Prozess

Gunst und Gaben

Hadas Klein (r.), Assistentin des Milliardärs Arnon Milchan, auf dem Weg zum Gerichtssaal Foto: Flash90

Prozess

Gunst und Gaben

Die Assistentin von Hollywood-Mogul Arnon Milchan sagt gegen Ex-Premier Netanjahu aus

von Sabine Brandes  31.07.2022 08:29 Uhr

In Jerusalem ist wieder einmal Wahlkampf. Offen buhlen die Politiker um die Gunst der Wählerschaft. In derselben Stadt findet zur selben Zeit ein Prozess statt, der mindestens ebenso viel mit Gunst – und jeder Menge Gaben – zu tun hat. Seit einem Jahr hören die Richter des Bezirksgerichts Zeugen im Korruptionsprozess gegen den ehemaligen Premierminister und derzeitigen Oppositionsführer Benjamin Netanjahu vom rechtskonservativen Likud an.

Doch keiner der Zeugen erhielt so viel Aufmerksamkeit wie Hadas Klein, persönliche Assistentin des Hollywood-Moguls Arnon Milchan und israelische Vertreterin des australischen Milliardärs James Packer, beide enge Freunde der Netanjahus. Sie gab detaillierte Einblicke in die Vorwürfe des sogenannten Falls 1000, bei dem es um angebliche Luxusgeschenke im Wert von fast 700.000 Schekeln geht.

Solange es keine Wohnung ist, die geschenkt wird, seien die Gaben in Ordnung, soll der Tenor der Beziehung zwischen den Netanjahus und den extrem wohlhabenden Männern gewesen sein. Angeblich sei dies der juristische Ratschlag eines Anwalts der Familie gewesen.

Decknamen Wochenlang packte die Assistentin in den Ermittlungen der Polizei über ihre Version des Geschehens aus und erzählte von »einer Flut von Forderungen der Netanjahus, von in schwarzen Tüten versteckten Präsenten, der Verwendung von Decknamen und von Sara Netanjahus Wutausbrüchen, als ihre Anträge abgelehnt wurden«.

»Arnon konnte sich nicht mit leeren Händen mit den Netanjahus treffen, das gab es nicht«, bezeugte Klein. »Sie wären sehr enttäuscht gewesen – und das ist milde ausgedrückt. Wir waren angewidert von diesen Forderungen.« Milchan habe den Ermittlern der Polizei die Aussagen seiner Assistentin bestätigt. Auf die Frage, was passiert wäre, wenn er Netanjahu nicht mit teuren Geschenken überschüttet hätte, antwortete er, dass er dann ein wenig willkommener Gast in Netanjahus Amtssitz gewesen wäre.

Den Einlass in die Residenz des Premiers habe man mit Geschenken bezahlen müssen.

Im Gegenzug dafür habe er Benjamin Netanjahu sogar aus den »wichtigsten Treffen mit Staatsoberhäuptern heraustelefonieren können«, führte Milchans Assistentin weiter aus. Angeblich habe der damalige Premier seinem wohlhabenden Freund als Gegenleistung für die Präsente bei der Verlängerung seines US-Visums geholfen.

Forderungen Nach Kleins detaillierten Angaben hätten weder sie selbst noch Milchan je vorgeschlagen, etwas an das Paar zu geben. Doch den Einlass in die Residenz des Premierministers habe man teuer bezahlen müssen, sagte Klein aus. »Und zwar in Form von Zigarrenkisten, Sektkisten und teurem Schmuck.« Ihren Chef Milchan beschrieb sie dabei als einen knauserigen Mann, obwohl er Milliarden auf der Bank habe. Die Forderungen des Paares hätten ihm wohl sehr missfallen, aber er habe keine andere Wahl gehabt.

Zudem habe Netanjahu ein Veto gegen eine Drei-Millionen-Dollar-Spende des australischen Milliardärs James Packer an das Peres Center eingelegt, ließ Klein wissen. Schimon Peres war lange Zeit politischer Rivale des Likud-Vorsitzenden gewesen.

Doch es geht in dem Prozess nicht nur um Geschenke. Im »Fall 2000« soll Netanjahu versucht haben, in geheimen Absprachen mit einem konkurrierenden Verleger die Gratiszeitung »Israel Hayom« auf dem Markt zu schwächen. Hier ist er wegen Betrugs und Untreue angeklagt. »Fall 4000« steht für Reformen in der Medienwelt mit Millionen-Vorteilen für den Eigentümer des Telekommunikationsunternehmens Bezeq im Austausch für positive Berichterstattung. Die Anklage benennt wiederum Betrug, Untreue sowie den schwerwiegenden Vorwurf der Bestechung.

»hexenjagd« Netanjahu streitet alle Vorwürfe ab, spricht von einer Hexenjagd gegen sich und seine Angehörigen. Politische Widersacher würden auf diese Art versuchen, ihn aus dem Amt zu drängen, hatte er stets behauptet.

Der Prozess wird nach der Sommerpause im September fortgeführt – wenige Wochen vor den kommenden Knessetwahlen. Letztendlich waren es weder Schaumwein noch Schmuck, die den Ex-Ministerpräsidenten dereinst aus dem Amt katapultierten, sondern die Unfähigkeit, eine regierungsfähige Koalition auf die Beine zu stellen.

Ob ihn der Korruptionsprozess im November daran hindern wird, wieder ins Amt einzusteigen, ist eine der zentralen Fragen, die diese Wahl begleiten wird.

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