Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) hat am Samstag erneut Zahlungen an inhaftierte Terroristen und an Familien sogenannter »Märtyrer« geleistet – obwohl Präsident Mahmud Abbas im Februar offiziell erklärt hatte, das umstrittene »Pay-for-Slay«-System beendet zu haben. Das berichtet die Organisation »Palestinian Media Watch« (PMW).
Laut PMW-Direktor Itamar Marcus erhielten die Empfänger ihre Zuwendungen in Postämtern der PA, ohne dass es eine offizielle Mitteilung dazu gegeben habe. Zahlungen seien bewusst verschoben worden, damit »selbst die Familien der Terroristen glaubten, das Programm sei beendet«, so Marcus.
In Chatgruppen unter Empfängern seien am Samstagvormittag entsprechende Nachrichten über eingegangene Beträge kursiert. Offenbar erhielten viele Begünstigte die Hälfte ihrer üblichen Bezüge, andere den vollen Betrag – entsprechend der Teilzahlungen, die die PA derzeit auch an Staatsbedienstete leistet. Mehrere israelische Medien berichteten.
Issa und Qawasmeh
Wie »ynet« schreibt, sind zahlreiche ehemalige Häftlinge durch das System zu wohlhabenden Männern geworden. Von den 250 palästinensischen Gefangenen, die im Rahmen des letzten Geiselaustauschs freikamen, sollen 160 zu Millionären geworden sein – dank jahrelanger monatlicher Überweisungen aus Ramallah. Insgesamt seien fast 70 Millionen US-Dollar (rund 65 Millionen Euro) an diese Personen geflossen, so Itamar Marcus.
Unter ihnen sind bekannte Urheber schwerer Anschläge. So erhielt etwa der Hamas-Funktionär Mahmoud Issa, der 1992 an der Entführung und Ermordung des israelischen Polizisten Nissim Toledano beteiligt war, während seiner mehr als 35 Jahre währenden Haftzeit rund 580.000 Euro. Imad Qawasmeh, der für den Doppelanschlag von Beer Scheva im Jahr 2004 verantwortlich war, bei dem 16 Menschen getötet und mehr als 100 verletzt wurden, kassierte rund 340.000 Euro.
Auch Riyad al-Amour, verurteilt wegen Beteiligung an Angriffen, bei denen neun Israelis ermordet wurden, erhielt rund 385.000 Euro, und Eyad Abu al-Rub, Kommandeur des Islamischen Dschihad, der für eine Serie von Selbstmordanschlägen zwischen 2003 und 2005 verantwortlich ist, bekam etwa 318.000 Euro. Die Brüder Mohammed und Abdul Jawad Shamasneh, die vier Israelis ermordeten – darunter zwei Jugendliche und einen Soldaten –, sackten laut PMW über Jahrzehnte fast 550.000 Euro ein.
Angebliche Reformen begrüßt
Das Geld stammt laut PMW häufig aus internationalen Hilfszahlungen, die der PA von westlichen Staaten, darunter der EU, zur Verfügung gestellt werden. Unter den Begünstigten befinden sich hochrangige Mitglieder von Hamas und Islamischem Dschihad, die für Dutzende israelische Todesopfer verantwortlich sind.
Mahmud Abbas hatte im Februar ein Dekret unterzeichnet, mit dem die bisherigen Zahlungen an Terroristen und deren Angehörige abgeschafft und durch ein neues »Wirtschaftsförderungsprogramm« ersetzt werden sollten. Die Verwaltung der Gelder ging offiziell an einen »Palästinensischen Wirtschafts- und Empowerment-Fonds« über, der angeblich sozial schwache Familien ohne politische Kriterien unterstützen soll.
In der Praxis, so PMW, habe sich jedoch kaum etwas geändert. Die Zahlungen würden nach wie vor über die Postämter der PA abgewickelt, während internationale Geber – darunter die EU, die erst im Juni 150 Millionen Euro Budgethilfe bereitstellte – die angeblichen Reformen begrüßten.
Beobachter in Israel und den USA werfen der PA vor, mit juristischen Tricks und neuen Bezeichnungen ein System fortzusetzen, das Terrorismus finanziell belohnt und Anreize für Anschläge gegen Israelis schafft. In den USA läuft derzeit eine Klage von Angehörigen getöteter Amerikaner gegen die PLO und die PA wegen genau dieser Praxis.