Nahost

Gaza-Verhandlungen in Kairo, mögliches Spitzentreffen am Sonntag

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Mittwoch auf der Ramat David-Luftwaffenbasis. Er besteht darauf, dass Israel den Philadelphi-Korridor kontrolliert. Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com

Ein israelisches Verhandlungsteam führt in der ägyptischen Hauptstadt Kairo erneut Gespräche über ein Abkommen für eine Waffenruhe, wie ein israelischer Regierungssprecher sagte. Auch eine Delegation aus den USA traf laut informierten Kreisen am Flughafen Kairo für weitere Verhandlungen in der Stadt ein.

Die israelische Zeitung »Haaretz« schrieb unter Berufung auf einen israelischen Repräsentanten, das Verhandlungsteam bereite sich auf ein mögliches Spitzentreffen am Sonntag vor, »falls die Hamas-Bewegung erkennen lässt«. Ägypten, Katar und die USA vermitteln zwischen Israel und der palästinensischen Terrororganisation Hamas, da diese nicht direkt miteinander verhandeln.

Mit einem Abkommen soll auch die Freilassung israelischer Geiseln in der Gewalt der Terroristen und die Entlassung palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen beschlossen werden.

Streitpunkt Philadelphi-Korridor

Israels beharrliche Forderung nach einer dauerhaften Kontrolle der südlichen Grenze zwischen Gaza und Ägypten ist einer der Streitpunkte. Laut der israelischen Armee verlaufen unter dem sogenannten Philadelphi-Korridor etliche Tunnel der Hamas. Israel pocht auf die Kontrolle, um so Waffenschmuggel zu verhindern. Ägypten bestreitet dagegen die Existenz unterirdischer Schmuggelrouten.

»Es gibt eine Krise des Misstrauens zwischen Israel und Ägypten«, sagte Israel Ziv, ein laufend von Beamten über den Krieg informierter israelischer General im Ruhestand, dem »Wall Street Journal«. Die US-Zeitung berichtete unter Berufung auf ägyptische Quellen von neuen Vorschlägen Israels.

Demnach haben Israels Verhandlungsführer vorgeschlagen, in dem Korridor acht Beobachtungstürme errichten zu lassen. Die USA hätten einen Gegenvorschlag von zwei Türmen eingebracht. Ägypten lehne jedoch beide Vorschläge mit der Begründung ab, dass solche Türme Israels Militär dauerhaften Zugang zu dem Gebiet verschaffen würden.

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Verhinderung einer Wiederbewaffnung

Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu bezeichnete am Abend einen Medienbericht als falsch, wonach die Stationierung einer multinationalen Truppe entlang des Philadelphi-Korridors in Erwägung gezogen werde. Dies hatte die katarische Nachrichtenwebseite Al-Araby al-Jadid berichtet.

Netanjahu bestehe auf dem Grundsatz, dass Israel den Philadelphi-Korridor kontrolliert, um die Hamas daran zu hindern, sich erneut zu bewaffnen, hieß es in der Mitteilung von Netanjahus Büros. Dies würde der Hamas ermöglichen, die Gräueltaten vom 7. Oktober 2023 zu wiederholen. Neue Massaker hatten Hamas-Vertreter bereits angekündigt.

Die Terroristen fordern einen kompletten Abzug Israels aus dem Gazastreifen, obwohl sie auch diesen Krieg selbst begonnen hatten. Aus Sicht Ägyptens verstößt die Anwesenheit israelischer Streitkräfte in dem Korridor gegen den ägyptisch-israelischen Friedensvertrag von 1979, zitierte das »Wall Street Journal« ägyptische Beamte. Der Vertrag verbiete Israel dort Stationierung von Panzern, Artillerie und Flugabwehrwaffen.

Lösung in Sicht?

Zudem wolle Ägypten nicht als Komplize einer israelischen Besetzung des Gazastreifens gesehen werden, hieß es. Israel bestreite jedoch eine Verletzung des Vertrags und bestehe auf eine eigene Präsenz seines Militärs in dem Korridor, weil es nicht glaube, dass es sich auf Ägypten verlassen könne, um Waffenschmuggel der Hamas zu unterbinden, schrieb die US-Zeitung.

Daniel Kurtzer, ein ehemaliger US-Botschafter in Ägypten und Israel, halte es für möglich, dass Ägypten und Israel letztlich eine Lösung für das Problem finden. »Aber ich bin mir nicht sicher, ob es eine Lösung für die Forderungen der Hamas gibt«, wurde er zitiert.

Laut einem kürzlich erschienenen Bericht des US-Nachrichtenportals »Politico«, der sich auf zwei israelische und zwei US-Beamte beruft, steht ein Abkommen kurz vor dem Scheitern, ohne dass es eine klare Alternative gebe. In dem Fall wird eine größere Eskalation im Nahen Osten befürchtet. Der Iran droht Israel seit Jahren mit Vernichtung. Die Gefahr eines Angriffs ist derzeit besonders hoch.

Harris für Waffenruhe

Die demokratische US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris hat sich indessen mit Nachdruck für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und eine Freilassung der Geiseln ausgesprochen.

Präsident Joe Biden und sie als Vizepräsidentin setzten sich rund um die Uhr dafür ein, und sie werde auch immer für Israels Recht der Selbstverteidigung eintreten, betonte Harris zum Abschluss des Parteitags der Demokraten in Chicago. Gleichzeitig sprach sie in deutlichen Worten über das Leid der Zivilbevölkerung im Gazastreifen.

»Was in den letzten zehn Monaten in Gaza passiert ist, ist verheerend. So viele Unschuldige tot, verzweifelte, hungernde Menschen, die fliehen, um sich in Sicherheit zu begeben. Immer und immer wieder. Das Ausmaß des Leidens ist herzzerreißend«, sagte Harris vor Tausenden Delegierten.

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Mehr Mitgefühl

Mit dem von ihr begonnenen Krieg hat die palästinensische Terrororganisation Hamas ihre eigene Bevölkerung in eine in mehrfacher Hinsicht bedrohliche Lage gebracht. Sie missbraucht die Menschen als lebende Schutzschilde, indem sie Wohngebäude und Schulen als Terrorzentralen nutzt – auch um Israel dann vorwerfen zu können, zivile Gebäude angegriffen zu haben. Zum Schutz der Zivilisten dort warnen Israels Streitkräfte (IDF) Bewohner derweil jeweils vor Angriffen gegen den Terror und fordern sie zur Flucht auf. Fluchtrouten und humanitäre Zonen werden eingerichtet.

Kamala Harris erklärte in Chicago, Biden und sie arbeiteten daran, den Krieg zu beenden, die Geiseln freizubekommen und die Sicherheit Israels zu gewährleisten. Das Leiden im Gazastreifen müsse enden »und die Palästinenser müssen ihr Recht auf Würde, Sicherheit, Freiheit und Selbstbestimmung realisieren können«, sagte Harris - Letzteres zu tosendem Applaus.

Mit Blick auf den Gaza-Krieg vertreten Biden und Harris die gleiche Linie - als Kandidatin lässt Harris in ihren Aussagen aber mehr Mitgefühl für das vom palästinensischen Terror verursachte Leid der Zivilbevölkerung. dpa/ja

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