Gay Pride Jerusalem

Heilige Toleranz

Besonderes Flair: Gay Pride in Jerusalem Foto: Flash 90

Unter Regenbogenfahnen haben sich vergangenen Donnerstag mehrere Tausend Israelis in Jerusalem zu einem »Marsch für Stolz und Toleranz« versammelt. Auch in Jerusalem ist die Gay Pride Parade mittlerweile ein fester Bestandteil des jährlichen Festkalenders. Doch unterscheidet sie sich von Veranstaltungen etwa in Tel Aviv oder Berlin, die mit viel nackter Haut und lautem Techno Touristen und Feierlustige anlocken.

Im frommen Jerusalem geht es nicht nur moderater, sondern auch politischer zu. Unter der Schirmherrschaft des Jerusalem Open House demonstrieren seit über zehn Jahren Aktivisten im Stadtzentrum für Anerkennung und Rechte. In den frühen Jahren war die Gay Pride klein und eher lokal. Nur wenige Auswärtige fanden sich ein. Einige liberale Israelis befürchteten gar, solch eine Parade in der heiligen Stadt könne die sensiblen Beziehungen zwischen Religiösen und Säkularen zum Zerbersten bringen.

»Zorn Gottes« Tatsächlich formierte sich schnell massiver Widerstand gegen den Marsch. In ultraorthodoxen Vierteln beschworen Plakate den Zorn Gottes, der sich über solche »Abscheulichkeiten« bald in einer zweiten Schoa entladen würde. Politiker und Rabbiner empörten sich, und am Tag des Umzugs säumten lange Reihen von Gegendemonstranten die Straßenränder. 2015 schließlich erstach ein Eiferer die 16-jährige Schülerin Shira Banki. Im Folgejahr beteiligten sich über 25.000 Menschen an dem Umzug.

Doch stehen nicht alle frommen Einwohner der Veranstaltung feindlich gegenüber. Gehäkelte Kippot, lange Röcke und Kopftücher prägten bereits das Bild der ersten Umzüge. Jährlich steigen die Zahlen von Rabbinern und religiösen Aktivisten, die ihre Solidarität zum Ausdruck bringen. »Wer gibt Ihnen das Recht, Homosexuelle zu beleidigen?«, fragte etwa der orthodoxe Rabbiner Benny Lau nach den homophoben Ausfällen eines seiner Kollegen im letzten Jahr.

Gerade die Vielfalt der Jerusalemer Parade macht ihr besonderes Flair aus. Neben Vertretern der jüdischen Gesellschaft waren in der Vergangenheit auch arabische Einwohner Jerusalems anzutreffen, vereinzelt sprachen sogar Repräsentanten aus den palästinensischen Gebieten.

Szene Der seit 2015 massiv betriebene Polizeischutz steht in gewisser Diskrepanz zur Hoffnung der Organisatoren auf mehr Toleranz und Offenheit. Doch wird die kleine, dafür aber umso buntere und höchst aktive Jerusalemer Szene sicher auch in Zukunft dafür sorgen, dass ihre Stadt nicht nur für religiösen und politischen Fanatismus in die internationalen Schlagzeilen gerät.

Jerusalem

Bennett befürwortet Begnadigung Netanjahus – unter einer klaren Bedingung

Israel sei »ins Chaos und an den Rand eines Bürgerkriegs geführt worden«, so der Oppositionspolitiker. Um das Land aus dieser Lage herauszuholen, unterstütze er ein »verbindliches Abkommen«

 01.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Jerusalem

Netanjahu bittet Israels Präsidenten um Begnadigung

US-Präsident Trump hat eine Begnadigung des wegen Korruption angeklagten Regierungschefs Netanjahu gefordert. Nun schreibt Netanjahu selbst ein Gnadengesuch. Israels Opposition übt scharfe Kritik

 30.11.2025

Meinung

Der Weg zum Frieden in Nahost führt über Riad

Donald Trump sieht in Saudi-Arabien zunehmend einen privilegierten Partner der USA. Die Israelis müssen gemäß dieser neuen Realität handeln, wenn sie ein Abkommen mit dem mächtigen Ölstaat schließen wollen

von Joshua Schultheis  29.11.2025 Aktualisiert

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  29.11.2025

Jerusalem

Koalition stoppt Zusatzhilfen für freigelassene Geiseln

In der Knesset lehnt die Regierungsmehrheit hat einen Gesetzentwurf der Opposition ab, der Betroffenen eine sofortige finanzielle Unterstützung zusichern sollte

 29.11.2025

Nachrichten

Wetter, Geiselforum, Künstliche Intelligenz

Kurzmeldungen aus Israel

von Sabine Brandes  29.11.2025

Nahost

Siedlergruppe dringt nach Syrien ein: IDF nimmt acht Personen fest 

Mehrere Menschen überqueren die Grenze. Medien zufolge wollen sie im Nachbarland eine Siedlung gründen. Es ist nicht ihr erster Versuch

 28.11.2025

Staatsbesuch

Kanzler Merz reist am nächsten Wochenende nach Israel

Das Datum steht: Bundeskanzler Merz reist in gut einer Woche zum Antrittsbesuch nach Israel. Der Gaza-Krieg hatte die Reise verzögert, durch die Waffenruhe wird sie jetzt möglich

 28.11.2025