Kommunalwahlen

Im Rathaus nichts Neues

Der alte und neue Bürgermeister Jerusalems, Nir Barkat, betet nach seinem Wahlsieg an der Kotel. Foto: Flash 90

Die israelischen Bürger haben am Dienstag ihre Stadtoberhäupter gewählt. Allerdings war das Interesse nicht groß: Nur 42,6 Prozent der Wahlberechtigten gingen zur Urne. Große Überraschungen gab es nicht. Das mit Spannung erwartete Ergebnis in Jerusalem ging mit einem Sieg des Amtsinhabers Nir Barkat aus. Insgesamt können 70 Prozent der Bürgermeister eine weitere Amtszeit antreten. Die endgültigen Ergebnisse stehen aber noch aus.

Die Niederlage von Mosche Lion (Likud/Beiteinu), der von Avigdor Lieberman und Arie Deri (Schas) gegen Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat ins Rennen geschickt worden war, löste überwiegend Häme aus. Lion sei lediglich eine Marionette von Liebermann und Deri, die beide an mehr Einfluss in Jerusalem interessiert seien. Insofern sei seine Niederlage vor allem eine für die beiden Hintermänner, kommentierte die Zeitung Maariv.

Die Wahlbeteiligung in Jerusalem blieb mit rund 36 Prozent hinter den Erwartungen zurück, alle Appelle im Vorfeld fruchteten nichts. Im Osten der Stadt hatten sich infolge von Boykottaufrufen weniger als ein Prozent der Araber an der Abstimmung beteiligt. Bei den ultraorthodoxen Juden in Jerusalem war die Beteiligung hingegen mit 70 Prozent überdurchschnittlich hoch.

Vereint Barkat wurde mit 51 Prozent wiedergewählt, Leon errang 45 Prozent der abgegebenen Stimmen. »Es ist ein Sieg für ganz Jerusalem«, freute sich Barkat und versprach, sich für die Entwicklung der Stadt – »in allen Bereichen« – weiter einzusetzen. Dies sei mit vereinten Kräften möglich, sagt er mit Blick auf die oppositionellen Parteien.

Freuen kann sich auch Ron Huldai (Arbeitspartei), der seit 1998 Amtsinhaber in Tel Aviv ist und nun mit 53 Prozent ein gutes Ergebnis erreichte. Sein Herausforderer, der Meretz-Abgeordnete Nitzan Horowitz, sagte trotz seiner Niederlage (38 Prozent), Huldai könne die Anzahl der Gegenstimmen nicht einfach ignorieren. »Wir sind in allen Stadtteilen unterstützt worden, weil wir ein ernst zu nehmendes Konzept vorlegten. Das ist ein Weckruf nicht nur für die Stadt, sondern für die ganze Regierung.« Die Wahlbeteiligung in Tel Aviv lag bei 31 Prozent.

Einfluss Mindestens ebenso spannend wie in Jerusalem war der Wahlkampf in Beit Schemesch. Eli Cohen, der Kandidat für drei säkulare Parteien, trat gegen den ultraorthodoxen Amtsinhaber Mosche Abutbul an. Der immer stärker werdende Einfluss der Religiösen in der Stadt sollte unterbunden werden. Das ist nicht gelungen: Abutbul wurde mit 52 Prozent wiedergewählt. »Es galt als Schande in Beit Schemesch, ultraorthodox zu sein. Nun sieht man: Es gibt Gebiete für Juden«, triumphierte der Wiedergewählte.

In Haifa wird Jona Jahav seine dritte Amtszeit antreten, genauso wie der Amtsinhaber Dov Tzur in Rischon LeZion, der mit 70 Prozent im Amt bestätigt wurde. Die Bürgermeister in Aschdod und Beer Sheva können ebenfalls weitermachen.

Vor allem in den kleineren Gemeinden gab es jedoch überraschende Ergebnisse. So gewann Israel Singer in Ramat Gan und löst nun nach 24 Jahren Zvi Bar ab, auch Tiberias wird künftig von einem neuen Bürgermeister regiert. Er heißt Jossi Ben David. In Nazareth unterlag mit 400 Stimmen weit abgeschlagen die arabische Knessetabgeordnete Hanin Zoabi von der Balad-Partei dem Amtsinhaber Ramez Dschraisy, der 43 Prozent der Stimmen erhielt.

Kriminelles Merkwürdig ist: Drei Kandidaten sind gewählt worden, obwohl sie vom Obersten Gerichtshof aufgrund von laufenden Verfahren gar nicht zur Kandidatur zugelassen wurden. Darunter ist ist Schlomi Lachiani, Bürgermeister von Bat Yam. Er war von seinem Posten enthoben worden und gewann 57 Prozent der Stimmen. Er will das Amt annehmen, aber ob das rechtlich möglich ist, ist noch unklar.

In Lod wurde der Kandidat für eine arabische Partei am Montagabend angeschossen. Er wurde schwer am Bauch verwundet, viele seiner Anhänger kamen ins Krankenhaus. Der Attentäter ist flüchtig, die Ermittlungen laufen.

Nahost

Katar und Türkei wollen keine vollständige Entwaffnung der Hamas

Israel vor neuen diplomatischen Manövern: Katar und die Türkei versuchen, die im ursprünglichen Gaza-Plan vorgesehene vollständige Entwaffnung der palästinensischen Terrororganisation Hamas zu verwässern

 08.12.2025

Nahost-Krieg

Israels Armeechef: Gelbe Linie bildet operative Grenze zum Gazastreifen

Laut Eyal Zamir gibt es nun einen Schutzriegel für die israelischen Gemeinden am Rand Gazas

 08.12.2025

Jerusalem

Netanjahu sieht »historischen Wandel« in Rüstungskooperation

»Nicht nur Deutschland arbeitet für die Verteidigung Israels, sondern Israel, der jüdische Staat, arbeitet 80 Jahre nach dem Holocaust für die Verteidigung Deutschlands«, sagt der Ministerpräsident

 08.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  08.12.2025

Israel

Drei Brüder werden an einem Tag Väter - von vier Kindern

Zwillinge inklusive: Drei Brüder und ihre Partnerinnen schenken den Großeltern an einem Tag vier Enkel. Wie es zu diesem seltenen Familienglück kam

von Sara Lemel  08.12.2025

Meinung

Eurovision: Mobbing statt Musik

Eigentlich versteht jeder, dass Musiker nicht mit ihren Regierungen identisch sind. Wenn es um den jüdischen Staat geht, scheint diese Logik jedoch nicht zu gelten

von Sabine Brandes  07.12.2025

Israel

Ein zarter Neuanfang

Bei seinem Antrittsbesuch in Jerusalem wollte Bundeskanzler Friedrich Merz das zuletzt stark belastete Verhältnis zum jüdischen Staat kitten. Ist es ihm gelungen? Eine Analyse

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025

Gesellschaft

»Hamas hält letzte Geisel als Faustpfand«

Anti-Regierungsproteste lösen die wöchentlichen Kundgebungen zur Befreiung der Geiseln ab

von Sabine Brandes  07.12.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Stellen Sie sich vor, jemand würde Deutschland vernichten wollen«

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobte der Premierminister Bundeskanzler Merz als verständigen Gesprächspartner und rechtfertigte Israels hartes Vorgehen gegen die Hamas

 08.12.2025 Aktualisiert