Interview

»Die Reden haben mich sehr bewegt«

Zentralratspräsident Josef Schuster Foto: imago images / epd

Herr Schuster, Sie gehören zur Delegation des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier beim Staatsbesuch in Israel. Wie lange waren Sie vorher nicht in Israel? Und wie fühlt es sich für Sie persönlich an, jetzt wieder hier zu sein?
Ich war das letzte Mal im Januar 2020 in Israel zur zentralen Gedenkveranstaltung beim World Holocaust Forum. Auch damals war ich mit dem Bundespräsidenten angereist. Jetzt fühlt es sich hier normal an – sowohl vom Sicherheits- als auch vom gesundheitlichen Aspekt her. Wenn man sich das Leben auf den Straßen oder im Hotel anschaut, ist es, abgesehen vom Mundschutz in den Innenräumen, so, als ob nichts geschehen ist.

Und wie ist Ihr Gesamteindruck von der Reise?
Das Programm ist, ehrlich gesagt, ausgesprochen interessant!

Sie standen beim Empfang des Bundespräsidenten bei dem israelischen Präsidenten vor dem Beit Hanasi in Jerusalem mit am roten Teppich. Ist es etwas Besonderes, zu den letzten Gästen während der Amtszeit von Reuven Rivlin zu gehören?
Ja, ich sehe darin eine besondere Ehre. Beim offiziellen Staatsempfang des Bundespräsidenten haben mich auch die Reden sowohl von Präsident Rivlin als auch von Bundespräsident Steinmeier sehr bewegt. In beiden war ganz deutlich die persönliche Freundschaft zu bemerken. Das waren keine 08/15-Worte von einem Staatsmann eines befreundeten Landes, sondern es waren emotionale Worte von zwei Menschen, die sich tatsächlich freundschaftlich verbunden fühlen.

Welche Aussagen von Bundespräsident Steinmeier und Präsident Rivlin haben Ihrer Meinung nach besondere Bedeutung?
Es war sicherlich der freundschaftliche Aspekt, den der Bundespräsident in seiner ungewöhnlichen »Du-Form« während seiner Rede noch unterstrichen hat. Interessant war, dass er beim Thema »Iran« auf einmal die »Sie-Form« wählte. Ich habe mir sagen lassen, dies habe nicht im Manuskript gestanden, es war wohl auch nicht politisch bewusst. Und doch war es symbolisch für dieses eine Thema. Da sprach Bundespräsident Steinmeier Rivlin plötzlich mit »Herr Staatspräsident« an. Es zeigt klar, wo die Differenzen liegen.

Doch auch bei Meinungsverschiedenheiten bleibe man Freund, hatte Rivlin zuvor betont. Eine wichtige Botschaft?
Aber natürlich, definitiv.

Welche Aussagen von Bundespräsident Steinmeier und Präsident Rivlin haben für Sie persönlich und welche für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland besondere Wichtigkeit?
Es ist die klare Aussage der engen Beziehungen, nicht nur der beiden Menschen, sondern auch die der beiden Staaten. Noch vor 20 Jahren hätte man sich eine solche Rede in dieser persönlichen Form kaum vorstellen können.

Gibt es ein Erlebnis, das Sie bei der Reise bis jetzt besonders bewegt hat?
Es waren tatsächlich die beiden Reden der Präsidenten. Und außerdem hat mich persönlich die Ausstellung der Fotografien in Yad Vashem beeindruckt, die verschiedene Perspektiven darstellt.

Welche Botschaft würden Sie den Menschen in Deutschland, die sehnsüchtig darauf warten, Israel wiedersehen zu können, von Ihrer Reise mitbringen?
Die Hoffnung, dass in einem Monat tatsächlich die Möglichkeit besteht, so nach Israel zu reisen, wie man das gern möchte. Man sieht, dass hier besonders bei der Einreise getestet wird. Ich hoffe und meine, dass es möglich sein wird. Zwar sind die Zahlen der Neuinfizierungen mit dem Coronavirus in den vergangenen Tagen gestiegen, doch man muss auch ehrlich sagen, dass sie weiterhin auf einem niedrigen Niveau sind. Noch liegen sie etwas höher als in Deutschland, doch ich denke, dass sich das wieder reguliert. Ich bin also voller Hoffnung.

Mit Josef Schuster, dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, sprach Sabine Brandes.

Fernsehen

Unausgesprochene Erkenntnisse

Bei »Markus Lanz« prallten wieder einmal unterschiedliche Auffassungen zum Gaza-Krieg aufeinander. Vor allem Melody Sucharewicz und Daniel Gerlach schenkten sich nichts

von Michael Thaidigsmann  02.10.2025 Aktualisiert

Jerusalem

Regierung billigt Ernennung von David Zini zu Schin-Bet-Chef

Die Ernennung des Generalmajors war umstritten, weil er als Netanjahu genehmer Kandidat gilt. Zwischen dem Premier und dem vorherigen Chef des Inlandsgeheimdienstes hatte es schwere Konflikte gegeben

 01.10.2025

Meinung

Trumps Friedensplan: Vision statt Waffen

Der 20-Punkte-Plan des US-Präsidenten zur Beendigung des Gazakriegs ist überraschend vernünftig. Ob das auch für alle beteiligten Akteure gilt, muss sich jedoch erst erweisen

von Sabine Brandes  01.10.2025

Meinung

Das Ende der Zweistaatenlösung

Es ist eine unbequeme Wahrheit: Die Mehrheit der Palästinenser will keine Koexistenz. Sie will keinen Kompromiss. Sie will das, was die Palästinenser immer wollten: das Ende des jüdischen Staates

von Daniel Neumann  01.10.2025 Aktualisiert

Berlin

Bundeskanzler trifft Geisel-Angehörige

Familien bitten Bundesregierung, Türkei-Beziehungen zu nutzen, um Hamas zur Annahme des Trump-Planes zu bewegen

von Sabine Brandes  30.09.2025

Meinung

Wiederholungstäter

In seinem Kommentar zur deutschen Israelpolitik rückt Stephan Detjen im Deutschlandfunk Israel in die Nähe des Dritten Reichs. Eine Replik

von Ralf Balke  30.09.2025

Israel

Zwei Jugendliche bei Anschlag südlich von Jerusalem verletzt

Im Westjordanland sind bei einer Auto-Attacke zwei israelische Jugendliche verletzt worden. Der Angreifer wurde von Sicherheitskräften getötet

 30.09.2025

Masernausbruch

Israel: Sechstes Kleinkind in diesem Jahr an Masern gestorben

Nach dem Tod eines weiteren Kleinkinds in Israel warnt eine Ärztin: Die niedrige Impfbereitschaft in bestimmten Wohngebieten begünstigt Masernausbrüche. Gefährdet sind vor allem Babys

von Sara Lemel  30.09.2025

Jerusalem

Israel sieht Verbindungen zwischen Gaza-Flotte und Hamas

50 Boote fahren derzeit Richtung Gaza, mit dabei Greta Thunberg. Israel veröffentlicht Dokumente, die eine Beteiligung der Hamas an der Finanzierung und Durchführung der Flottille belegen sollen

 30.09.2025