Interview

»Nur noch schlaflose Nächte«

Dori Roberts über seine von der Hamas nach Gaza verschleppten israelisch-deutschen Verwandten

von Michael Thaidigsmann  19.10.2023 09:39 Uhr

Dori Roberts

Dori Roberts über seine von der Hamas nach Gaza verschleppten israelisch-deutschen Verwandten

von Michael Thaidigsmann  19.10.2023 09:39 Uhr

Herr Roberts, Sie leben in den USA. Vier Ihrer Verwandten wurden von der Hamas in den Gazastreifen entführt. Was genau ist passiert?
Am 7. Oktober rannten meine 67-jährige Tante Efrat, meine Cousine Doron und ihre beiden kleinen Töchter Raz und Aviv in einen Schutzraum, weil Terroristen in den Kibbuz Nir Oz eingedrungen waren. Wir wussten zunächst nicht, was passiert war, nur, dass es ein furchtbares Massaker gegeben haben musste. Später sahen wir dann auf TikTok ein Video der Hamas, auf dem die Frauen und die Mädchen zu sehen waren, wie sie gefesselt auf einer Karre liegen.

Haben Sie Lebenszeichen erhalten?
Nein. Das Handy meiner Cousine wurde zuletzt im Gazastreifen geortet, das wissen wir, aber seitdem ist es ausgeschaltet. Wir haben natürlich sofort versucht herauszufinden, was geschehen war. Aber das war selbst Tage danach sehr schwierig. Es gibt im Kibbuz und den angrenzenden Orten Hunderte von Toten, die noch nicht identifiziert sind. Manche sind verstümmelt oder verbrannt. Die Einrichtungen in Israel sind überfordert. Das war ein Pogrom, ein barbarisches Gemetzel!

Konnten Sie bereits mit Überlebenden aus dem Kibbuz sprechen?
Ich konnte mit einer Frau sprechen, die zunächst zusammen mit meinen Verwandten verschleppt worden war, der es aber gelungen war zu fliehen. Das geschah, als ein israelischer Helikopter über den Konvoi flog und israelische Soldaten sich ein Feuergefecht mit den Terroristen lieferten. Als es zu einer Explosion kam, stellte sich die Frau tot und lief später, als die Terroristen weg waren, zu Fuß zweieinhalb Kilometer zurück zum Kibbuz, obwohl sie verletzt war.

Was konnte sie Ihnen berichten?
Nur, dass meine Tante verletzt gewesen sei und Doron sich um sie gekümmert habe. Ich konnte auch mit Yoni, dem Mann meiner Cousine, reden. Aber ich verbringe seither nur noch schlaflose Nächte. Hinzu kommt: Auch der Partner meiner Tante, Gadi, wurde verschleppt. Ich habe ihn zufällig auf dem Foto eines palästinensischen Journalisten gesehen, das von der »New York Times« veröffentlicht wurde.

Was sollte Ihrer Meinung nach getan werden, um die Geiseln zu befreien?
Allen muss klar sein: Dies ist kein Konflikt zwischen zwei Völkern, es ist kein religiöser Konflikt. Hier geht es ausschließlich um Zivilisten, die von einer Terrororganisation entführt oder gar ermordet wurden. Alle Staaten und alle Menschen, die in der Welt etwas zu sagen haben, müssen jetzt zusammenstehen und dafür sorgen, dass die Geiseln freikommen. Auch Deutschland sollte sich einsetzen. Denn meine Verwandten besitzen auch einen deutschen Pass, meine Großeltern stammten aus Berlin und München. Bislang habe ich aber weder von israelischen noch von deutschen Stellen irgendetwas gehört.

Mit dem in Austin/Texas lebenden Eventmanager sprach Michael Thaidigsmann.

Gaza

Jetzt spricht Shani Louks Vater

Die Deutsch-Israelin wollte am 7. Oktober mit anderen jungen Menschen tanzen und feiern - dann kam der Terrorangriff der Hamas. Nun wurde ihre Leiche gefunden

von Sara Lemel  18.05.2024

Israel

Benny Gantz droht mit Austritt aus Regierung

Der Minister im israelischen Kriegskabinett stellt Premier Netanjahu ein Ultimatum. Dieser reagiert verärgert

von Gregor Mayer  18.05.2024

Terror

Leiche einer weiteren Geisel der Hamas im Gazastreifen geborgen

Ron Benjamin wurde am 7. Oktober ermordet, seine Leiche wurde danach in den Gazastreifen verschleppt

 18.05.2024

Trauer

Leiche von Shani Louk im Gazastreifen gefunden

Die Deutsch-Israelin wurde am 7. Oktober von palästinensischen Hamas-Terroristen ermordet

von Laura Almanza  17.05.2024

Nach dem ESC

Kritik am Umgang mit Eden Golan

Die israelische Delegation beklagt »eine beispiellose Zurschaustellung des Hasses«

 17.05.2024

Israel

Armeesprecher: Zwei thailändische Geiseln sind tot

Die beiden Männer, die als Landarbeiter beschäftigt waren, seien bereits am 7. Oktober getötet worden

 17.05.2024

Israel

Regierungsstreit um Zukunft Gazas eskaliert

Rechte Minister fordern eine Entlassung von Verteidigungsminister Yoav Galant

von Imanuel Marcus  16.05.2024

Vermisst

»Eine Ewigkeit in der Hölle«

Naama Levy steht für den Horror, der den Geiseln angetan wird

von Sabine Brandes  16.05.2024

Gedenken

»Für mich ist jeden Tag Jom Hasikaron«

Geschwister sprechen über den Verlust ihrer Lieben, die am 7. Oktober 2023 ermordet wurden

von Sabine Brandes  16.05.2024