Nahost

Erster Besuch nach mehr als 50 Jahren

Israelische Drusen heißen ihre Glaubensbrüder aus dem Nachbarland willkommen. Foto: Flash90

Große Freude auf beiden Seiten! Es war das erste Mal seit mehr als fünf Jahrzehnten, dass syrische Drusen Israel besuchten. Am Wochenende reisten mehr als hundert Geistliche der drusischen Minderheit in Syrien zu einem historischen Besuch nach Israel.

Die Busse überquerten die Grenze auf den Golanhöhen gegen 10 Uhr am Freitag. Zuerst besuchte die Delegation aus dem Nachbarland das Grab des Drusenführers Scheich Amin Tarif in Julis und betete dort gemeinsam mit drusisch-israelischen Geistlichen. Von dort aus besuchte sie weiter das Haus von Scheich Mwafaq Tarif, dem spirituellen Führer der Drusengemeinde in Israel.

Begeisterung wie seit den 1980er Jahren nicht mehr

»Es ist ein Traum, der nach fünf Jahrzehnten vor unseren Augen wahr geworden ist, eine Begeisterung in unserer Gemeinschaft, wie wir sie seit den 1980er Jahren nicht mehr erlebt haben«. Damals hatten sich Drusen aus Israel und Syrien im Libanon getroffen. »Dies ist eine Friedensmission in der Hoffnung, dass die Geschichte, die sich vor unseren Augen abspielt, eine solide Grundlage für den Frieden in der Region bildet«, fügte er hinzu.

Auf beiden Seiten der Golanhöhen leben Mitglieder der Drusen. Die auf israelischer Seite stammen ursprünglich ebenfalls aus Syrien. Sie leben in mehreren Dörfern, viele von ihnen haben Verwandte im Nachbarland. Außerdem lebt eine große Gruppe in Galiläa. Insgesamt sind es in Israel rund 150.000 Menschen.

Die drusische Gemeinschaft in Galiläa hebt sich von der allgemeinen arabischen Bevölkerung durch ihre vollständige Loyalität gegenüber dem jüdischen Staat ab. Drusische Männer sind die einzigen Araber, die von der IDF eingezogen werden und Pflichtdienst leisten. Viele erreichen hohe Positionen, Hunderte sind in den Kriegen für Israel gestorben.

Verteidigungsminister Katz: »Wir werden Israels drusische Gemeinschaft weiterhin stärken und auch ihre Brüder und Schwestern in Syrien vor jeder Bedrohung schützen.«

Drusen gibt es nicht nur in Israel. Sie sind in der ganzen Welt verteilt. Ihre Religionsgemeinschaft ist nach dem Begründer ihrer Lehre, Muḥammad ibn Ismail ad-Darazi benannt, die sich Anfang des 11. Jahrhunderts von den Ismailiten abgespaltet hat. Weil ihre religiösen Lehren nur wenigen »Wissenden« bekannt sind, gilt das Drusentum auch als eine Art Geheimreligion.

Vor etwa drei Monaten war das Regime des syrischen Diktators Bashar al-Assad gestürzt worden. Unter der Leitung von Ahmed al-Sharaa führte die islamistische Gruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS) eine Blitzoffensive durch, al-Assad und seine Familie flüchteten nach Russland. HTS hat ihre Wurzeln im syrischen Zweig von Al-Qaida. Viele westliche Regierungen sehen sie weiterhin als terroristische Organisation an, während al-Sharaa versucht, den Westen zu überzeugen, dass er keine terroristischen Absichten mehr habe.

Angesichts der Sorge der drusischen religiösen Führung in Israel um das Schicksal ihrer Brüder jenseits der Grenze haben Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Israel Katz mehrfach klargestellt, dass Israel es dem neuen Regime in Syrien nicht erlauben werde, den Drusen, die an drei Orten leben und etwa 700.000 Menschen zählen, Schaden zuzufügen.

Später am Tag besuchten die Drusen aus Syrien das Grab des Propheten Jethro in der Nähe von Tiberias und verbrachten die Nacht auf israelischem Boden. Am nächsten Morgen waren sie in mehreren Drusendörfern eingeladen und kehrten anschließend nach Syrien zurück.

Der aktuelle Besuch stieß bei dem sogenannten »Überwachungsausschuss für Drusenangelegenheiten« in Syrien auf begeisterte Resonanz. Die Organisation nannte das Geschehen einen »historischen und bedeutsamen Moment«.

Einige verurteilten die Reise der Geistlichen nach Israel

Einige Bewohner des drusischen Dorfes Hader auf den syrischen Golanhöhen nahe der Grenze verurteilten die Reise der Geistlichen jedoch, da ihrer Meinung nach »Israel versucht, die drusische Gemeinschaft als Verteidigungslinie für die Durchsetzung seiner wachsenden Interessen zu nutzen und instrumentalisiert die Drusen, um die ›nationale Linie‹ zu spalten«.

Eine Woche zuvor hatte der israelische Verteidigungsminister Israel Katz erklärt, dass syrische Drusen schon bald auf den Golanhöhen Israels arbeiten dürfen. »Wir werden Israels drusische Gemeinschaft weiterhin stärken und auch ihre Brüder und Schwestern in Syrien vor jeder Bedrohung schützen«, fügte er hinzu. In der Anfangsphase sollen Dutzende syrischer Drusen im Baugewerbe und in der Landwirtschaft Israels arbeiten.

Kurznachrichten

Hotel, Datteln, Pilger

Meldungen aus Israel

von Sabine Brandes  18.09.2025

Tel Aviv

Israel: Entwicklung von Laser-Abwehrwaffe abgeschlossen

Das Hochleistungs-Lasersystem »Iron Beam« markiert einen Wendepunkt: Präzise, schnell und überraschend günstig. Wie verändert dies Israels Schutz vor Bedrohungen aus feindlichen Ländern der Region?

 18.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert

Gaza

»Gebt mir mein Mädchen zurück!«

Ifat Hayman fleht, dass ihre Tochter Inbar, die letzte weibliche Geisel der Hamas, zur Bestattung zurückgebracht wird

von Ifat Hayman  17.09.2025

Europäische Union

Wie die EU-Kommission Israel sanktionieren will

Ursula von der Leyens Kommission will Israel alle Handelsvergünstigungen streichen. Doch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist (noch) nicht in Sicht. Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  17.09.2025

Israel

»The Sea« erhält wichtigsten israelischen Filmpreis

In Reaktion auf die Prämierung des Spielfilms über einen palästinensischen Jungen strich das Kulturministerium das Budget für künftige »Ophir«-Verleihungen

von Ayala Goldmann  17.09.2025

Politik

»Geradeaus« mit Gadi Eizenkot

Zu den Gründungsmitgliedern der neuen Partei des früheren Stabschefs gehört auch die Tochter einstiger Hamas-Geiseln

von Sabine Brandes  17.09.2025

Jerusalem

Netanjahu kündigt Treffen mit Trump an, warnt Hamas und kritisiert Katar

Vor seinem Besuch im Weißen Haus will der Ministerpräsident vor den Vereinten Nationen sprechen

 17.09.2025

Nahost

Israelische Armee weitet Offensive aus

Laut Armeesprecher Effie Defrin hat eine Befreiung der in der Gewalt der Hamas befindlichen Geiseln höchste Priorität: »Ihre sichere Rückkehr ist der Kern unserer Mission. Sie sind der Grund, warum wir weiterkämpfen.«

 17.09.2025