Nahost

Demos in Gaza weiten sich aus: »Raus, raus, raus! Hamas geh raus!«

Palästinenser in Gaza demonstrieren am Mittwoch gegen den Krieg und die Hamas. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Die Proteste im Gazastreifen gegen den Krieg und die palästinensische Terrororganisation Hamas weiten sich aus. Augenzeugen zufolge demonstrierten Tausende Palästinenser in mehreren Orten des Gebiets, darunter in Beit Lahia und der Stadt Gaza im Norden sowie in Chan Junis im Süden des Küstenstreifens.

Eine Mehrheit der Demonstranten habe auch gegen die Hamas protestiert, berichteten Augenzeugen der Deutschen Presse-Agentur. Israels Verteidigungsminister Israel Katz rief die übrigen Palästinenser auf, sich den Protesten anzuschließen.

Bereits am Dienstag hatten Hunderte Palästinenser vor allem im Norden protestiert. Dies ist im Gazastreifen äußerst ungewöhnlich, da die Hamas dafür bekannt ist, hart gegen interne Gegner vorzugehen. Die Proteste richteten sich laut Augenzeugen zufolge vor allem gegen die Führer der Hamas im Ausland. Viele Demonstranten werfen ihnen demnach vor, sich nicht für die Bevölkerung des im Krieg weitgehend zerstörten Gazastreifens zu interessieren.

Luxusleben in Katar

Über einige Hamas-Führer ist bekannt, dass sie etwa in Katar ein Leben im Luxus führen. Die Lebensbedingungen im Gazastreifen sind dagegen katastrophal.

In der Stadt Gaza trugen Demonstranten Transparente mit der Aufschrift »Die Hamas vertritt uns nicht«. Dutzende Männer riefen Berichten zufolge: »Raus, raus, raus! Hamas geh raus!« Ähnliche Parolen wurden auch aus Beit Lahia im Norden des Gebiets gemeldet.

Katz forderte die Menschen im Gazastreifen auf, von den Demonstrierenden in der Stadt Beit Lahia zu lernen.»Fordern Sie wie sie den Abzug der Hamas aus Gaza und die sofortige Freilassung aller israelischen Geiseln. Nur so kann der Krieg beendet werden«, sagte Katz.

»Mit voller Kraft«

Er kündigte zudem Einsätze in weiteren Gebieten des Gazastreifens an. »Sie werden aufgefordert, zu Ihrer eigenen Sicherheit die Kampfgebiete zu verlassen«, sagte er in einer Videoansprache an die Bewohner des Küstenstreifens gerichtet. Israels Armee werde bald »mit voller Kraft in andere Gebiete Gazas einrücken«.

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»Die Hamas gefährdet Ihr Leben und ist Ursache dafür, dass Sie Ihre Häuser und immer mehr Gebiete verlieren, die in die israelische Verteidigungsformation integriert werden«, sagte Katz weiter. Die auf der Plattform X veröffentlichte Ansprache wurde auch auf Arabisch untertitelt.

Hamas-Sprecher Abdul Latif al-Kanu soll derweil nach arabischen Medienberichten bei einem israelischen Luftangriff im nördlichen Gazastreifen getötet worden sein. Er galt als einer der bekanntesten Hamas-Sprecher. Vor wenigen Tagen hatte Israel im Süden des Gazastreifens nach palästinensischen Angaben bereits die ranghohen Hamas-Mitglieder Ismail Barhum und Salah al-Bardawil getötet.

Waffenlager und Nachschubwege

Zudem griff Israel Berichten zufolge in der Nacht Ziele im Libanon und in Syrien an. Demnach soll die syrische Hafenstadt Latakia betroffen sein. Außerdem wurde nach diesen Berichten ein Fahrzeug im Südlibanon angegriffen.

Seit dem Sturz von Syriens Machthaber Baschar al-Assad im Dezember hat die israelische Armee ihre militärischen Aktivitäten auch auf syrischem Gebiet deutlich ausgeweitet. Israel begründet sein militärisches Vorgehen auf syrischem Gebiet nahe der besetzten Golanhöhen mit der Bekämpfung von Waffenlagern und Nachschubwegen, die von der Hamas und der libanesischen Hisbollah-Miliz genutzt werden sollen.

Unterdessen wurde auch in Israel erneut demonstriert. Tausende protestierten gegen die Regierung des Landes und einen höchst umstrittenen Gesetzentwurf, der mit der Justizreform zusammenhängt. Rund Zehntausend Israelis seien in Jerusalem auf die Straße gegangen, meldete die israelische die Nachrichtenseite »ynet«. Die Zeitung »Haaretz« sprach bei einer Kundgebung vor dem Parlament von Tausenden Teilnehmern. Auch in Tel Aviv wurde demonstriert.

»Am Rande des Bürgerkrieges«

Die Organisatoren der Proteste erklärten, dass die Regierung »die Geiseln im Stich gelassen hat, Israels Sicherheit gefährdet und ohne mit der Wimper zu zucken aggressive und extreme Gesetze verabschiedet« Die Regierung habe dem israelischen Volk den Krieg erklärt, hieß es in einer Erklärung.

Anlass des neuen Protests war vor allem ein Gesetzesvorhaben der Regierung. Sie will die politische Kontrolle über den Ernennungsprozess von Richtern deutlich ausweiten. Die finale Abstimmung darüber ist laut »Haaretz« voraussichtlich heute geplant. Die Opposition will ihr Berichten zufolge aus Protest fernbleiben.

Kritiker in Israel sehen in dem Gesetzvorhaben einen Versuch, die Demokratie zu untergraben. Oppositionspolitiker Benny Gantz soll Justizminister Jariv Levin laut mehreren israelischen Medien gewarnt haben, dass das Land »am Rande eines Bürgerkriegs« stehe.

Auch in den vergangenen Tagen hatte es immer wieder Proteste von Regierungsgegnern im Land gegeben. Sie fordern dabei auch ein Abkommen mit der Hamas, das die Freilassung der noch immer von Terroristen im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln vorsieht. Die Hamas lehnt dies jedoch ab. dpa/ja

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