Washington

»Erst Geiseln befreien – dann Hamas bekämpfen«

Foto: picture alliance / Sipa USA

Eigentlich sind sie »ganz normale Israelis«. Doch am Mittwoch standen Omer Shem Tov, Eli Sharabi, Keith und Aviva Siegel, Doron Steinbrecher, Naama Levy, Noa Argamani und Iair Horn im Oval Office im Weißen Haus. Sie alle sind ehemalige Geiseln der Hamas in Gaza. Bei ihrem Besuch dankten sie dem US-Präsidenten Donald Trump persönlich für seine Unterstützung bei ihrer Freilassung. Doch sie hatten auch eine eindringliche Bitte dabei: dass auch die restlichen Geiseln endlich nach Hause kommen.

Sie überreichten ihm eine goldene Plakette, auf dem ein Satz aus dem Talmud eingraviert ist: »Wer ein Leben rettet, rettet die ganze Welt.« Trump sagte daraufhin: »Wir haben ihnen gesagt, die Geiseln müssen freikommen, und dass es auch in ihrem [Hamas‹] besten Interesse sei, sie gehen zu lassen. Wir haben darauf gedrängt, und es ist passiert. Jetzt müssen wir alle anderen rausholen.«

Eli Sharabi, dessen schreckliches Schicksal die ganze Welt berührte, fügte hinzu: »Wir waren so glücklich. Jetzt muss es wieder passieren. Wir danken Ihnen!« Seine Frau und beiden Töchter waren während des Hamas Massakers am 7. Oktober ermordet worden. Er selbst war nach 491 Tagen aus der Geiselhaft freigekommen, völlig schwach und ausgemergelt. Doch Sharabi will nach eigenen Worten »kein Mitleid«. Stattdessen ist sein einziger Wunsch, dass die anderen Geiseln aus Gaza befreit werden.

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Omer Shem Tov: »Wir glauben, Sie sind von Gott gesandt.«

Omer Shem Tov, der erst vor knapp zwei Wochen nach mehr als 500 Tagen in Gefangenschaft nach Israel zurückkehrte, war ebenfalls bei der Delegation dabei. Er sagte zu dem Präsidenten: »Meine Familie und ich glauben, dass Sie von Gott gesandt wurden, um die Geiseln freizulassen. Sie haben wirklich geholfen, und Sie haben die Macht, es erneut zu tun.«

Naama Levy, eine der jungen fünf IDF-Späherinnen, die von Terroristen aus ihrer Militärbasis verschleppt wurden, fügte hinzu: »Sie gaben uns Hoffnung, als wir dort waren.« Trump fragte darauf: »Sie dachten also nicht, dass Sie freigelassen würden, bis ich kam?« und Levy antwortete: »Seit Sie gewählt wurden, haben wir gehört, dass Sie alles getan haben, um so schnell wie möglich eine Einigung zu erzielen.«

Trump gab den freigelassenen Geiseln mit auf den Weg: »Wir tun unser Bestes. Bleiben Sie stark, Ihre Geschichten sind schrecklich. Wir werden sie rausholen. Sie haben eine strahlende Zukunft vor sich, das verspreche ich.«

Präsident Trump: »Es erwartet Sie eine schöne Zukunft, aber nicht, wenn Sie Geiseln festhalten. Wenn Sie das tun, sind Sie TOT!«

Vor dem Treffen hatte das Familienforum für Geiseln erklärt: »Die Delegation, die inmitten festgefahrener Verhandlungen in Washington eintrifft, wird gegenüber hochrangigen Beamten die Notwendigkeit der sofortigen und vollständigen Freilassung aller verbleibenden Geiseln betonen.« Die Mitglieder werden der Trump-Regierung für ihre Zusage danken, alle Verschleppten freizubekommen und aus erster Hand von den Schrecken in den Tunneln der Hamas berichten, hieß es weiter.

Nach dem Treffen wandte sich der US-Präsident direkt an die Hamas. Auf Truth Social postete er: »Dies ist Ihre letzte Warnung! An die Führung: Jetzt ist es an der Zeit, Gaza zu verlassen, solange Sie noch eine Chance haben. Und an die Menschen in Gaza: Es erwartet Sie eine schöne Zukunft, aber nicht, wenn Sie Geiseln festhalten. Wenn Sie das tun, sind Sie TOT!«

Er fügte hinzu, dass »die Hölle losbrechen« werde, wenn die Geiseln nicht freigelassen werden. »Ich schicke Israel alles, was es braucht, um die Arbeit zu beenden. Kein einziges Hamas-Mitglied wird sicher sein, wenn Sie nicht tun, was ich sage«, schrieb Trump.

USA verhandeln direkt mit der Hamas

Unterdessen gab der Sondergesandte der USA, Steve Witkoff, an, er beabsichtige, wieder in die Region zu reisen und bat die israelische Regierung, den Waffenstillstand mit der Hamas in Gaza bis dahin aufrechtzuerhalten. Die Bitte kommt trotz der Weigerung der Hamas, die erste Phase des Abkommens zu verlängern.

Zur selben Zeit wurde bekannt, dass das Weiße Haus direkte Gespräche mit der Hamas über die Freilassung amerikanischer Geiseln in Gaza und ein mögliches umfassenderes Abkommen führt, das den Krieg beenden soll.

Ein hochrangiger israelischer Beamter wurde am Donnerstag in der Tageszeitung Yediot Acharonot zitiert, dass Israel über diese direkten Verhandlungen informiert worden sei und dass sie von Trumps Gesandtem für Geiselnahmen, Adam Boehler, geleitet werden.

Boehler habe Gespräche mit Hamas-Funktionären in Katar geführt, so die Quelle. »Ziel ist es, die Freilassung der lebenden und toten amerikanischen Geiseln zu erreichen und gleichzeitig der Hamas zu signalisieren, dass, wenn sie guten Willen zeigen und Geiseln freilassen, dies den Weg für die zweite Phase des Abkommens ebnen könnte.«

Sharon Sharabi: »Vor der Tür konnte man den Atem der Überlebenden, des Präsidenten und des Gesandten Witkoff hören.«

»Die Amerikaner haben die Freilassung von Edan Alexander, einem US-Bürger, zu ihrer obersten Priorität gemacht. Es gibt außerdem vier weitere amerikanische Bürger, deren Tod bestätigt wurde«, sagte er Regierungsbeamte noch.

Obwohl das US-Gesetz eigentlich Verhandlungen mit Terrororganisationen verbietet – und die Hamas von Washington als solche eingestuft wird – existiert eine Ausnahme: Dem Gesandten des Präsidenten für Geiselnahmen ist erlaubt, Gespräche zu führen, wenn sie speziell der Freilassung amerikanischer Geiseln dienen.

Am Donnerstagnachmittag berichteten israelische Medien, dass Washington der Hamas einen Deal angeboten habe: die Freilassung von zehn lebenden Geiseln im Austausch für eine zweimonatige Verlängerung des Waffenstillstands im Gazastreifen sowie die Öffnung der Grenzübergänge für die Wiederaufnahme der humanitären Hilfe.

Deal: Zehn lebende Geiseln für zwei Monate Waffenstillstand

Einen Tag darauf, am Donnerstag, gab Sharon Sharabi, der Bruder von Eli und Yossi Sharabi, ein Interview im öffentlich-rechtlichen Radiosender Kan-Bet. Auch er war in Washington dabei und bezeichnete das Treffen mit Trump als »ein bedeutsames Treffen in einer kritischen Zeit«, denn der Zustand der Geiseln sei katastrophal.

Die Delegation reise von den USA nach Europa, »um Druck auf weitere Staatschefs auszuüben«, erklärte er. Ihre Reise diene dem einen Ziel: »Sie nach Hause zu bringen.« Danach werde Israel wissen, wie es mit »den Herausforderungen umgeht«. Laut Sharabi beweisen Trumps Warnung an die Hamas und seine Forderung nach der sofortigen Freilassung der Geiseln, dass »ihre Freiheit die oberste Priorität hat. Zuerst die Geiseln nach Hause bringen, dann die Hamas besiegen.«

Die Atmosphäre im Weißen Haus beschrieb er als »außergewöhnlich emotional«: Als er vor dem Oval Office gestanden habe, »konnte man den Atem der Überlebenden, des Präsidenten und des Gesandten Witkoff hören. Die unglaublichen Emotionen und die Intensität waren greifbar, das Gefühl derjenigen, die aus den Tunneln wieder auftauchten, den entscheidendsten Raum der Welt betreten und die Person treffen, die daran arbeitet, die restlichen Geiseln zu befreien«.

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