Gesundheit

Risiko am Ohr

Den Kinderwagen in der einen Hand, in der anderen das Handy. Ein Spaziergang durch die Stadt, nach Schnäppchen Ausschau halten und zeitgleich der Freundin mitteilen, wo es die besten gibt. Israelis und Mobiltelefone scheinen eine untrennbare Einheit zu sein. Beim Großteil der Bevölkerung kleben die Geräte allerorts und jederzeit am Ohr. Es ist längst kein Klischee mehr, die Zahlen belegen es. In Israel herrscht eine über hundertprozentige Auslastung des Marktes. Doch nach dem jüngsten Schritt der Weltgesundheitsorganisation WHO, Handys den Stempel »Krebsrisiko« aufzudrücken, geht auch hier die Angst um.

Die WHO hat mobile Telefone – sowohl Handys als auch schnurlose Heimapparate – jüngst in die Kategorie B2 eingestuft, was bedeutet, dass sie wahrscheinlich Krebs bei Menschen erregen können. Ebenfalls in dieser Gruppe: Blei, Autoabgase und das Pestizid DDT. Zu dem Entscheid sollen vier Studien beigetragen haben, – an drei arbeiteten israelische Wissenschaftler mit – die allerdings noch nicht veröffentlicht sind.

Im vergangenen Jahr erst war eine umfassende wissenschaftliche Arbeit zu dem Schluss gekommen, dass keine unmittelbare Verbindung zwischen den elektromagnetischen Strahlen und Krebs besteht. Obwohl bei 40 Prozent der Menschen durchaus ein Zusammenhang zwischen einer Mobilfunknutzung von mehr als einer halben Stunde täglich und Gehirntumoren vermutet wurde, reichten die Zahlen nicht aus, um den Verdacht zu erhärten.

Konsequenzen Diesmal ist es offenbar klarer. Sigal Sadetzki, Leiterin der Krebs- und Radiologieabteilung des Gertner Institutes am Krankenhaus Tel Haschomer, ist mit der Einschätzung der Gesundheitsorganisation zufrieden. »Es ist eine wichtige Entscheidung, die eine alte Annahme des Gesundheitsministeriums bestätigt, dass übermäßiger Gebrauch von Handys ein Krebsrisiko darstellt.« Die B2-Kategorisierung der WHO verlange nun nach entsprechenden Maßnahmen. »Wie bei Blei oder Pestiziden etwa. Auch hier wurde der Verbrauch eingeschränkt.«

Avi, Verkäufer an einem Handystand inmitten eines großen Einkaufszentrums, fühlt sich schon eine Weile nicht mehr wohl hinter der Theke. Seinen vollen Namen möchte er aus Sorge um seinen Job nicht nennen. Vor etwa zwei Jahren habe er zum ersten Mal über Studien gelesen, die belegen wollen, dass Mobiltelefone gesundheitsschädlich seien. Seitdem verkauft er mit einem unguten Gefühl in der Magengegend. Besonders belastet den jungen Mann das Wissen um die ausufernde Benutzung der Telefone durch Israelis. »Die Entwicklung hier ist krank.«

»Viele Kunden sagen, sie brauchen dringend ein zweites Telefon, falls das erste kaputtgeht, damit sie ohne Unterbrechung weitertelefonieren können. Andere wollen einen weiteren Apparat, um noch besser erreichbar zu sein.« Dann müsse er erläutern, welches das beste und neueste Gerät ist. Dabei würde er am liebsten oft rufen, »Hört doch endlich auf, euer Gehirn zu grillen.« Avi selbst telefoniert nicht mehr gern mobil. »Wenn ich etwas Wichtiges habe, schicke ich eine SMS. Und von zu Hause aus spreche ich mit einem Schnurtelefon. Das ist definitiv gesünder.«

Das meint auch das Gesundheitsministerium, das unmittelbar nach der Bekanntgabe erneut Richtlinien herausgab. Am bes-
ten sei es, die Gespräche generell einzuschränken. Vor allem sollten Kinder und Jugendliche, bei denen das Gehirn noch nicht voll entwickelt ist, vor extensiver Nutzung geschützt werden. Es sei besser, mit Headset (kein Bluetooth) zu telefonieren und die Distanz zwischen Körper und Gerät so groß wie möglich zu halten. Zudem soll die mobile Technologie in Schulen und Kindergärten verringert werden.

Gesprächsdauer Dass bereits eine halbstündige Gesprächsdauer am Tag als hohes Risiko gilt, darüber können die Menschen hier nur lachen. Oder weinen. Viele telefonieren stundenlang ohne Unterbrechung, im Auto, im Zug, auf der Straße oder zu Hause. Immer weniger Israelis haben Festnetzanschlüsse, kennen nicht einmal mehr die Vorwahlnummern der Städte.

»Muss man nicht mehr wissen«, meint Tamar Ben-Amy. »Fast jeder, den ich kenne, ruft zuerst über das Handy an. Da geht sicher jemand dran. Wer hat heute noch Zeit, in der Leitung zu hängen und zu warten?« Ben-Amy hat eine weitere Erkenntnis: »Ich weiß, dass ich abhängig bin. Ich habe wirklich das Gefühl, nicht mehr ohne Handy leben zu können. Es gehört fast schon zu mir, wie ein zusätzliches Organ.« Ob sie diese Einsicht nicht erschreckt, vor allem im Hinblick auf die Bekanntgabe der WHO? »Ein wenig schon«, gibt sie zu, »aber viele andere Dinge machen genauso krank, fettes Essen, Zucker, Autos. Und wir verzichten auch nicht darauf.«

Expertin Sadetzki weiß um die Liebe der Israelis zu ihren Mobiltelefonen. »Doch der Umgang hier ist extrem. Und es kommt tatsächlich auf Quantität und Dosierung an.« Ob Ben-Amy nach den neuesten Entwicklungen in Erwägung zieht, etwas weniger zu sprechen? »Ich sollte wohl wirklich darüber nachdenken«, sagt sie, während sie auf das Gerät schielt, das vor ihr auf dem Tisch liegt. Dann lacht sie und hebt es ans Ohr, »aber wahrscheinlich habe ich es in einer Woche schon wieder vergessen«.

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