Beziehungen USA–IL

»Die Erwartungen sind sehr hoch«

Eran Lerman Foto: Flash 90

Herr Lerman, heute trifft Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu erstmals den neuen US-Präsidenten Donald Trump. Was ist von dem Treffen zu erwarten?
Die Erwartungen vieler Israelis sind sehr hoch. Nach dem doch sehr frostigen Verhältnis Netanjahus zu Barack Obama erhoffen sich viele eine Verbesserung der Beziehungen. Immerhin hat Donald Trump im Wahlkampf zum Beispiel die Verlegung der Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem und eine entschlossenere Politik gegenüber dem Iran angekündigt. Zwei Themen, die für Netanjahu und viele Israelis wichtig sind. Ob diese Erwartungen am Ende auch erfüllt werden, wird sich noch zeigen.

Welche Themen stehen auf der Agenda des Treffens ganz oben?
Ganz eindeutig der Nahost-Konflikt, der Streit um die Siedlungen und das Atomabkommen mit dem Iran. Meiner Einschätzung nach ist es klug, es beim ersten Treffen bei diesen Themen zu belassen. Bei ersten Gesprächen dieser Art besteht immer die Gefahr, zu viele Fragen auf die Agenda zu setzen. Im Nahen Osten gilt das erst recht.

Donald Trump hatte vergangene Woche die Siedlungspolitik Israels kritisiert und als kontraproduktiv bezeichnet. Hat Sie das überrascht?
Ja und nein. Auf der einen Seite kam dieser Schritt überraschend. Denn bislang hatte Donald Trump deutliche Sympathien für die Siedlungspolitik gezeigt. Dass er jetzt die Pläne über den Ausbau von Siedlungen im Westjordanland als »nicht gut für den Frieden« bezeichnet hat, war nicht abzusehen. Anderseits wissen wir über Donald Trump auch aus anderen Politikfeldern, dass er gern überrascht. Kontinuität ist bei ihm nicht so stark gegeben wie bei seinen Vorgängern. Insofern kommt seine Kritik an der Siedlungspolitik auch nicht ganz unvermittelt.

Der neue US-Präsident gilt, anders als Barack Obama, als unbedingter Freund und Unterstützer Israels. Ist davon auszugehen, dass er das gestörte Verhältnis Washingtons zu Israels Regierung verbessern wird?
Das glaube ich schon. Donald Trump hat zugesichert, die israelische Regierung bedingungslos zu unterstützen, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen und gegenüber den Mullahs im Iran einen harten Kurs zu fahren. Das ist eine klare Ansage. Aber verstehen Sie mich nicht falsch: Die amerikanisch-israelischen Beziehungen waren auch während der vergangenen acht Jahre sehr gut. Weniger gut war das persönliche Verhältnis von Barack Obama und Benjamin Netanjahu. Das war eigentlich schon von Anfang an gestört. Es fehlte das Vertrauen.

Wird Trump Ihrer Einschätzung nach sein Versprechen halten, die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen?
Schwer zu sagen. Ich glaube, dass diese Ankündigung ernst gemeint war. Er wollte damit ein Zeichen setzen und Jerusalem als Hauptstadt anerkennen. Ich glaube aber auch, dass für die Verlegung der Botschaft rein praktisch kein Plan existiert. Ein viel größeres Problem sind jedoch die arabischen Verbündeten der USA. Auf die muss auch Donald Trump Rücksicht nehmen.

Inwiefern?
Saudi-Arabien ist ein enger Partner der Vereinigten Staaten, Ägypten und Jordanien ebenfalls. Eines der ersten Treffen von Donald Trump war das mit König Abdullah von Jordanien. Die Verlegung der Botschaft nach Jerusalem würde die arabischen Partner der USA verprellen. Meiner Ansicht nach ist in dieser Frage noch keine Entscheidung gefallen.

Das umstrittene Atom-Abkommen mit dem Iran stand auf Obamas außenpolitischer Agenda ganz oben. Ist absehbar, wie sich der neue US-Präsident in dieser Frage positionieren wird?
Donald Trump nimmt die Angst Israels vor dem Iran sehr ernst. Die Mullahs haben angekündigt, Israel auszulöschen. Sie wünschen Israel und den USA den Tod. Und sie wollen insgeheim nach wie vor die Bombe. Das ist sehr gefährlich.

Welche Konsequenzen zieht Trump daraus?
Kurz nachdem Donald Trump Präsident wurde, hat der Iran Raketentests durchgeführt. Nach dieser Aggression hat die US-Regierung ein klares Signal gesetzt und neue Sanktionen gegen den Iran erlassen. Daraufhin haben die Mullahs neue Raketentests initiiert. Es ist fraglich, ob unter Donald Trump das Atomabkommen Bestand haben wird.

Das Gespräch mit dem früheren Sicherheitsberater von Benjamin Netanjahu und ehemaligen Direktor des AJC-Büros Jerusalem führte Philipp Peyman Engel.

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