Israel

Nach der dritten Karriere ist Schluss

Der Yad-Vashem-Vorsitzende Avner Shalev (hier 2018 mit Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz) hat seinen Rücktritt angekündigt. Foto: Flash 90

In seiner ersten Karriere war Avner Shalev Soldat, in seiner zweiten Beamter, und in der dritten leitete er 27 Jahre lang die Gedenkstätte Yad Vashem.

Am Sonntag erklärte der 81-Jährige seinen Rücktritt von diesem Amt zum Jahresende. Er habe sich »nach intensiver Selbstreflexion« dazu entschieden, den Posten aufzugeben, so Shalev in seinem Rücktrittsschreiben. Gründe für die Entscheidung gab er zunächst keine an.

ARMEE Bereits mit 17 hatte Shalev 1956 beim israelischen Militär angeheuert. Im Sechstagekrieg 1967 war er Offizier, während des Jom-Kippur-Krieges gegen Ägypten, Syrien und Jordanien sechs Jahre später leitete er das Büro des israelischen Generalstabschefs David Elazar. Im Anschluss an den Krieg, bei dem Israel schwere Verluste hinnehmen musste, aber dennoch siegreich blieb, nahm Shalev an den Friedensverhandlungen mit Ägypten teil.

Später wurde er zum Leiter der Abteilung für Bildungs- und Führungsarbeit der israelischen Streitkräfte ernannt und hatte dort auch die Oberaufsicht über das Armeeradio. 1980 quittierte er mit 41 Jahren seinen Dienst beim Militär und wechselte in die staatliche Kulturverwaltung, wo er ebenfalls hohe Ämter bekleidete.

Besonders engagiert war Shalev in den 80er-Jahren beim Ausbau der Kulturbeziehungen Israels mit anderen Ländern.

Besonders engagiert war Shalev in den 80er-Jahren beim Ausbau der Kulturbeziehungen Israels mit anderen Ländern und bei der Förderung von Projekten in den Bereichen Musik und Theater. Vor allem die bessere Integration von Zuwanderern lag ihm am Herzen.

MODERNISIERUNG 1993 ernannte die Regierung von Ministerpräsident Yitzhak Rabin den 1939 in Jerusalem geborenen Shalev zum Vorsitzenden der nationalen Holocaustgedenkstätte Yad Vashem – ein prestigeträchtiges Amt, dem er seinen Stempel aufdrückte.

Shalev durfte nicht nur Hunderte von Staatsgästen durch das Museum und zur Halle der Erinnerung begleiten. Er war gleichzeitig auch Chef einer großen Institution, in der zahlreiche Wissenschaftler zum Holocaust forschen.

In Shalevs Amtszeit fielen ambitionierte Neubauprojekte. 2005 wurde in Yad Vashem ein neues Museum eröffnet, das nicht nur vier Mal so groß war wie sein Vorläufer, sondern auch mit damals bahnbrechenden multimedialen Angeboten die Besucher in seinen Bann zog. Herzstück der »neuen« Gedenkstätte ist die Halle mit den Namen von rund 4,5 Millionen Schoa-Opfern. Diese Namen sind auch in einer Online-Datenbank verzeichnet, die von Yad Vashem gepflegt wird.

KONTROVERSEN Auch vor politischen Kontroversen scheute Shalev nicht zurück. Er übte Druck auf den Vatikan aus, Forschern die Geheimarchive von Papst Pius XII. zugänglich zu machen. Im Jahr 2015 kritisierte er Ministerpräsident Benjamin Netanjahu für seine Aussage, Jerusalems Großmufti Mohammed Amin al-Husseini habe während des Zweiten Weltkriegs die NS-Spitze und Adolf Hitler persönlich davon überzeugt, Millionen von Juden umzubringen.

Auch vor politischen Kontroversen scheute Shalev nicht zurück.

Yad Vashem zeigte sich auch irritiert über die gemeinsam von der Regierung Israels und Polens verabschiedete Erklärung 2018, in der es um ein umstrittenes polnisches Gesetz zum Umgang mit dem Holocaust und die Schuldfrage an der Judenvernichtung im Zweiten Weltkrieg ging.

Im gleichen Jahr forderte die Gedenkstätte die Netanjahu-Regierung zu einem humaneren Umgang mit afrikanischen Migranten in Israel auf. »Die Erfahrung des jüdischen Volkes über die Generationen hinweg sollte besondere Verpflichtung sein«, so Yad Vashem in einer Stellungnahme.

Für sein Engagement erhielt Avner Shalev nicht nur den Israel-Preis, sondern wurde auch im Ausland hoch dekoriert, unter anderem 2007 mit der französischen Ehrenlegion und 2009 mit dem Principe-de-Asturias-Preis in Spanien.

Israel

Drei Brüder werden an einem Tag Väter - von vier Kindern

Zwillinge inklusive: Drei Brüder und ihre Partnerinnen schenken den Großeltern an einem Tag vier Enkel. Wie es zu diesem seltenen Familienglück kam

von Sara Lemel  05.12.2025

Barcelona

Guinness World Records blockiert Bewerbungen aus Israel

Die israelische NGO Matnat Chaim will im kommenden Monat 2000 Nierenspender zusammenbringen. Dieser Rekord wird nicht registriert, da er im jüdischen Staat umgesetzt werden soll

 05.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  05.12.2025

Jerusalem

Netanjahu bezeichnet Korruptionsprozess als »politisch«

»Sie sind nicht an Gerechtigkeit interessiert, sie sind daran interessiert, mich aus dem Amt zu drängen«, so der Ministerpräsident

 05.12.2025

Luftfahrt

EasyJet plant Rückkehr nach Israel

Im Frühling geht es mit zunächst drei Verbindungen zwischen europäischen Städten und dem Ben-Gurion-Flughafen los

 05.12.2025

Medien

»Die Kritik trifft mich, entbehrt aber jeder Grundlage«

Sophie von der Tann wird heute mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt. Bislang schwieg sie zur scharfen Kritik an ihrer Arbeit. Doch jetzt antwortete die ARD-Journalistin ihren Kritikern

 04.12.2025

Die letzte Geisel in Gaza

»Er ging als Erster – er kommt als Letzter zurück«

Ran Gvili war ein Polizist einer Eliteeinheit, der trotz gebrochener Schulter in den Kampf zog

von Sabine Brandes  04.12.2025

Prozess

Bitte um Gnade

Premierminister Netanjahu wendet sich überraschend an Staatspräsident Herzog

von Sabine Brandes  04.12.2025

Preisvergabe

Charlotte Knobloch kritisiert Berichterstattung von Sophie von der Tann

Dass problematische Berichterstattung auch noch mit einem Preis ausgezeichnet werde, verschlage ihr die Sprache, sagt die Präsidentin der IKG München

 04.12.2025