Tourismus

»Es wird ein heißer Sommer«

Badevergnügen am Toten Meer Foto: Flash90

Tourismus

»Es wird ein heißer Sommer«

Die Reisebranche erholt sich in einigen Bereichen schneller als erwartet

von Sabine Brandes  22.05.2022 08:21 Uhr

Alle, die hier einkehren, machen die »Abraham-Erfahrung«. Ganz im Sinne des Urvaters, den die Gründer der gleichnamigen Hostels und Touren als »ersten Backpacker« bezeichnen. Der Tourismus in Israel nach den Pandemie-Beschränkungen der vergangenen zwei Jahre läuft wieder an, die Zahl der ausländischen Gäste steigt stetig. In einigen Bereichen, wie etwa den Hostels und Touren der »Abraham«-Gruppe, viel schneller als erwartet.

Der jüngste Bericht des Zentralen Statistikbüros gibt an, dass im April 207.400 Touristen ins Land einreisten, die höchste Zahl seit Beginn der Corona-Krise, aber nur die Hälfte im Vergleich zum April 2019. Damals waren in nur einem Monat knapp eine halbe Million Besucher gekommen, um zu urlauben. Es bedeutet jedoch trotzdem eine große Erholung für die geschundene Branche, nachdem am 1. März der Himmel für alle Touristen – geimpft und ungeimpft – zur Einreise geöffnet wurde.

Flughafen Ab 20. Mai ist das Reisen nach Israel für Besucher aus dem Ausland noch einfacher geworden. Dann müssen sie keinen obligatorischen Corona-Test mehr am Ben-Gurion-Flughafen durchführen lassen. Das teilte das Gesundheitsministerium in Jerusalem mit.

Darüber hinaus dürfen Nicht-Israelis seit dem 10. Mai vor dem Antritt ihrer Reise im Abflugland einen Antigentest anstelle eines PCR-Tests machen. Dieser darf nicht länger als 24 Stunden vor Antritt des Fluges zurückliegen. Außerdem muss 48 Stunden vor dem Einsteigen ein Einreiseformular ausgefüllt werden.

Gesundheitsminister Nitzan Horowitz sagte in einer Erklärung, dass das Testsystem allerdings bestehen bleibe, »damit wir in der Lage sein werden, es so schnell wie nötig zu reaktivieren«. Als Grund für den Wegfall der Testpflicht nannte er den stetigen Rückgang der Fälle. Ab dem 23. Mai werden die Reisenden auch keine Masken mehr in den israelischen Flugzeugen tragen müssen, einen Monat zuvor war das Maskenmandat in Innenräumen beendet worden. Derzeit gilt es nur noch in Krankenhäusern, Pflege- und Seniorenheimen.

Rekordzahlen Vor Beginn der Corona-Pandemie hatte Israel beim Tourismus drei Jahre lang in Folge Rekordzahlen geschrieben. Im September 2019 gab das Tourismusministerium bekannt: »Im jüdischen Jahr 5779 reisten mit 4,6 Millionen mehr ausländische Gäste an als jemals zuvor.« Es handele sich um eine Steigerung von 18 Prozent. Menschen kamen in Scharen aus aller Welt, um sich die heiligen Stätten anzuschauen, die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen und in die kulturelle sowie kulinarische Vielfalt des kleinen Nahoststaates einzutauchen.

»Diese eindrucksvollen Zahlen sind das unmittelbare Resultat unserer anstrengenden Arbeit und revolutionären Änderungen, die in diesem Bereich vorgenommen wurden«, lobte der damalige Tourismusminister Yariv Levin. »Wir haben uns darauf konzentriert, das Angebot an Unterkünften zu erweitern und die Kosten für Ferien hierzulande zu reduzieren.« Das kam an. Die Einkünfte für die verschiedenen Bereiche der Branche wurden mit rund 5,6 Milliarden Euro angegeben.

Vor Corona kamen die Menschen in Scharen aus aller Welt.

Israel galt dabei schon längst nicht mehr nur als das »Heilige Land für die christlichen Pilger«, sondern war bereits damals Inbegriff für Abwechslungsreichtum auf kleiner Fläche, mit einer ungewöhnlich reichen Geschichte, vielfältiger Landschaft, kulinarischen Besonderheiten, Aufgeschlossenheit gegenüber der LGBTQ-Gemeinde und einem großen Fun-Faktor. Für Letzteres sorgt vor allem die Metropole Tel Aviv am Mittelmeer.

Mit ihrem Slogan »Die Stadt, die niemals schläft« lädt sie die Feierwütigen aus aller Welt auch zu den jährlichen Pride-Paraden. Der nächste Umzug findet am 10. Juni statt. »Größer und schöner als je zuvor«, lockt die Stadtverwaltung. Unter dem Motto »We Dare You To Keep a Straight Face!« sollen mehr Wagen und Teilnehmer dabei sein als vor der Pandemie. Neben der Parade finden den ganzen Monat über Pride-Veranstaltungen in der Metropole statt.

Rucksackreisende Der kaufmännischer Direktor bei »Abraham«, Uri Sharon, sieht die steigenden Gästezahlen jeden Tag in den Hostels. »Es läuft fantastisch an, viel schneller, als wir gedacht hatten. Ins Abraham kommen vor allem die »FITs«, wie sie im Fachjargon genannt werden, die »flexiblen, unabhängigen Touristen«, also die Individual- oder Rucksackreisenden. Vornehmlich seien es Leute zwischen 25 und 40 Jahren, die meisten stammten aus Deutschland und den USA. »Den Deutschen gefällt unser Konzept offenbar«, ist Sharon sicher.

Das »Konzept« besteht aus vier Hostels, jeweils eines in Tel Aviv, Jerusalem, Eilat und ein kleineres in Nazareth. Außerdem veranstaltet Abraham Touren durch das ganze Land, darunter nach Masada, ans Tote Meer, in den Golan, nach Galiläa und ins Westjordanland sowie die Ausgrabungsstätte Petra in Jordanien. Derzeit wollten die Leute vor allem Tel Aviv und Jerusalem sehen, nach Sharons Wahrnehmung hätten sie besonders Lust auf die »Highlights«.

»Im Grunde genommen kann man fast das ganze Land mit uns erkunden«, preist er seine Hostels und Touren an. »Zwei bis drei Tage in Tel Aviv in unserem Haus, dann nach Jerusalem, vielleicht Nazareth oder Eilat und dazwischen immer mal wieder eine Ausflugstour.« Außerdem sind die Hostels bekannt für jede Menge Veranstaltungen und Partys, bei denen auch gern Hits der 80er und 90er herhalten müssen, um die Gäste in die richtige Stimmung zu bringen. Für den Sommer erwartet das Abraham komplett ausgebuchte Häuser und Touren. »Wir wollen wieder dahin, wo wir 2019 waren, als in einem Jahr 100.000 Leute bei unseren Touren mitmachten. Es wird sicher ein heißer Sommer.«

Know-How Neben dem erfolgreichen Konzept hilft der Abraham-Gruppe die Tatsache, dass sie auch während der Hochzeit der Corona-Pandemie niemals komplett geschlossen hatte. »Wir haben in unseren Häusern durchgehend Israelis beherbergt oder die Zimmer untervermietet. Auch Touren haben wir für die lokale Bevölkerung weiterveranstaltet. Es war uns wichtig, die Infrastruktur aufrechtzuerhalten, das Know-how zu bewahren und unsere Angestellten bei uns zu halten.« Deshalb hätte sie die recht rasche Rückkehr der Touristen zwar überrascht, aber nicht überrumpelt.

In den Häusern in Tel Aviv und Jerusalem herrsche seit März eine Auslastung von 85 Prozent, vorrangig sind es ausländische Touristen. In Nazareth seien es 80 Prozent, jedoch gebe es hier mehr lokale Besucher. Für den Winter hofft Sharon, dass die Fluglinien wieder Direktflüge nach Eilat anbieten. Dann soll auch das dortige Hostel mit 110 Zimmern ausgebucht sein.

Die Gästebewertungen auf der Website erklären, warum die »Abraham-Erfahrung« aufgeht. »Es ist eines der besten Hostels in der ganzen Welt«, meint der amerikanische Reisende Yakov Newman. »Es ist schwer, diese Atmosphäre zu toppen.«

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