Jerusalem

Frist für Gantz läuft ab

Auch er hat insgesamt 28 Tage Zeit, um eine Koalition auf die Beine zu stellen: Benny Gantz Foto: Flash 90

Noch zwei Tage, dann muss auch Benny Gantz das Mandat zur Regierungsbildung zurückgeben. Am kommenden Mittwoch ist die 28-Tage-Frist abgelaufen, und wie es derzeit aussieht, wird auch der ehemalige Stabschef keine regierungsfähige Koalition auf die Beine stellen. Zuvor war Premier Benjamin Netanjahu an der Aufgabe gescheitert. Damit wird es immer wahrscheinlicher, dass die Israelis zum dritten Mal zur Wahl gehen müssen.

Der Vorschlag von Präsident Rivlin, eine Einheitsregierung mit Rotation des Premiersessels zu bilden, wird derzeit von beiden Parteien, dem Likud und Blau-Weiß, abgelehnt. Letztere weigert sich, dass Netanjahu als Erster an der Spitze stehen würde, da man befürchtet, dass er auch dann nicht zurücktreten oder sich zumindest beurlauben lassen werde, wenn er angeklagt wird.

Der Vorschlag von Präsident Rivlin, eine Einheitsregierung mit Rotation des Premiersessels zu bilden, wird derzeit von Likud und Blau-Weiß abgelehnt.

stillstand Der Likud indes will seinen rechts-religiösen Block nicht aufbrechen. Mit dem »Immunitäts-Block« aber wollen weder Gantz noch Avigdor Lieberman von Israel Beiteinu koalieren. So herrscht weiter Stillstand in Israels Politik. Und das bereits seit April, als die Menschen zum ersten Mal in diesem Jahr ihre Stimmen abgaben.

Am Sonntag waren Gantz und Lieberman zu einem Treffen zusammengekommen, das im Anschluss als »gut und praktisch« bezeichnet wurde. Einen Tag darauf will der Vorsitzende von Israel Beiteinu noch einmal mit Netanjahu zusammenkommen.

Experten bezweifeln jedoch, dass der Ministerpräsident bereit sein wird, seinen Block aufzugeben. Viele meinen, er lege es darauf an, die Israelis wieder wählen zu schicken, um der Anklage durch Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit durch dieses politische Manöver zu entkommen.

Am Sonntag waren Gantz und Lieberman zu einem Treffen zusammengekommen, das im Anschluss als »gut und praktisch« bezeichnet wurde.

Die theoretische Möglichkeit einer Minderheitenregierung zwischen Mitte- und Links-Parteien mit Unterstützung der arabischen Vereinten Liste, die Blau-Weiß – obwohl nie offiziell bestätigt – in Erwägung gezogen hatte, wird nach jüngster Auskunft der Partei nicht geschehen. Erstens wird sie nicht von Lieberman unterstützt, zweitens gaben Quellen an, dass Gantz, sollte keine Einheitsregierung zustande kommen, das Mandat an Präsident Reuven Rivlin zurückgeben werde.

minderheitenregierung Rivlin hatte am Montag von einer derartigen Minderheitenregierung abgeraten. Das berichtete der öffentlich-rechtliche Sender Kan. Prinzipiell habe der Präsident zwar nichts dagegen, sorge sich jedoch, dass diese Koalition nicht funktionieren und der israelischen Gesellschaft nicht helfen würde. Stattdessen betonte er noch einmal die Bedeutung einer Einheitsregierung aus Blau-Weiß und Likud.

Netanjahu hatte besonders Stimmung gegen eine Minderheitenregierung gemacht und nannte sie »eine nationale Attacke auf den Staat Israel«. Am Sonntag hielt seine Partei dazu eine »Notfall-Demonstration« in Tel Aviv ab. Dabei erklärte Netanjahu, dass die arabischen Knessetabgeordneten darauf aus seien, »Israel zu zerstören«, und man in Teheran, Gaza und Ramallah feiern würde.

Netanjahu hatte besonders Stimmung gegen eine Minderheitenregierung gemacht und nannte sie »eine nationale Attacke auf den Staat Israel«.

Der Vorsitzende der Vereinten Liste, Ayman Odeh, legte am selben Tag Beschwerde bei dem Beauftragten der Knesset ein, nachdem ein Papier von ihm in der Knesset kursierte, auf dem sein Gesicht mit Photoshop auf den uniformierten Körper eines Soldaten der iranischen Al-Quds-Brigaden montiert wurde. Odeh macht Netanjahu für derartige Angriffe verantwortlich. Denn: Es wird keine Netanjahu-Oberschule geben. Sein Vermächtnis wird das eines verbitterten Kriminellen sein«, schrieb der Politiker. »Der Premier kann nur eines: Verletzen und Aufwiegeln gegen jene, die er eigentlich vertreten sollte.«

kritik Auch Gantz kritisierte Netanjahus Wortwahl. Er twitterte, »die Menschen im Süden haben im Raketenhagel keine Notfallsitzung bekommen oder die Alten und Kranken, die in den Fluren der Hospitäler schlafen müssen. Wie gewöhnlich, geht es Netanjahu nur um Netanjahu«.

Nach der Rückgabe des Mandats an Rivlin durch Gantz gibt es noch die Möglichkeit, dass irgendein Knessetmitglied, egal welcher Partei, in 21 Tagen eine Mehrheit zusammentrommelt. Voraussetzung ist nur, dass diese Person 61 Knessetabgeordnete hinter sich bringt, die sie bei der Aufgabe unterstützen. Einige munkeln bereits, dass dies Liebermans Chance ist, sich endgültig zum Königsmacher in Israels Politik zu krönen.

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