Hilfe finanziert. Mit einem Aufwand von rund sieben Millionen Euro soll an der Stelle der damals abgebrannten und inzwischen abgerissenen früheren Kunstgalerie ein Kultur- und Gemeinschaftszentrum entstehen.

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»Lichtblick in dunkler Zeit«

Steinmeier nennt es einen »Lichtblick in dunkler Zeit«, dass bei seinem Besuch der Entwurf für das neue Gebäude vorgestellt wird. »Dass wir dieses Gebäude als einen Ort des Geistes wiederaufbauen, gibt uns Hoffnung«, sagte Israels Präsident Herzog. Der Kibbuz wirkt heute wieder belebt, 80 bis 90 Bewohner sind wieder hier.

»Wir wollen zurück nach Be’eri«, sagt auch Sharon Cohen, die beim Angriff der Hamas vier Angehörige verlor. »Hier steht unser Haus. Ich lebe seit 25 Jahren hier.« Ihre Schwester in Kanada habe ihr angeboten, zu ihr zu kommen. In Kanada sei das Leben schön. Doch ihre vier Kinder hätten geantwortet: Niemals. Nur in Israel, nur in Be’eri wollten sie leben.

»Wir versuchen, unser Leben wieder aufzubauen, doch das ist nicht einfach, es ist sehr hart«, berichtet Cohen. »Wir können unser Leben niemals wirklich neu aufbauen, solange die Geiseln noch in Gaza sind.« Sechs Bewohner von Be’eri seien noch dort. Sie seien zwar alle tot. Aber ihre Familien müssten ihre Körper zurück haben, müssten sie bestatten können, bräuchten die Gräber, um selbst neu anfangen zu können. Die Welt, auch die deutsche Regierung, müsse daher alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Geiseln heimzubringen.

Hoffnung auf sicheres Leben

Yuval Haran trägt eine silberne Marke um den Hals, die an die noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln erinnert. »Unser Herz ist in Gaza«, steht im oberen Teil auf Hebräisch. Darunter auf Englisch: »Bringt sie jetzt heim!«

Sein Großvater sei in Stuttgart geboren und 1936 hierher ausgewandert, erzählt er. Er und seine Familie seien Deutsche. Zwar erkennt er die diplomatischen Bemühungen an. Aber: »Nach 586 Tagen sind die Geiseln immer noch nicht hier. Es reicht also nicht aus.«

Dass Steinmeier jetzt in Be’eri ist, findet Haran gut. »Das zeigt uns, dass wir nicht allein sind.« Rache für die Verbrechen der Hamas wolle er nicht. »Das macht mein Leben nicht besser«, sagt Haran. »Ich will nur ein sicheres und friedliches Leben führen.«

Washington D.C.

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