Bahrain

»Palästinensische Wirtschaft braucht politische Lösung«

Jared Kushner Foto: dpa

Wirtschaftliche Fortschritte in den Palästinensergebieten sind nach Einschätzung des US-Gesandten Jared Kushner nicht ohne eine politische Lösung des Nahost-Konflikts möglich. Vor Beginn einer zweitägigen Konferenz im Golfstaat Bahrain über die wirtschaftliche Entwicklung der Palästinenser verteidigte sich Kushner zugleich gegen Kritik, bislang nicht den angekündigten umfassenden Nahost-Friedensplan vorgelegt zu haben.

»Der Grund dafür, dass wir uns erst um die Wirtschaft kümmern, vor der politischen Lösung, ist, dass es zwei sehr umfassende Dokumente sind, die wir aufgesetzt haben«, sagte er dem arabischen Sender Al-Dschasira. Es wäre zu viel gewesen, »beide gleichzeitig zu verdauen«.

FRIENDENSPLAN Die Palästinenserbehörde und der palästinensische Journalistenverband boykottieren die Veranstaltung in Bahrain, die Teil des unveröffentlichten Nahost-Friedensplans ist. Sie fordern zunächst eine politische Lösung für den langjährigen Nahostkonflikt, wozu nach ihrer Vorstellung auch ein unabhängiger palästinensischer Staat gehören muss. Kushner ist in Washington federführend für die Ausarbeitung des Friedensplans zuständig.

Für große Überraschung sorgte am Dienstag die Nachricht, dass zu der Konferenz in Bahrain auch eine Gruppe israelischer Journalisten anreisen durfte. Israel und der Golfstaat unterhalten keine diplomatischen Beziehungen. Der Trump-Berater Jason Greenblatt schrieb bei Twitter, bei der am Dienstagabend beginnenden Konferenz seien mehr als 25 Medien vertreten, darunter sieben aus Israel.

Ein am Samstag vom Weißen Haus in Washington veröffentlichtes Papier mit dem Titel »Frieden zu Wohlstand« (Peace zu Prosperity) sieht Investitionen für die Palästinenser in Höhe von 50 Milliarden Dollar in den kommenden zehn Jahren vor. Damit sollen das Bruttoinlandsprodukt der Palästinenser verdoppelt, eine Million neue Jobs geschaffen und die Armutsquote halbiert werden. Woher genau das Geld kommen soll, bleibt offen.

Für große Überraschung sorgte die Nachricht, dass zu der Konferenz in Bahrain auch eine Gruppe israelischer Journalisten anreisen durfte.

Kushner sagte Al-Dschasira, er gehe davon aus, dass eine künftige Friedensregelung nicht der arabischen Friedensinitiative von 2002 entsprechen werde. Diese sieht vor, dass die Araber mit Israel Frieden schließen, wenn sich Israel aus den 1967 besetzten Gebieten zurückzieht, ein unabhängiger Palästinenserstaat mit der Hauptstadt Ost-Jerusalem gegründet und das palästinensische Flüchtlingsproblem gelöst wird. Er rechne damit, dass ein künftiger Deal zwischen Israel und den Palästinensern »irgendwo zwischen der arabischen Friedensinitiative und der israelischen Position« liegen werde, sagte Kushner.

VERMITTLER Trump hatte Jerusalem im Dezember 2017 als Hauptstadt Israels anerkannt und im vergangenen Jahr die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt. Die Palästinenser erkennen die USA seitdem nicht mehr als unabhängigen Vermittler im Konflikt mit Israel an.

Palästinenser im Gazastreifen streikten am Dienstag aus Protest gegen die Konferenz in Bahrain. Öffentliche Einrichtungen, Banken und der Großteil der Geschäfte in dem Küstengebiet blieben geschlossen. Im Westjordanland kam es vereinzelt zu Angriffen von Palästinensern auf israelische Soldaten.

Marc Frings, Büroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Ramallah, bezeichnete die wirtschaftliche Lage der Palästinenser als »desaströs«. Die Arbeitslosenquote im Westjordanland liegt nach Angaben des palästinensischen Statistik-Büros bei 18 Prozent, im Gazastreifen bei 52 Prozent. Dort sind laut Frings 80 Prozent der zwei Millionen Einwohner auf Nahrungsmittelunterstützung angewiesen. In Ost-Jerusalem lebe ebenfalls die überwiegende Mehrheit der Palästinenser unterhalb der Armutsgrenze.

Die Konferenz in Manama war von den USA initiiert worden. Wichtigster Redner ist Kushner selbst.

EINBRUCH Nach Angaben der Weltbank schrumpfte die Wirtschaft im Gazastreifen 2018 um acht Prozent geschrumpft. Im Westjordanland wuchs sie demnach um rund zwei Prozent. In beiden Fällen wird das Bruttoinlandsprodukt durch internationale Hilfen allerdings noch hoch gehalten.

Die Konferenz in Manama war von den USA initiiert worden. Wichtigster Redner ist Kushner selbst. Da nur wenige international hochrangige Vertreter teilnehmen, waren die Erwartungen an das Treffen im Vorfeld gering. Vertreter der israelischen Regierung waren nicht eingeladen. Deutschland wird auf hoher Beamtenebene vertreten sein.  dpa/ja

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  02.12.2025 Aktualisiert

Netanjahu fordert »entmilitarisierte Pufferzone« in Syrien

 02.12.2025

Israel

Israel erhält »Befunde« aus Gazastreifen

Israel wartet auf die Übergabe der beiden letzten getöteten Geiseln durch die Hamas. Nun ist die Rede von »Befunden«, die übermittelt worden seien. Der genaue Hintergrund ist unklar

 02.12.2025

Ehemalige Geiseln

»In Gaza war ich wie ein toter Mensch«

Der junge Israeli Alon Ohel erlebte in den Tunneln der Hamas unvorstellbare Qualen und sexuelle Gewalt. Jetzt spricht er zum ersten Mal darüber

von Sabine Brandes  02.12.2025

Berlin

Israel-Flagge vor Rotem Rathaus eingeholt

Nach mehr als zwei Jahren wurde die Fahne am Dienstag vom Mast geholt. Die Hintergründe

 02.12.2025

Westjordanland

Messer- und Autoangriff auf israelische Soldaten

Innerhalb weniger Stunden kam es zu gleich zwei Anschlägen auf Vertreter des israelischen Militärs

 02.12.2025

Tel Aviv

Was passiert nach Netanjahus Begnadigungsantrag?

Versuche, die Prozesse durch eine Absprache zu beenden, gab es bereits. Selbst die Richter regten eine Einigung an. Wie steht es um die beantragte Begnadigung?

 01.12.2025

Ehemalige Geiseln

»Eli war wie ein Vater für mich«

Alon Ohel und Eli Sharabi treffen sich nach der Freilassung zum ersten Mal wieder

von Sabine Brandes  01.12.2025

Haifa

Nach abgesagter Auktion: Holocaust-Zeugnisse jetzt in Israel

Die geplante Versteigerung von Holocaust-Zeugnissen in Deutschland hatte für große Empörung gesorgt. Nun wurden viele der Objekte nach Israel gebracht und sollen dort in einem Museum gezeigt werden

von Sara Lemel  01.12.2025